Zeichen des neuen Lebens

Im Johannes-Verlag ist eine Sammlung von bisher unveröffentlichten Predigten Joseph Ratzingers zu den Sakramenten der Kirche erschienen

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Zeichen neuen Lebens – Im Johannes-Verlag ist eine Sammlung von bisher unveröffentlichten Predigten Joseph Ratzingers zu den Sakramenten der Kirche erschienen.

Von Manfred Gerwing, 20. Juni 2018

Sakramente sind Zeichen des neuen Lebens. Das ist, pointiert zusammengefasst, die These jener Predigten Joseph Ratzingers/Benedikts XVI., die jetzt erstmals veröffentlicht werden.

Die Aussage kann nur verstanden werden, wenn deutlich ist, was denn überhaupt unter „Zeichen“ und „neues Leben“ zu verstehen ist. Zeichen sind nicht nur Verkehrszeichen, sind auch nicht nur Ziffern und Buchstaben auf einem Blatt Papier. Zeichen, das sind, streng genommen, überhaupt all jene, die in sich, ihrem Wesen nach, Zeigende sind.

Dabei stellt sich heraus, dass, wie schon Martin Heidegger feststellt, der Mensch selbst ein Zeichen ist. Der Mensch zeige in Permanenz auf eine Wirklichkeit hin, die, wie der Philosoph formuliert, sich dem Menschen entzieht, indem sie ihn, ob er will oder nicht, ob er es erkennt oder nicht, gerade mitzieht.

Mit anderen Worten: Heidegger erkennt, dass der Mensch wesenhaft Zeichen ist. In seiner systematisch gottlosen Analyse vermag er aber nicht zu erkennen, woraufhin der Mensch als Zeichen eigentlich weist. Heidegger kann hier keine Auskunft geben. Er zitiert Hölderlin: Der Mensch: ein Zeichen, deutungslos.

Tatsächlich kommt Benedikt XVI./Joseph Ratzinger in seinen theologischen Werken immer wieder auf den Menschen als Zeichen und seine Deutung durch den christlichen Glauben zu sprechen: Der Mensch ist nicht deutungslos, sondern gedeutet in den Sakramenten, „den wirksamen Zeichen der Gnade“. Sakramente enthalten das, worauf sie hinweisen, und teilen es dem, der sie würdig empfängt, mit. Insofern sind Sakramente „heilige Zeichen“, sacramentum, für eine Wirklichkeit, res sacramenti, die in ihnen selbst gegeben ist. Der eigentlich in den Sakramenten Handelnde ist Christus selbst.

Wie stark Ratzinger diese Wahrheit auch in seinen Predigten verfolgt, lässt sich indes nur erahnen. Seine Homelien müssen allererst noch gesammelt, gesichtet und schliesslich publiziert werden.

Die vorliegende Ausgabe bietet eine Auswahl seiner zahlreichen noch unveröffentlichten Predigten. Manuel Schlögl, der Herausgeber, ein junger Wissenschaftler, der das Werk Ratzingers gut kennt, wählt klug aus. Jedenfalls macht die Auswahl neugierig, Appetit auf mehr. Der Mensch wird in den Blick genommen. Er ist Adressat des Wortes Gottes. Adressat der Sakramente sind indes nicht alle Menschen, sondern lediglich die, die das Wort Gottes im Glauben annehmen und als Zeichen dieser Annahme das Sakrament empfangen; und zwar an den „Knotenpunkten des Lebens“.

Zu jedem der sieben Sakramente gibt es zwei Homilien. Sie sind nicht chronologisch, sondern systematisch geordnet, das heisst sie beleuchten, sich gegenseitig ergänzend, jeweils einen anderen Aspekt des sakramentalen Geschehens: Taufe, Firmung, Beichte, Eucharistie, Krankensalbung, Ehe, Weihe.

In seinem kenntnisreichen Geleitwort geht der Bischof von Passau, Stefan Oster, auf diese „Knotenpunkte“ des menschlichen Lebens ein. Er greift damit ein typisches Stichwort der Sakramententheologie Ratzingers auf. Knotenpunkte des Lebens: Das sind ihm jene entscheidenden Schnittstellen in der Vita eines Menschen, „in denen die Berührung des Menschen mit dem Ewigen ausdrücklicher aufleuchtet als im durchschnittlichen alltäglichen Leben“.

Oster betont, dass solche Knotenpunkte des Lebens der Anfang und das Ende des irdischen Lebens sind, der Übergang auch „von der Kindheit ins Leben der Erwachsenen, das Sich-finden und Vereinen der Liebenden oder auch die Veränderung des Lebens durch tiefere Einsicht in seinen eigentlichen Sinn“. Und in der Tat, darum geht es in den vorliegenden Predigten: um den Menschen, der selbst Zeichen ist, Zeichen nicht, wie Hölderlin sinniert, den Heidegger zitiert, „deutungslos“, sondern im Gegenteil deutungsvoll. Der Mensch, nicht „Sein zum Tod“ und letztlich absurd, sondern deutungsvoll, nämlich, im Glauben wahrgenommen, als „Sein in Christus“.

Joseph Ratzinger/Benedikt XVI.: Zeichen des neuen Lebens. Predigten zu den Sakramenten der Kirche. Johannes Verlag, Freiburg 2017, 149 Seiten, ISBN 978-3-89411439-8, EUR 10,-

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