Libyen

Libyen: Chaos in Tripolis und Benghasi

In Libyen herrscht Chaos: Zwei Tote und 55 Verletzte in Tripolis, Unruhen in Benghasi, wo ein abtrünniger früherer General eine Offensive gegen Islamisten begonnen hat. Es sind die schwersten Kämpfe seit Monaten, das Land droht zu zerbrechen, der Zentralregierung in Tripolis entgleitet immer mehr die Kontrolle. Seit zwei Monaten gibt es keine funktionierende Regierung, und das Parlament arbeitet nicht mehr, nachdem es am Sonntag von bewaffneten Kämpfern heimgesucht worden ist. Erzbischof Giovanni Innocenzo Martinelli, ein italienischer Missionar, ist Apostolischer Vikar von Tripolis; wir erreichten ihn am späten Sonntagabend telefonisch.

“Ich kann gar nicht viel sagen, weil wir nicht alles mitbekommen. Wir sind mehr oder weniger eingeschlossen. Wir hören nur die Einschläge von Bomben rund um uns oder in der Ferne. Wir haben – das betone ich – im Moment kein spezielles Problem, man hat uns einfach empfohlen, in den Häusern und Kirchen zu bleiben. ‘Seid vorsichtig, geht nicht raus’; die Schwestern, die zur Sonntagsmesse kommen sollten, sind nicht gekommen. Auch die italienische Botschaft hat uns geraten, erst einmal nicht hinauszugehen.”

Nach Angaben einer libyschen Tageszeitung halten Kämpfer des früheren Generals Chalifa Haftar sieben Abgeordnete gefangen. Haftar, der beim Sturz Gaddafis im Oktober 2011 eine Rolle spielte, hat in Benghasi Luftangriffe auf mehrere Stützpunkte von islamistischen Milizen organisiert, er soll auch hinter dem Angriff auf das Parlament von Tripolis stehen. Bischof Martinelli im Gespräch mit Radio Vatikan:

“Die Gewalt von Benghasi hat uns alle überrascht. Der Fundamentalismus ist ziemlich präsent in Libyen, jetzt auf einmal hat es eine Offensive dagegen gegeben. Von unseren Christen in Benghasi hören wir aber, dass sie keine spezifischen Schwierigkeiten haben. Auch wir als Kirche haben keine besonderen Probleme; wir haben die Messe völlig ungestört feiern können, schon das ist für sich ein Wunder. – Also, trotz der Fundamentalisten ist unsere Lage – hören Sie die Explosionen? – Ja. – Also, Gott sei Dank – ich will das gar nicht zu laut sagen – wird die Kirche bisher nicht bedroht oder getroffen.”

Der Erzbischof, der während des libyschen Bürgerkriegs 2011 in Tripolis ausharrte, bittet um Gebet für Libyen. Die Menschen auf den Strassen wollten nichts anderes als Frieden und Stabilität, sagt er. Tunesien hat an diesem Montag entschieden, 5.000 Soldaten an der Grenze zu Libyen zu stationieren, um dort für Sicherheit zu sorgen.

rv 19.05.2014 sk

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