“Kirche in Not” in Afrika

“Wo Gott weint”

Quelle
Video zur Fasten-Kampagne 2017 “Afrika”
China – Wo Gott weint
Wo Gott weint – Buch Pater Werenfried und sein Werk
YouTube – 70 Jahre Kirche in Not- Gottesdienst in Luzern

“Es ist Nacht über Afrika. Quer durch die Nacht fliege ich von Rom nach Kinshasa. Die Reise dauert sechs Stunden.“ Dieser Kommentar ist datiert auf April 1965 und wurde von Pater Werenfried van Straaten, dem Gründer des internationalen katholischen Hilfswerks «Kirche in Not» (Aid to the Church in Need (ACN)), in dem Buch “Wo Gott weint“ festgehalten. Darin dokumentiert er die Momente bis zu seiner Ankunft in der Hauptstadt der heutigen Demokratischen Republik Kongo.

Diese erste Reise auf dem afrikanischen Kontinent dauerte nur neun Tage, in denen er auch Kivu, Isiro und Kisangani besuchte. Nach seiner Rückkehr beschrieb er die Etappen seiner Reise als “Stationen auf dem Kreuzweg“. Nach seinem ersten Besuch sollte es noch fünf weitere Reisen nach Afrika geben, zwischen September 1968 und Ende der 1980er-Jahre, durch die der Mann, den sie Speckpater nannten, die Leiden des Kontinents und die dortige Armut der Kirche aus erster Hand erfahren konnte. Gleichzeitig konnte er die Arbeit, die durch die Kirche in Afrika getan und die Hilfe, die «Kirche in Not» leisten konnte, einschätzen.

“Hier liegt eine Aufgabe für unser Werk“, schrieb er. “Wir wollen nicht nur den heimgesuchten Bistümern beim geistlichen und materiellen Wiederaufbau helfen, sondern vor allem Liebe, Geld und Ideen in die Ausbildung apostolisch gesinnter Führungskräfte investieren.“ Er bezog sich hier im Besonderen auf die Kirche im ehemaligen Belgischen Kongo,  aber seine Worte konnten ebenso auf viele andere Teile des Kontinents zutreffen.
Als Pater Werenfried in Afrika ankam, hatte das Leiden der Kirche auf der ganzen Welt bereits zutiefst kennen gelernt. Das Engagement des niederländischen Prämonstratensermönches und Priesters, den Bedürftigsten zu helfen, brachte ihn in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts dazu das Hilfswerk, das jetzt als «Kirche in Not», bekannt ist, zu gründen, um die Evangelisierung und das pastorale Wirken der Kirche zu unterstützen. Zunächst als öffentliche Vereinigung von Gläubigen gegründet, wurde sie im Dezember 2011 zu einer Päpstlichen Stiftung erhoben.
«Kirche in Not» wurde 1947 kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegründet. Zunächst um den entwurzelten katholischen Gemeinden in Deutschland zu helfen, die aus Osteuropa vertrieben wurden. Später erweiterte das Werk seine Hilfe auf andere Orte, andere Kontinente, andere Herausforderungen. Mit der Zeit war die Absicht, diejenigen zu helfen, die ihres Glaubens wegen verfolgt wurden, wie es in den kommunistischen Ländern hinter dem Eisernen Vorhang der Fall war, nicht mehr das einzige und vorrangige Ziel. In anderen Ländern und auf anderen Kontinenten leidet die Kirche an anderen Formen von Armut und Marginalisierung; Leiden, die auch eine angemessene Reaktion erforderten. Eine grosse Herausforderung für «Kirche in Not» war in diesem Zusammenhang Afrika mit seiner Vielfalt an verschiedenen Sprachen, Kulturen und Völkern, in Verbindung mit politischer Instabilität und markanter sozialer Ungleichheit.
Die Beteiligung des Hilfswerks in Afrika folgte dem Ende der Phase der Dekolonialisierung und fiel mit einer wachsenden nationalistischen Stimmung zusammen, die sich unter den Völkern ausbreitete, die vorher die Kolonialmächte als ihren Hauptbezugspunkt angesehen hatten. Im kirchlichen Bereich kamen grosse Gebiete Erstevangelisierung dazu, verbunden mit Gemeinden, in denen ausländische Missionare eine intensive aber noch unvollendete Arbeit leisteten. Es war ein Augenblick der Geburt neuer Länder, aber auch eine Zeit die Saat zu säen, neben dem Islam und den traditionellen afrikanischen Religionen auch eine wahrhaft einheimische Kirche wachsen zu lassen.
Wie Papst Paul VI im Jahr 1969, während seiner Reise nach Uganda, sagte, „Ihr habt das Recht ein authentisches afrikanisches Christentum zu leben.“ Und das war es, was zu dieser Zeit gebraucht wurde. „Mit der reichen Erfahrung von zehntausenden Missionaren stellt sie sich ohne naive Illusionen selbstlos und demütig in den Dienst der jungen Völker“,erkannte Pater Werenfried im Jahr 1965.

Projekte und Initiativen 

Von diesen frühen Hilfsprojekten gab es bis zum heutigen Tag tausende von Initiativen, die von «Kirche in Not» auf diesem Kontinent finanziert wurden. Allein bis 2016 wurden durch die Hilfsorganisation insgesamt 1800 Projekte in Afrika mit etwa CHF 24 Millionen unterstützt. Besonders beachtenswert war hier die Hilfe für die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Südsudan, Tansania, Kenia, Uganda, Madagaskar, Kamerun, Burkina Faso und Nigeria. Laut einem Bericht des Hilfswerks über seine in Afrika im vergangenen Jahr geleistete Arbeit, „bedarf in allen oben genannten Ländern die junge und vitale afrikanische Katholische Kirche unserer Solidarität… Wir geben den Regionen, in der die Evangelisierung erst kürzlich erfolgt ist, und den Orten, in denen die Gemeinden weniger gut etabliert sind, Vorrang.“
Als eine Organisation, deren Hauptziel es ist, den Bedürftigsten zu helfen, hilft «Kirche in Not» auf verschiedene Weise– durch Messstipendien, pastorale Projekte, Bauhilfen, Ausbildungsprogramme für pastorale Mitarbeiter, Motorisierung, Hilfe für den Lebensunterhalt und den Dienst von Priestern und Ordensgemeinschaften, durch religiöse Literatur und Kommunikationsmedien – in Reihenfolge nach Dringlichkeit der genehmigten Projekte.
Die Anfragen aus Afrika haben ein Bild der lokalen Kirche offenbart, die einen eigenen Charakter annimmt und die Hilfe braucht, um ihre Infrastruktur aufzubauen und zu erneuern. Die Kirche in Afrika ist im vergangenen halben Jahrhundert rapide gewachsen – und hat damit auch eigene Bedürfnisse.

Die Auswirkungen des Klimas und des Krieges

«Kirche in Not» ist sich bewusst, dass ein beträchtlicher Anteil der kirchlichen Infrastruktur auf diesen Kontinent „vor 40, 60, 80 oder noch mehr Jahren von europäischen Missionaren errichtet wurde und nun deutliche Anzeichen von Verschlechterung infolge der Zeit und der Unbilden des afrikanischen Klimas zeigt“.
Abgesehen von den klimatischen Faktoren, haben die bewaffneten Konflikte auf einem Grossteil des Kontinents auch ihren Tribut gefordert, direkt oder indirekt an Kirchen, Klöstern und anderen religiösen Gebäuden, die so notwendig für die lokalen Gemeinden sind. Angola ist ein offensichtliches Beispiel, das seit dem Ende der Kolonialherrschaft unter einem lang anhaltenden Bürgerkrieg gelitten hat. Wenn man die jüngsten Fotografien von einigen Kirchen Angolas sieht, könnte man leicht annehmen, dass der Krieg erst gestern beendet wurde.
Die frühen Kontakte des Gründers von «Kirche in Not» mit der afrikanischen Wirklichkeit führten dazu, dass im internationalen Verwaltungssitz des Hilfswerkes in Königstein/Taunus (Deutschland), eine eigene Abteilung für den Kontinent gegründet wurde. Inzwischen wurde diese Abteilung in drei Sektionen aufgeteilt, die sich jeweils nach sprachlichen, geographischen und historischen Kriterien mit den verschiedenen Ländern des Kontinents befassen.
Einer der wichtigsten Faktoren, wenn auch mit bestimmten lokalen Unterschieden, ist die Sorge um die Förderung und Unterstützung von priesterlichen Berufungen, die in einigen Ländern in den letzten Jahren stark zugenommen haben. „Jedes Mal sind es mehr Seminaristen, die unsere Hilfe beantragen, damit sie ihre akademischen Kurse abschliessen können“, wie uns aus «Kirche in Not»-Quellen berichtet wird. Aber diese Sorge für die Berufung schließt auch mit ein, dass ein Schwerpunkt auf die Schaffung der notwendigen Infrastruktur, gelegt wird, so dass diese Berufungen zur Vollendung gelangen können. Es gibt verschiedene Initiativen, wie den Bau neuer Seminare in Uganda und Angola und die Instandsetzung und Renovierung anderer grosser Seminare in Madagaskar, Tansania, Guinea Conakry und der Zentralafrikanischen Republik.

Eine pastorale und humanitäre Mission

Nur vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert, hatte Pater Werenfried van Straaten bereits die Bedürfnisse der Kirche verstanden, aber zugleich auch die Bedürfnisse derer, die ohne das Notwendigste leben. Und diese Tatsache war nichts, dem der Gründer oder das Hilfswerk gegenüber gleichgültig gewesen war, obwohl das Hilfswerk gegründet wurde um im pastoralen Bereich zu helfen. „Ich weiss sehr wohl, dass unser Werk keine humanitäre Hilfsorganisation ist. Unsere Aufgabe ist eine pastorale“, räumte der Speckpater ein. „Aber ich weiss auch, dass Christus einen Priester verurteilt hat, weil er auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho seine Pflicht vernachlässigte, seinem Nächsten Liebe zu erzeigen. Und dieser Christus vermehrte die Brote und stillte den Hunger derer, die sich versammelt hatten, weil er nicht vor einer hungrigen Menge von Gott sprechen wollte.“
Aufgrund dieser Einstellung ist «Kirche in Not» bereit im Falle von Naturkatastrophen oder bewaffneten Konflikten, humanitäre Soforthilfe zu leisten. Wie das Hilfswerk selbst sagt, „schliessen daher alle unsere Projekte in Afrika, einschliesslich der streng pastoralen, auch eine humanitäre Dimension mit ein. Diese beiden Aspekte sind in Afrika untrennbar.“ Tatsächlich sind zwei der jüngsten Projekte die Hilfe für Flüchtlingslager in Malakal, Südsudan, und für entwurzelte Flüchtlingsfamilien von Burundi, die in Tansania Zuflucht gesucht haben. Um zu den Worten Pater Werenfrieds über Afrika zurückzukommen, lesen wir „die Kirche, die berufen ist, die Mutter der Armen zu sein, ist auch ihre letzte Zuflucht.“ Aus diesem Grund erklärte der Gründer von «Kirche in Not», dass das Hilfswerk im Rahmen der seelsorglichen Betreuung zugleich auch den Bedürftigsten nahe ist. Es ist ein Weg, den «Kirche in Not» verfolgt und weiter verfolgen wird,  jetzt mehr als vor einem halben Jahrhundert, an dem Tag als ein niederländischer Mönch auf einem Flug von Rom nach Kinshasa beschrieb, was er durch die Fenster des Flugzeugs sehen konnte:
„Wir fliegen in einer Höhe von zwölf Kilometern. Fremde Sternbilder strahlen am pechschwarzen Mantel der Nacht. In der Tiefe huscht ein Feuer vorbei. Vielleicht ein Biwak von Jägern, vielleicht ein Dorf in Kamerun. Ein tropisches Gewitter schlägt Funken aus dem Äquator. Das Wetterleuchten, das zitternd über dem Horizont flammt, lässt den Himmel erblassen.“

Ursprünglich wurde dieser Text in der Zeitschrift „Mundo Negro“im Juni 2013, Spanien, veröffentlicht.  Er wurde von «Kirche in Not» im Februar 2017 mit aktuellen Zahlen ergänzt.

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