“Viele Priester kommen aus den Familien der Märtyrer”

Das Päpstliche Koreanische Kolleg liegt mitten in der Römischen Campagna, weit ausserhalb des Stadtkerns  *UPDATE

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*Andreas Kim Taegon und Gefährten

Ein Gespräch mit John-su John Kim, Rektor des Päpstlichen Koreanischen Kollegs in Rom. Von Claudia Kock

Die Tagespost,  06. August 2014

Das Päpstliche Koreanische Kolleg liegt mitten in der Römischen Campagna, weit ausserhalb des Stadtkerns.  Während Goethe im ausgehenden 18. Jahrhundert ihre Schönheit beschrieb, fanden auf dem asiatischen Kontinent die ersten Koreaner zum katholischen Glauben.

Andreas Kim Tae-gonNoch im Entstehen begriffen erlitt die junge koreanische Kirche eine schwere Verfolgung, die von 1791 bis 1888 andauerte und in der zahlreiche Katholiken das Martyrium erlitten. 103 von ihnen, darunter der erste koreanische Priester, Andreas Kim Taegon, wurden bereits 1984 von Johannes Paul II. heiliggesprochen. Papst Franziskus wird auf seiner bevorstehenden Reise nach Korea weitere 124 Märtyrer seligsprechen. Den koreanischen Märtyrern ist die Kirche des Kollegs geweiht, die in der Form eines flachen Oktagons fast wie ein UFO wirkt, das aus einer anderen Welt in der Römischen Campagna gelandet ist. Auf dem Vorplatz begrüsst den Besucher eine überlebensgrosse Statue von Andreas Kim Taegon, zusammen mit den Porträts weiterer Märtyrer, wie den Katecheten Paul Chong Hasan und Columba Kang Wan-suk. Anstelle eines Kreuzes erhebt sich neben der Kirche ein hoher Pilaster mit einer ovalen Öffnung: die monumentale Nachbildung des Hinrichtungswerkzeugs, mit dem viele der koreanischen Märtyrer enthauptet wurden.

John-su John Kim ist seit acht Jahren Rektor des Kollegs. Als Postulator für die Seligsprechung wird der Diözesanpriester der Erzdiözese Seoul Papst Franziskus in Korea empfangen und an der Zeremonie teilnehmen. Das Zeugnis der Märtyrer ist für ihn die wichtigste Grundlage für die Priesterberufungen in Korea.

Seit wann gibt es das Päpstliche Koreanische Priesterkolleg in Rom?

Das Kolleg wurde am 23. März 2001 von Johannes Paul II. eingeweiht. Die Koreanische Bischofskonferenz wollte ein Kolleg für koreanische Priester errichten, die in Rom studieren. Zuerst wurde das Gelände gekauft, dann die Baugenehmigung eingeholt und 1998 mit dem Bau begonnen. Unser Kolleg wurde innerhalb von drei Jahren fertiggestellt; dann weihte Johannes Paul II. es ein. Die Kongregation für die Evangelisierung der Völker hat es im Jahr 2000 kanonisch errichtet. Anfangs war es nur für Koreaner gedacht; aber jetzt ist es international. Wir haben nicht nur Koreaner hier, sondern auch andere Asiaten und Afrikaner. In diesem Jahr wohnen hier 35 Priester, davon 12 Nichtkoreaner. Etwa 130 koreanische Priester studieren derzeit in Rom. 23 von ihnen leben hier, die übrigen in anderen Kollegien. Unser Kolleg ist das jüngste der römischen Kollegien – und das einzige aus einem Missionsgebiet. Es gibt ein weiteres asiatisches Kolleg – das Päpstliche Philippinische Kolleg –, aber das ist kein Missionskolleg.

Wie viele Katholiken gibt es in Korea?

Ende 2013 waren es der offiziellen Statistik zufolge 5 400 000, elf Prozent der Bevölkerung.

Steht bei den Priesterberufungen eher die Herkunft aus einer katholischen Familie oder ein persönliches Bekehrungserlebnis im Vordergrund?

Die Priesterberufungen – ihre Zahl ist steigend – kommen meist aus Familien, die seit zwei oder drei Generationen katholisch sind. Viele Priester kommen aus den Familien der Märtyrer. Die Berufung geht sozusagen von den Märtyrern aus.

Können Sie etwas zu den Märtyrern sagen?

Im August werden 124 koreanische Märtyrer seliggesprochen: Paul Yun Ji-Chung und seine Gefährten. 123 von ihnen sind Laien. Die koreanische Kirche hat bereits 103 Heilige, ebenfalls Märtyrer. 92 von ihnen sind Laien. Ich sage daher immer: Die koreanische Kirche ist eine Kirche der Laien. Die katholische Kirche in Korea entstand 1784 aus einer Gruppe von Gelehrten, die vom Katholizismus gehört hatten. Einer von ihnen reiste als Diplomat nach China, liess sich in Peking taufen und brachte seinen Gefährten auf ihre Bitte hin katholische Bücher mit. Durch das Studium dieser Bücher fanden sie zum Glauben und wurden katholisch getauft. Anfangs praktizierten sie den katholischen Glauben ohne einen Missionar oder einen Priester. Sieben Jahre später starb der erste von ihnen den Märtyrertod: Paul Yun Ji-Chung, der im August seliggesprochen wird.

Wie kam es zur Verfolgung der Katholiken?

Während der gesamten Periode der Joseon-Dynastie, der letzten Kaiserfamilie von Korea, war in der Gesellschaft der Konfuzianismus vorherrschend. Ende des 18. Jahrhunderts jedoch suchte eine Gruppe von Gelehrten nach einer anderen Orientierung im Leben und fand sie im Katholizismus. Im Konfuzianismus war der Ahnenkult sehr wichtig. Da er vom Katholizismus verboten war, entstand ein Konflikt, der zum Zerwürfnis führte. So kam es zur Verfolgung, die 100 Jahre andauerte.

Stammen alle Märtyrer aus Südkorea oder gab es auch im Norden Märtyrer?

Alle Märtyrer kamen aus dem Süden. Im Koreakrieg gab es jedoch noch weitere Märtyrer. Die Bischofskonferenz hat auch für sie einen Seligsprechungsprozess eingeleitet.

Können die koreanischen Märtyrer vielleicht Wegweiser für eine Wiedervereinigung des Landes werden?

Die Wiedervereinigung ist ein anderes Thema. In Nordkorea gibt es keine wahre Religion.

Stammen Sie selbst auch aus einer Märtyrerfamilie?

[Er lacht] Nein, meine Eltern waren die ersten Katholiken in meiner Familie.

Was sind heute die grössten Herausforderungen für die Kirche in Korea?

In den 70er und 80er Jahren hat die koreanische Kirche sich darum bemüht, die Menschenrechte und die soziale Gerechtigkeit zu fördern. Heute hat die koreanische Gesellschaft sich gewandelt: Es gibt eine Wertekrise und eine Stabilitätskrise. Es gibt keinen Grundwert im Land; es ist zu sehr modernisiert und säkularisiert. Die koreanische Kirche muss versuchen, nachhaltigere Werte anzubieten, mehr Moral, grössere Stabilität – vor allem bei den Jugendlichen. Das ist ein Problem. Und dann der Lebensschutz: In Korea gibt es immer noch sehr viele Abtreibungen. Heute ist die koreanische Kirche darum bemüht, zu einem moralischen Leben zu erziehen und die Moral des Lebens zu fördern.

Welche Hoffnungen setzen Sie in den Besuch des Heiligen Vaters in Korea?

Wir sind ein zweigeteiltes Land. Die jungen Menschen befinden sich in einer Krise, die Arbeit und Stabilität betrifft, ebenso wie hier in Europa. Die Auswirkungen des Papstbesuches werden sich erst nachher zeigen, aber ich hoffe, dass er dem ganzen koreanischen Volk Trost spenden und ein Ansporn sein wird, den Dialog zwischen Nord- und Südkorea wieder aufzunehmen. Dieser Dialog ist derzeit zum Erliegen gekommen. Der Papst selbst hat gesagt, dass das Hauptziel seiner Reise darin besteht, am Treffen der asiatischen Jugendlichen teilzunehmen. Ich glaube, dass die asiatischen Jugendlichen in ihm einen Hirten finden werden, der mit ihnen geht, der sie begleitet.

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