Katholiken und Orthodoxe können voneinander lernen
Koch: Katholiken und Orthodoxe können voneinander lernen
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Kardinalsrat berät online
Koch: Katholiken und Orthodoxe können voneinander lernen
Der Ökumene-Verantwortliche des Papstes, Kardinal Kurt Koch, plädiert dafür, dass Katholiken und Orthodoxe voneinander lernen. Vor allem in Sachen Synodalität könne sich die katholische Kirche von ihren orthodoxen Geschwistern einiges abschauen.
Das sagte der Präsident des päpstlichen Einheitsrates jetzt bei einem Besuch in Salzburg. Im Spiegel der Tradition der orthodoxen Kirchen werde die katholische Kirche eingestehen müssen, dass sie in ihrem Leben und in ihren Strukturen noch nicht jenes Mass an Synodalität ausgebildet habe, „das theologisch möglich und notwendig wäre“.
Koch hielt einen Festvortrag beim 35-Jahr-Jubiläum der Sektion Salzburg der Stiftung „Pro Oriente“. Dabei sprach er sich für eine glaubwürdige Verbindung der Prinzipien Primat und Synodalität aus: Es könne, falls es gelänge, eine wesentliche Hilfe für das weitere ökumenische Gespräch mit der Orthodoxie sein.
„Die jeweiligen starken Seiten beider Kirchen miteinander ins Gespräch bringen“
Kardinal Koch hob gleichzeitig hervor, dass der theologische Dialog aber nur dann in die Zukunft führen werde, wenn „die jeweiligen starken Seiten beider Kirchen miteinander ins Gespräch gebracht werden“. Dies sollte in der „Hoffnung auf Lernbereitschaft auf beiden Seiten“ und in der „Bewährung des Grundprinzips des ökumenischen Dialogs“ geschehen, „das im gegenseitigen Austausch von Gaben besteht, in dem von den ‚Anderen‘ gelernt werden kann“.
Für Papst Franziskus sei es evident, dass das katholische Engagement, eine synodale Kirche aufzubauen, grosse Auswirkungen auf die Ökumene hat und auch eine „neue Sicht auf den Primat des Bischofs von Rom“ ermöglicht, stellte Kardinal Koch fest. Auf der anderen Seite werde man von den orthodoxen Kirchen erwarten dürfen, dass sie im ökumenischen Dialog lernen, „dass ein Primat auch auf der universalen Ebene nicht nur möglich und theologisch legitim, sondern auch notwendig ist“, betonte Kardinal Koch in Salzburg.
Primat und Synodalität verbinden
Die innerorthodoxen Spannungen und Konflikte, die vor allem beim orthodoxen Konzil auf Kreta 2016 deutlich zum Ausdruck gekommen seien, legten nahe, „auch auf der universalen Ebene der Kirche über ein Amt der Einheit nachzudenken“. Den orthodoxen Kirchen sei auch die Einsicht zuzumuten, dass ein solches Amt der Einheit „mehr sein muss als ein reiner Ehrenprimat“. Dieses Amt müsse auch „rechtliche Elemente“ einschliessen.
Ein ökumenischer Austausch der Gaben zwischen Ost und West könne sich auch in „noch grundlegenderen theologischen Fragen“ als fruchtbar erweisen. Der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen nannte als Beispiel die Tatsache, dass in der westlichen Tradition in der Neuzeit die „kosmische Dimension des christlichen Glaubens und theologischen Denkens weithin aus dem Bewusstsein entschwunden ist“. Stattdessen gebe es eine starke Anthropozentrik, es werde nur mehr über den Menschen nachgedacht, während das östliche Christentum die Erlösung des Menschen und die Erlösung der Natur nie voneinander getrennt habe.
Die kosmische Dimension
Die Auswirkungen der Ausblendung der kosmischen Dimension zeigten sich auch im Verständnis des Gottesdienstes, so Kardinal Koch. In der westlichen Tradition liege in der liturgischen Praxis und in der Liturgiewissenschaft der Akzent weitgehend auf der Versammlung der Gemeinde und folglich auch auf der Frage, wie die Liturgie zu gestalten ist, sodass sie dem Glaubensbewusstsein der Gemeinde entspricht. Im Unterschied zu dieser forcierten Konzentration der Liturgie auf die Gemeindeperspektive werde die Liturgie in der ostkirchlichen Tradition vorrangig als ein „kosmisches Geschehen“ verstanden.
Wörtlich stellte Kardinal Koch fest: „Im ostkirchlichen Verständnis ist Liturgie sehr viel mehr als die Zusammenkunft einer mehr oder weniger grossen Gemeinschaft von Menschen. Sie wird vielmehr in die Weite des Kosmos hinein gefeiert, sie umgreift Geschichte und Schöpfung“. Die Feier der Eucharistie werde nicht einfach als historischer Rückblick auf das Letzte Abendmahl verstanden, sondern als Vorwegfeier der Vollendung des Kosmos und der Verherrlichung Gottes.
Auf die ökologische Herausforderung aus der Kernmitte des Glaubens antworten
Die Christen des Westens sollten diese kosmische Dimension des Glaubens und des theologischen Denkens neu entdecken und sich von der orthodoxen Theologie bereichern lassen, vor allem im Hinblick auf die Sorge um die bedrohte Schöpfung, stellte Kardinal Koch fest. Auf diesem Hintergrund sei es wahrscheinlich kein Zufall, dass sich der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., so sehr für die Bewahrung der Schöpfung engagiere und als „grüner Patriarch“ gelte. Denn auf die ökologische Herausforderung müsse eine „Antwort aus der Kernmitte des christlichen Glaubens“ erfolgen.
Kardinal Koch dankte der Salzburger „Pro Oriente“-Sektion für ihren „grossen Dienst des Dialogs der Liebe und des Dialogs der Wahrheit“ mit dem Ziel der Wiedergewinnung der „einen und ungeteilten Kirche“. Bei der – coronabedingt eingeschränkten – 35-Jahr-Feier hob der Salzburger Erzbischof Franz Lackner die Absicht seines Vorgängers Karl Berg hervor, „die ökumenische Intention des Zweiten Vatikanischen Konzils“ im diözesanen Bereich fortzuführen. Es sei eine „bahnbrechende Leistung“ gewesen, die Überzeugungen des Konzils auf die diözesane Ebene zu übertragen.
„Pro Oriente“-Präsident Alfons M. Kloss bezeichnete die Salzburger Sektion der Stiftung als eine „sehr dynamische und eigenständige Kraftquelle“. So wie Österreich föderal aufgebaut sei, lebe auch „Pro Oriente“ durch die Sektionen in Salzburg, Graz und Linz in einer Struktur von Einheit in der Vielfalt. Gerade ein Jubiläum wie der 35. Jahrestag der Gründung der Salzburger „Pro Oriente“-Sektion sei aber auch eine gute Gelegenheit, um vorauszublicken. „Pro Oriente“ müsse sich in „einer so fragilen Welt“ wie heute sehr deutlich orientieren und auf die Bedürfnisse der Zeit ausrichten, so Kloss. Auf der Basis des Erreichten sei die Frage zu stellen, was die „mission“ von „Pro Oriente“ angesichts der Welt von heute und ihrer Fragestellungen sein muss. Aufbauend auf der wertvollen Arbeit der Vorgängerinnen und Vorgänger laufe derzeit ein „Zukunftsprozess“ für „Pro Oriente“. Ein Leitstrahl sei dabei ein Wort von Papst Franziskus: „gemeinsam vorangehen“ („camminare insieme“) mit den Schwesterkirchen, im Gebet, in der Aktivität, im christlichen Zeugnis in der Welt von heute.
poi – sk), 13. Oktober 2020
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