David Engels: Wenn Osterwunder ausbleiben

Gerade von der Kirche in ihrer heutigen Verfasstheit sind Wunder wie zu Zeiten Jesu nicht mehr zu erwarten. Ein Erfahrungs- und Leidensbericht aus Belgien

Quelle
Eine ‘Kirche von Heiden, die sich noch Christen nennen’

06.04.2024

David Engels

Nichts Neues: Zumindest gesamtgesellschaftlich ist ein Osterwunder auch dieses Jahr ausgeblieben. Die Qualitätsmedien wurden wie jedes Mal von den üblichen Themen beherrscht – “Öffnen wir uns dem Ramadan auch genug?”, “Ist das Tanzverbot am Karfreitag noch aktuell?”, “Hat Jesus je gelebt?”, “Ist Ostern ein heidnischer Brauch?”, “Sind Osterfeuer schlecht fürs Klima?” –, und auch diesmal wurden die sozialen Medien mit den üblichen christenfeindlichen Nachrichten unserer libertären Mitbürger geflutet.

Leider brachte auch der diesjährige Besuch einer belgischen Ostermesse (Novus Ordo) kein wirkliches Gegenprogramm – im Gegenteil: Am Karsamstag ein farbenfrohes Konzert eines südamerikanischen Ensembles in einer freudvoll-festlich geschmückten Kirche, in der kein einziges Kreuz verhüllt war und überall Blumen prangten; am Ostersonntag dann eine geradezu quintessenziell klima-sozial-pastorale Messe mit Harfenmusik aus der Dose, selbsterfundenem Nächstenliebe-Glaubensbekenntnis und einer Predigt, die die Auferstehung des Herrn mit den morgendlichen Aufstehschwierigkeiten verschlafener Kinder verglich und in Überlegungen zu Gaza und der Ukraine gipfelte, alles reichlich versetzt mit Taizé-Liedern und einer Powerpoint-Präsentation mit gemeinfreien Bildern von Blumen und runden Kieselsteinen. Das Publikum: fast ausschließlich ergraute Häupter.

Verrat an der Transzendenz

Eines scheint jedenfalls klar zu sein: Diese Form des Christentums ist zum Aussterben verurteilt, sowohl demografisch als auch inhaltlich. Der Verrat an der Transzendenz zugunsten der Immanenz, die Unterwerfung unter die öffentliche Meinung, das völlige Missverstehen, dass bemühte “Jugendlichkeit”, vor allem wenn sie um zwei Generationen versetzt ist, nur peinlich, ja abstoßend wirkt, der Hass auf jegliche rituelle Form, da diese ebenso zu äußerster Aufmerksamkeit wie asketischer Selbstrücknahme zwingt – all das mochte vor einigen Jahren als ultimatives Schicksal der Kirche(n) scheinen, ist nunmehr aber schon (fast) überwunden: Kein Wunder, dass sowohl charismatische wie tridentinische Katakombenmessen schon jetzt vor jungen Menschen bersten.

Und hierin liegt dann wohl auch der Schlüssel der Frage nach der Re-Christianisierung jener “neuen Heiden”, deren naiv-verfälschtes Verständnis vom Christentum nicht nur verrät, wie erfolgreich unser Glauben aus dem öffentlichen Raum verdrängt worden ist, sondern auch wie fundamental Generationen von Religionslehrern und Priestern gescheitert sind. Die postvatikanische Kirche hat versucht, sich (ungeschickt) dem stilistischen Zeitgeschmack anzudienen, die echten seelischen Zeitfragen aber mit der journalistischen Mehrheitsmeinung verwechselt. Ihre Nachfolgerin wird es genau andersherum halten müssen: Rigoros auf die Einhaltung der eigenen Formensprache pochen, dabei aber ein vorurteilsloses Gehör für die identitären und ontologischen Sorgen der Jugend entwickeln und sich dafür endlich vom ebenso anachronistischen wie komfortablen Paradigma der 1970er lösen – auch und gerade, wenn dies bedeutet, heroisch den Konflikt mit der “öffentlichen Meinung” und den politischen Eliten zu riskieren.

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