Bischof Paul Hnilica UPDATE
Im Spannungsfeld zwischen Politik – Kirche und Zeichen der Zeit
Quelle
Bischof Paul Hnilica verstorben
Kathpedia
In geheimer Mission – Bischof unter roten Häschern
Hl. Papst Johannes Paul II.
Die Erscheinugen von Kurescek
Gespräch zwischen Bischof Paul Maria Hnilica und Stanko M. Marsic in Zalog bei Cerklje in Oberkrain, Slowenien, am 25. September 1998
Im Spannungsfeld zwischen Politik – Kirche und Zeichen der Zeit
Sehr geehrter Herr Bischof Hnilica, ich bitte Sie, sich unseren Lesern kurz vorzustellen.
Ich wurde in der Slowakei geboren und bin Jesuit. Zusammen mit anderen Ordensleuten – 700 an der Zahl – war ich in einem Sammellager eingesperrt. Zur Zeit der Verfolgung der Kirche wurde ich heimlich zum Priester geweiht.
Warum sperrten uns die Kommunisten ein? Wegen der Treue zum Heiligen Vater, gegen den damals ein offener Kampf wütete! Als wir schon einige Wochen eingesperrt waren, sagten uns die Politkommissäre: „Ihr könnt sofort frei sein und nach Hause gehen, wenn ihr statt des Papstes in Rom den Moskauer Patriarchen als euer Oberhaupt anerkennt.” Der Moskauer Patriarch hatte mit dieser Forderung natürlich nicht das Geringste zu tun. Damals war ich Seminarist. Gott sei Dank waren mit uns auch die Professoren im Lager. Wir studierten in einer vertieften Weise den Primat des Papstes vor den anderen Bischöfen: „Satan hat heute, mehr als jemals zuvor, erkannt, wer sein grösster, sein gefährlichster Feind ist. Das ist Petrus, gegen den Satan nichts ausrichten kann. Christus sagte zu Petrus: ‚Auf dich will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.` Deshalb will uns Satan von Petrus trennen. Wenn wir von ihm getrennt sind, sind wir ein Spielzeug in seinen Händen.” Das Nachdenken darüber öffnete uns die Augen. Wir dachten über alles nach, was Christus Petrus gesagt hatte. Wir meditierten auch über die Worte Christi an Petrus beim letzten Abendmahl: „Simon, Simon, siehe, Satan hat verlangt, euch wie Weizen zu sieben” (Lk 22, 21). Jesus hat zugelassen, dass man uns verfolgt, verleumdet . . . Doch Jesus hat Petrus versprochen: „Ich aber habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht wanke.” Er versprach ihm, dass die Pforten der Hölle die Kirche nicht überwältigen werden. Sie würden die Kirche überwältigen, wenn sie den wahren Glauben verfälschte. Doch Petrus trug er auf: „Wenn du dich einmal bekehrt haben wirst, stärke deine Brüder.” Die Brüder des Petrus waren die Bischöfe. Wir alle, die wir eingesperrt waren, schöpften gerade aus unserer Treue zum Papst – dem Nachfolger Petri, für den dieses Versprechen gilt – unsere Kraft, obwohl er tausend Kilometer von uns entfernt war. Wir haben erkannt, dass nur Petrus die Kirche stärken kann und dass die Kirche ihre Kraft nur aus der Treue zu Petrus bekommen kann. Wenn die Gläubigen sich von Petrus abwenden, kann Christus sie nicht stärken, weil er nur Petrus dazu erwählte, die Kirche zu stärken.
Wenn ich erlebe, wie man heute in der Kirche selbst gegen den Papst schreibt, ihm den Gehorsam verweigert, stelle ich fest, dass es derselbe Kampf Luzifers ist, den die Feinde der Kirche in der Slowakei geführt haben. Satan tritt gegen das Wesentliche in der Kirche auf: gegen die Treue zum Papst. Die Treue zu Christus ist nur durch die Treue zu Petrus möglich. Zur Zeit lebe ich in Rom und beobachte, wie sehr die Menschen innerhalb der Kirche den Papst offenkundig oder versteckt angreifen. Es geht um denselben Kampf, den Satan führt, aber dieser Kampf ist viel schicksalhafter. Die Kraft der Kirche besteht in der Einheit mit Petrus – mit dem Papst!
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Zum Priester und nur drei Monate später zum Bischof wurde ich heimlich geweiht.
Nur drei Monate nach der Priesterweihe?
Ja, aber nicht wegen meiner Verdienste, sondern wegen der Notsituation. Ich bin, wie ich schon sagte, Jesuit. Als ich aus dem Gefängnis kam, suchte ich nach einer Möglichkeit, die Priesterweihe zu erhalten. Das war aber keineswegs leicht, denn alle Bischöfe waren eingesperrt. Nur ein Bischof (Robert Pobožny; Anm. d. Red.), alt und krank, blieb in seiner Diözese, doch auch er wurde bewacht. Von Zeit zu Zeit aber bekam er die Erlaubnis, ins Krankenhaus zu gehen. So kam er wieder dorthin, begleitet von drei „Schutzengeln” – Polizisten. Mit dem Arzt im Krankenhaus hatten wir vereinbart, dass er folgendes sage: „Heute müssen wir Sie auf der Tuberkuloseabteilung, der Abteilung für ansteckende Krankheiten, untersuchen.” Dorthin folgten die Polizisten ihm nicht, sondern sie blieben im Freien. Ich aber wartete schon im Gebäude auf den Bischof, der mich zum Priester weihte. Dies geschah am 29. September 1950, am Festtag des Erzengels Michael. Ich sagte zum Erzengel Michael: „Du hast das alles organisiert! Eine halbe Stunde vor der Weihe wusste ich noch nicht, ob das Vorhaben gelingen werde oder nicht. Du aber wolltest der Schutzherr meines Priestertums werden.” In mein Bischofswappen schrieb ich daher seine Worte: „Michael bedeutet: Wer ist wie Gott?” Dieser Gedanke hat mir immer sehr geholfen. Wir waren damals ständig in Gefahr, und wenn ich irgend etwas unternommen habe, sagte ich mir: „Wer ist wie Gott? Die kommunistische, gottfeindliche Polizei kann hunderttausendmal stärker sein als ich, aber vor Gott ist alles ohne Macht und Bestand. Nur wenn Gott es will, kann die Polizei mir etwas antun. Und dann wäre das für mich das Beste.” Leider habe ich heute nicht mehr diesen starken Glauben wie damals. Heute kann ich mir so manches selber richten, damals aber waren wir von Gott vollkommen abhängig. Er war unsere einzige Stärke, unser einziger Schutz.
Mein Weg vom Priester zum Bischof: Als Jesuit wollte ich meine Ordensgelübde erneuern. Ich ging zum einzigen Jesuiten, der sich noch auf freiem Fuss befand; er war Provinzial in der Slowakei. Frei war er deswegen, weil er sich zur Zeit der Verhaftungswelle im Krankenhaus befunden hatte, und es wurden nur jene eingesperrt, die man in den Klöstern antraf. Ich ging also zu ihm, um zu beichten und die Gelübde zu erneuern. Als wir das erledigt hatten, gab er mir einen Brief und sagte: „Hier hast du einen Brief für den Bischof. Geh zu ihm und lass dich zum Bischof weihen.” Meine Antwort war: „Nein, Pater Provinzial. Das darf niemals geschehen. Ich bin von Herzen gern Priester, aber ein Bischof . . . Ich fühle mich für eine so grosse Verantwortung weder vorbereitet noch fähig.” Er aber sagte: „Gerade haben Sie das Gelübde des Gehorsams erneuert. Deshalb befehle ich Ihnen im Namen des heiligen Gehorsams, dass Sie meine Anweisung befolgen.” In einem solchen Fall musste ich gehorchen, oder man ist kein Ordensmann mehr! Als er in meinen Augen Tränen erblickte, versuchte er mich mit folgenden Worten zu beruhigen: „Haben Sie keine Angst vor der neuen Verantwortung. Gott wird mit Ihnen sein. Morgen, wenn Sie als Bischof zurückkehren, müssen Sie nicht mehr auf mich hören, heute aber sind Sie dazu noch verpflichtet!”
Ja, ich fürchtete mich tatsächlich vor dieser Aufgabe. Im Zug – ich fuhr neun Stunden – betete ich: „Gott, wenn das nicht dein Wille ist, mache, dass ich am Ziel lieber nicht lebend ankomme.” Vor den Kommunisten floh ich irgendwie, vor Gott aber kann man nicht fliehen.
Am 2. Jänner 1951 wurde ich heimlich zum Bischof geweiht. Während der heiligen Messe in einem Lagerraum brannten nur zwei Kerzen. Die Zeremonie, die in lateinischer Sprache erfolgte, begann mit folgenden Worten: „Im Namen Jesu wird sich jedes Knie beugen müssen im Himmel, auf Erden und unter der Erde.” Diese Worte waren für mich wie ein Blitz, der meine Angst zerschlug. Ich sagte mir: „Warum hast du dich gefürchtet? Den Kampf werde ja nicht ich führen, sondern Christus, und er hat gesiegt. Du musst in seinen Händen nur ein demütiges Werkzeug bleiben.” Am 2. Jänner feierte man früher das Namen-Jesu-Fest. Leider hat die Liturgische Kommission dieses Fest abgeschafft. Jeder Sieg ist nur im Namen Jesu möglich! Jesus ist als Sieger gekommen, als unser Führer. In seinem Namen können wir alles erreichen!
Was mich bei der Bischofsweihe am meisten berührt hat: Der Bischofskandidat muss mehrere Versprechen ablegen. Eines davon ist der Gehorsam – die Treue zum Heiligen Vater. Dieses Versprechen legte ich aus vollem Herzen ab, wusste ich doch aus Erfahrung, dass alle Menschen im Lager wegen ihrer Treue zum Papst eingesperrt waren. Wenn ich heute erlebe, dass sogar Bischöfe nicht gehorsam sind, nicht in Einheit mit dem Heiligen Vater wirken, ist das für mich der grösste Schmerz.
Als der Papst am 25. März 1984 Russland dem unbefleckten Herzen Mariens weihte, haben Sie im Herzen des einstigen sowjetischen Imperiums, im Moskauer Kreml, eine heilige Messe geopfert. Wie ist Ihnen das geglückt? Was haben Sie damals erlebt?
Als ich im Lagerraum zum Bischof geweiht wurde, hat mich folgendes überrascht: Am Ende der Zeremonie erwartete ich die Übergabe einer Diözese zur Verwaltung oder irgendeine andere Aufgabe, doch er sagte zu mir: „Deine Diözese erstreckt sich zwischen Peking, Moskau und Berlin!” Davon habe ich nicht viel begriffen, denn eine solche Diözese gibt es nicht! Ja, er betraute mich mit einer Aufgabe, die mehr war als eine Diözese.
Danach nahm ich immer wieder von neuem den „Finger Gottes” wahr – ich solle mich für Russland interessieren (obwohl ich mich schon durch Mariens Botschaft aus Fatima dafür interessiert habe). Als ich als Bischof im Westen lebte, habe ich mich 30 Jahre lang bemüht, inoffiziell oder offiziell, nach Russland zu kommen. Es ist mir nie geglückt.
Doch am Tag der Weihe Russlands an das unbefleckte Herz Mariens war ich in Moskau. Wie es dazu gekommen ist, das ist eine lange Geschichte. Mehr als 30 Jahre arbeitete ich mit Mutter Teresa aus Kalkutta zusammen – bis zu ihrem Tod. Als ich 1984 bei ihr in Kalkutta war, schickte sie eine ihrer Schwestern zur sowjetischen Botschaft, und diese stellte mir ein Transitvisum Kalkutta – Moskau – Rom aus. An der Grenze hat man mich natürlich lange aufgehalten -wohl wegen eines Verdachtes. Der Polizist ging ins Haus um zu telefonieren, und mich liess er im Freien bei -15° C zurück. Aber ich fror nicht. Sofort nahm ich den Rosenkranz in die Hand, den mir Mutter Teresa gegeben hatte. Der Polizist kam zurück und ging dann noch einmal telefonieren. Als er wieder herauskam, gab er mir den erforderlichen Stempelabdruck und sagte: „Geh jetzt! Verschwinde!” Ich bedankte mich bei der Muttergottes.
Ich kam in ziviler Kleidung gerade in den Tagen nach Moskau, als der Papst Russland dem unbefleckten Herzen Mariens weihte. Gerade am Tag der Weihe (!) wurde der Kreml für Touristen geöffnet. So schloss ich mich den Touristen an. Ich fragte die Aufseherin: „Was für eine Kirche ist das?” Sie antwortete: „Das ist die Michaelskirche.” Ich sagte: „Wie schön! Weisst du, wer Michael war?” „Ja, ich weiss, ich weiss es. Er war ein Erzengel”, antwortete sie mir. Ich fragte sie weiter: „Bist du gläubig?” „Ja, ich bin gläubig.” „Und weisst du, was der Name Michael bedeutet? Er bedeutet: Wer ist wie Gott? Heute wird im Westen ein grosser Kampf gegen Gott geführt, aber auch hier.” Sie antwortete: „Ja, ich weiss.” Dann setzte ich fort: „Für uns Gläubige aber ist Gott eine Macht, eine Stärke. Wer ist so gross, so mächtig, so mitfühlend wie Gott? Auch ich heisse Michael.” (als Priester; Anm. d. Red.) Die Aufseherin rief sofort voller Begeisterung: „Sehen Sie, das ist also Ihre Kirche. Bitte, treten Sie ein.” Sie verlangte von mir nicht einmal ein Eintrittsgeld! Gott erlaubt sich wirklich Spässe!
Ich ging also in die Kirche und trat vor den Altar zu Ehren des heiligen Michaels. Vorher kaufte ich mir die sowjetische Tageszeitung Prawda, darin verbarg ich das halbamtliche vatikanische Organ L’Osservatore Romano mit dem Weihegebet des Heiligen Vaters. Ich öffnete also die Prawda und las das Weihegebet, nachdem ich mich mit dem Heiligen Vater im Geiste verbunden hatte. Dann fragte ich bzw. bat ich den Erzengel Michael: “Wie kannst du das alles ertragen? Du hast doch den Teufel aus dem Himmel gejagt, jetzt musst du ihn auch aus Russland jagen.”
Dann ging ich in eine andere Kirche, in die Kirche des Patriarchen, welche der Muttergottes geweiht ist. Wieder ging ich bis zum Altar, hinter mir aber war der Thron des Patriarchen, so dass mich niemand sehen konnte. Verbunden mit dem Heiligen Vater, sprach ich dort wieder das Weihegebet. In dieser Kirche habe ich auch die Messe gelesen. Für die heilige Messe hatte ich schon vorher alles vorbereitet: In der Brusttasche hatte ich eine Spalttablettendose, aber darin war der Messwein mit einem Tropfen Wasser, die Hostien hatte ich in einem Nylontäschchen und den lateinischen Messtext von Maria Verkündigung in der kommunistischen Prawda (auf deutsch: Die Wahrheit; Anm. d. Red.) versteckt. Ich dachte mir: Heute gibt es darin die grösste Wahrheit aller Wahrheiten – die Verkündigung der Menschwerdung Gottes. Hätte mich damals zufällig jemand gesehen, hätte er angenommen, dass ich die Prawda lese. Diese heilige Messe war für mich die erschütterndste von allen.
In dieser heiligen Messe erkannte ich: Der heutige Tag ist – nach der Taufe – für Russland der grösste Tag, denn zusammen mit den Bischöfen übergibt der Heilige Vater Russland dem Herzen Mariens. Maria wird es vom Satan befreien. Die Macht Satans über Russland ist jetzt gebrochen! In jenem Augenblick erschien mir der Kommunismus, den ich im Gefängnis am eigenen Leib erfuhr, aber auch durch das Studium kennenlernte, klein wie ein Würmchen. Ich sah nur die Grösse und Liebe Gottes und Mariens.
Dass ich das in Moskau erleben durfte, war das Werk der Vorsehung Gottes. Mich hielt man ja für den grössten Feind des Kommunismus.
Sie erwähnten den Erzengel Michael. Früher wurde nach der heiligen Messe das Gebet „Heiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampfe . . .” gesprochen, das an manchen Orten in Slowenien noch immer so gebetet wird. Ist das ein wirkungsvolles Gebet?
Ganz gewiss. Papst Paul VI. habe ich erzählt, wie wir im Lager den Exorzismus gegen die satanischen Mächte gebetet haben. Und er fragte mich dann, warum nicht auch wir im Westen die Novene mit dem Exorzismus gegen die satanischen Mächte, die vor allem im Kommunismus tätig sind, beten. Er forderte mich auf, fromme Menschen zu suchen, die bereit wären, diese Novene zu beten. Ich fragte ihn, wie wir sie verbreiten sollten, und er antwortete mir: „Wegen des Wortes Exorzismus müssten wir wahrscheinlich achtgeben, denn heute klingt dieses Wort auch für so manchen Kleriker altmodisch. Wir müssten aber sehr den Heiligen Geist verehren und zu ihm beten, ebenso zur Muttergottes und zum Erzengel Michael. Das Gebet ‚Heiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampfe . . .` bete ich jeden Tag, obwohl die Liturgische Kommission es abgeschafft hat.” Ich sagte zu ihm: „Heiliger Vater, Sie stehen über den Kommissionen und sind ihnen nicht verpflichtet, wir aber müssen gehorsam sein.” Der Heilige Vater antwortete: „Aber dieses Gebet kann jeder für sich privat beten. Das kann niemand verbieten.”
Auch der jetzige Heilige Vater, Johannes Paul II., hat schon einmal dieses Gebet empfohlen.
Auf dem Kurescek beten die Pilger schon seit einigen Monaten – jeweils um den dreizehnten – in der nächtlichen Anbetung für die Einheit in der Kirche und für den Heiligen Vater.
Sie haben sich viele Jahre intensiv mit den Botschaften Mariens aus Fatima befasst. Gehen Sie oft zur Seherin Sr. Lucia von Fatima? Was sagt sie über die jetzige Situation in der Kirche und der Welt?
Über die jetzige Situation habe ich sie nicht befragt, wir kennen sie ja alle. Mit Sr. Lucia habe ich das erstemal gesprochen, als Papst Paul VI. in Fatima war. Damals bekam ich als letzter von den Bischöfen einen reservierten Platz in der letzten Reihe. Den Bischof von Fatima fragte ich: „Ich habe gehört, dass hier auch Sr. Lucia anwesend ist. Ist es möglich, mit ihr zu sprechen?” Er sagte: „Das ist nicht in meiner Kompetenz, sondern in jener des Bischofs von Coimbra.” Dann fragte ich den Bischof von Coimbra, den ich nicht gekannt hatte: „Ist Sr. Lucia hier? Ist es möglich, mit ihr zu sprechen?” „Exzelenz,” sagte er, „schauen Sie zurück!” Ich schaute zurück und sah eine Reihe von Schwestern, unter ihnen, genau hinter mir, Sr. Lucia, die ich bisher nur vom Foto kannte. Der Bischof von Coimbra meinte: „Wer kann Sie am Gespräch hindern?” Ich setzte mich zu ihr und fragte sie: „Sr. Lucia, seit die Muttergottes in Fatima erschienen ist, sind gerade 50 Jahre vergangen. Und heute ist der Heilige Vater hier, der Stellvertreter Jesu Christi. Welcher Tag war für Sie der ergreifendste?” „Beide Tage”, sagte sie. Und es wäre wirklich schwer gewesen, jenen Papstbesuch zu beschreiben, denn es waren etwa zwei Millionen Menschen anwesend und einige hundert Bischöfe.
Rings um uns hatten sich die Menschen schon entfernt, doch wir beide, Sr. Lucia und ich, blieben noch im Gespräch. Da kam der Bischof von Fatima zu uns und fragte, ob wir nicht auch in die Basilika gehen möchten, welche während der Feiern abgesperrt war. Zu dritt gingen wir zur Basilika, traten ein und beteten an den Grabstätten der beiden Seher Franz und Jacinta. Am Grabe Jacintas blieben wir etwas länger: Ich stand etwas weiter vorne, Sr. Lucia hinter mir und der Bischof auf der anderen Seite. Auf einmal zog mich der Bischof am Ärmel und flüsterte: „Schauen Sie sich Lucia an!” Ich schaute hin und sah, dass sie bitterlich weinte. Der Bischof fragte mich: „Wissen Sie, warum sie weint? Vielleicht erinnern Sie sich an die Worte Jacintas vor ihrem Tod. Jacinta sagte damals: ‚Lucia, weisst du, was die Muttergottes dir gesagt hat – dass du lange leben wirst, und das nur für eine Aufgabe, nämlich die Herz-Mariä-Verehrung zu verbreiten und die Weihe an das unbefleckte Herz Mariens.` Lucia weint jetzt, weil sie bei dieser Aufgabe versagt hat, weil es ihr auch nach 50 Jahren nicht gelungen ist, die Weihe zu erreichen.” Dann fragte ich Lucia: „Welche von den Fatimabotschaften ist am wichtigsten? Was ist wesentlich?” Sie antwortete mir: „Vater Bischof, der erste Erscheinungstag – damals äusserte Maria ihre erste Bitte, ob wir bereit seien, für die Bekehrung der Sünder jedes Kreuz und Leid anzunehmen, das der Herr uns schickt.”
Das alles ist so tiefgreifend! Die kleinen Kinder wurden in das grösste Geheimnis unseres Glaubens eingeführt: Gott ist Mensch geworden, um am Kreuz zu sterben; Maria hat unter dem Kreuz ihren Sohn geopfert – alles für die Rettung der Sünder. Die Muttergottes zeigte sich unter dem Kreuz in ihrer Rolle als Miterlöserin, als Mitarbeiterin am Erlösungswerk. Das war ihre erste Aufgabe. Gott hätte gar keine Mutter gebraucht, er ist ja ewig. Gott hat sie nur für seinen Sohn als Menschen, als Erlöser, gebraucht. Die Mutter Maria ist also vor allem die Mutter des Erlösers. Der jetzige Heilige Vater, Johannes Paul II., will gerade diese Rolle Mariens – ihren Anteil am Erlösungswerk Christi als Miterlöserin – in den Vordergrund stellen. Über diese Rolle Mariens – Maria unter dem Kreuz, Mitarbeiterin des Erlösers – sprach der Heilige Vater mehr als zweihundertmal, und sechsmal verwendete er den Ausdruck Miterlöserin.
Wird der Papst die Wahrheit von Maria als Miterlöserin als Dogma verkünden?
Wir wissen nicht, wann das geschehen wird. Jedenfalls verbreitet der Papst den Ausdruck Miterlöserin als das Attribut Mariens. Es gibt aber Stimmen, die dagegen sprechen, diesen Titel als Dogma zu verkünden, vielleicht wegen des Ökumenismus. Aber diese Bedenken haben keine Grundlage. Hätten wir die Gegner der Kirche um ihre Meinung gefragt, es gäbe kein Dogma von der Gottesmutterschaft Mariens und auch nicht von ihrer unbefleckten Empfängnis. Die Wahrheit müssen wir in der Heiligen Schrift suchen, im Willen Gottes . . . Das Dogma von Maria als Miterlöserin ist also noch eine offene Frage.
Gestern haben Sie in der heiligen Messe gesagt, dass das grösste Zeichen, das uns Gott gegeben hat, der jetzige Heilige Vater sei. Die Muttergottes vom Kurescek hat uns – nicht nur die Slowenen, sondern alle Katholiken der Welt – einige Male darauf aufmerksam gemacht, wir sollten Johannes Paul II. treu sein und jenen Bischöfen, die auch selbst dem Papst treu sind. Dasselbe sagte sie auch in der gestrigen letzten Botschaft (Kurescek, 24. September 1998; Anm. d. Red.). Wozu immer von neuem der Hinweis auf die Treue?
Das ist doch ganz klar! Ich sagte schon, dass man uns gerade wegen der Treue zum Papst verachtet hatte. Das ist meine grösste Lebenserfahrung! Damals haben wir in die Karten Satans geschaut. Satan will uns heute vom stärksten Fundament, das die Kirche hat, trennen und auch von der Hilfe Gottes. Der Erlöser hat alles Petrus anvertraut, und durch Petrus regiert er die Kirche – damals durch den ersten Petrus, heute durch Johannes Paul II. Alle Gnaden bekommen wir nur durch unsere Treue zu Gott und unsere Einheit mit Petrus, dem Stellvertreter Christi.
Heute habe ich den Pilgern im Autobus erzählt, dass die Hauptadressaten der Botschaft von Fatima der Papst und die Bischöfe sind. Das Wesentliche dieser Botschaft, durch die Kinder gegeben, ist, dass der Papst und die Bischöfe die ganze Welt und die ganze Kirche dem Herzen Mariens weihen sollen. Und gerade sie haben auf gewisse Weise hier versagt. Sr. Lucia hat schon im Jahre 1934 dem Erlöser geklagt, dass der Heilige Vater ihr keinen Glauben schenke. Aber der Heilige Vater war über die Botschaft von Fatima gar nicht informiert. Die vatikanische Diplomatie verhinderte ein Durchsickern der Informationen bis zum Heiligen Vater. Der Erlöser hat deshalb Sr. Lucia gesagt: „Der Heilige Vater! Der Heilige Vater! Bete viel für den Heiligen Vater! Er wird es tun, aber es wird zu spät sein. Doch ich habe Russland meiner Mutter anvertraut. Nur sie kann es retten.”
Nach der Wahl des jetzigen Papstes, Johannes Paul II., sagte ich zu ihm: „Ich bin überzeugt, dass eine Ihrer wichtigsten Aufgaben als Papst die Weihe Russlands sein wird, und das in Verbindung mit allen Bischöfen der Welt.” Seine Antwort: „Ich bin bereit, das schon morgen zu tun, wenn du dafür die Bischöfe gewinnst.”
Nach der Weihe Russlands fragte mich der Papst: „Wie viele Bischöfe haben diese Weihe mit mir vollzogen?” Und ich erwiderte: „Das wissen wir nicht. Einige haben sogar Zweifel, ob die Weihe gültig vollzogen wurde.” Auf meine diesbezügliche Frage sagte Sr. Lucia: „Der Heilige Vater hat alles getan, was möglich war, und Gott ist zufrieden.” Es bleibt aber wirklich die Frage offen, wie viele Bischöfe bei der Weihe mit dem Papst verbunden waren, denn viele von ihnen sind ihm nicht treu. Deshalb müssen wir viel für den Heiligen Vater und für die Einheit des apostolischen Kollegiums beten.
Die Fatimabotschaft fordert uns heute auf, jenes Bild der Ursprungskirche zu verwirklichen, das vor der Ankunft des Heiligen Geistes war. Alle Jünger waren um Maria, der Mutter Jesu, vereint. Das ist das einzige ursprüngliche Wesen der Kirche – die Einheit, welche notwendig ist, damit die Kirche glaubhaft ist.
Jesus betete: „Alle sollen eins sein. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast” (Joh 17,21).
Die göttliche Sendung ist nicht durch Predigten glaubhaft, sondern durch unsere Einheit, welche Christus vom Vater erbeten hat. Der Heilige Geist hat diese Kirche besiegelt, als er über die Apostel, vereint mit Maria, herabkam.
Die Muttergottes hat auf dem Kurescek öfter gesagt, dass sich ihre hiesigen Botschaften und die Botschaften von Medjugorje einander ergänzen. Verfolgt der Heilige Vater die Ereignisse von Medjugorje? Und wie stehen Sie zu Mariens Botschaften in Medjugorje?
Als ich 1984 dem Heiligen Vater von meiner Reise nach Moskau und meinen dortigen Erlebnissen berichtet habe, hat ihn das sehr überwältigt. Dass gerade am Tag der Weihe ein katholischer Bischof in Moskau war und zusammen mit ihm die Weihe vorgenommen hat, konnte für den Papst die Bestätigung dafür sein, dass die Weihe Russlands wirklich Gottes Wille war.
Dann fragte der Heilige Vater: „Wie denkst du über Medjugorje? Warst du dort?” Ich sagte zu ihm: „Nein. Warum denn? So mancher aus dem Vatikan hat mir davon abgeraten.” Dann antwortete mir der Heilige Vater: „Gehe inkognito dorthin, so wie du nach Moskau gegangen bist! Wer kann dich daran hindern?” Ich kann also nicht sagen, dass mich der Papst nach Medjugorje geschickt hat oder mir eine Erlaubnis für diesen Weg gegeben hat, aber er fand für mich eine Lösung, und ich reiste sofort nach Medjugorje.
Im selben Gespräch hat mir der Heilige Vater gesagt: „Sieh, Medjugorje ist eine Fortsetzung von Fatima. Die Muttergottes hat in Fatima das Programm vorgestellt, mit Hilfe von Medjugorje will sie dieses verwirklichen, vor allem, was die Bekehrung Russlands betrifft.” Das waren seine Worte: „Für die Bekehrung Russlands!”
Am 26. August 1982 – ich kann mich noch genau erinnern – hat mich der Heilige Vater gefragt: „Wann wird es uns gelingen, Russland zu bekehren?” Ich antwortete ihm mit den Worten des Paters Pio: „Russland wird sich bekehren, wenn man so viele Gläubige finden wird, als es in Russland Ungläubige gibt.” Ich habe dem Heiligen Vater erläutert: „Darin liegt auch der Kern der Botschaft von Fatima. Dort hat der Engel den Seherkindern empfohlen, sie sollen glauben, beten, Gott lieben für jene, die nicht mehr glauben, nicht beten, Gott nicht lieben.” Dann sagte ich zum Heiligen Vater: „Maria hat heute den gleichen Auftrag wie Abraham vor Sodom und Gomorra. Wenn Abraham zehn Gerechte gefunden hätte, würde es Sodom und Gomorra noch heute geben.” Der Heilige Vater fragte sofort: „Wie viele Gerechte sind denn dann heute für die Rettung der ganzen Welt notwendig?”
Warum erscheint Maria heute so häufig? Die Antwort auf diese Frage hörte ich von einem orientalischen Mystiker: „Damit sie die entsprechende Zahl dieser Gerechten für die Rettung der Welt findet. Alle echten Erscheinungen haben die Aufgabe, dass Maria mit deren Hilfe Gläubige findet, die für andere beten, glauben, lieben, Gott preisen . . .”
Sie sind heute zum erstenmal hier auf dem Kurescek. Welchen Eindruck werden Sie von diesem Gnadenort mit nach Hause nehmen?
Durch meine Mitarbeiter wusste ich schon ein wenig von Kurescek. Und ich habe von diesem Gnadenort den besten Eindruck.
Gestern habe ich mit Vater Spelic konzelebriert. Dabei gewann ich den Eindruck, dass er ein sehr bescheidener, einfacher Priester ist. Er liebt nicht nur Gott – darüber können und sollen wir Menschen eigentlich nicht urteilen – sondern jeden von uns und ist zu allen freundlich . . . Ja, nur demütige Menschen können aufrichtig lieben, und Maria wählt nur demütige Menschen aus. Hochmütige Menschen lieben nur sich selbst, demütige aber haben das Herz auch für die Mitmenschen offen. So ein demütiger Mensch ist Vater Spelic. Das sieht man ihm an, er strahlt ja diese Haltung geradezu aus.
Vater Spelic sprach heute von den Botschaften Mariens vom Kurescek; und ich konnte aus dem Gehörten entnehmen, dass diese Botschaften im grossen Einklang mit allen anderen Botschaften Mariens stehen. Ich fragte ihn, was in diesen Botschaften das Spezifische, Besondere ist. Aus seiner Antwort habe ich herausgehört, dass das Wesentliche dieser Botschaften die Wiederholung der Anleitung Mariens ist: „Tut alles, was er euch sagt!” Dasselbe geschah in Fatima, in Lourdes . . . – alle Botschaften stimmen darin überein.
Vater Spelic sagte mir, daß er jede Botschaft Mariens zuerst dem Ortsbischof übergeben hat. Das hat mir sehr gut gefallen. Es ist sehr wichtig, daß der Bischof diese Botschaften ernst genommen hat. Er muß sich persönlich mit der Frage auseinandersetzen: Ist die Botschaft echt oder nicht? Wenn sie echt ist, soll sie veröffentlicht und verbreitet werden; wenn sie nicht echt ist, muß man sie mit allen Kräften bekämpfen.
Schon Papst Urban VIII., aber auch Papst Paul VI. haben festgelegt, daß alle diese Botschaften keine kirchliche Erlaubnis für die Veröffentlichung brauchen. Jedoch hat der Ortsbischof die Verpflichtung einzugreifen – vor allem, wenn es um einen seiner Priester geht -, wenn in den Botschaften irgend etwas stünde, was mit der Lehre der Kirche nicht übereinstimmt. Solange aber die Botschaften im Einklang mit der Lehre der Kirche stehen, dürfen die Menschen sie annehmen. Auch wird untersucht, ob die Botschaften übernatürlichen Ursprungs sind oder von einem Menschen stammen.
Ein Journalist in Deutschland fragte mich in bezug auf Medjugorje, ob es nicht denkbar wäre, daß das alles vom Teufel käme, und ich habe geantwortet: „Ich bin Jesuit, deshalb habe ich die Lehre von der Unterscheidung der Geister etwas intensiver studiert. Der hl. Ignatius von Loyola sagte, daß die Ursache jedes Phänomens Gott, der Mensch oder der Teufel sein kann.”
Ist die Ursache für die Vorgänge in Medjugorje ein Mensch? Millionen und aber millionen Menschen, die nach Medjugorje kommen, werden ganz sicher nicht von den schönen Augen der Seher angezogen. Menschlich läßt sich das also nicht erklären.
Ist die Ursache der Teufel? Das wichtigste Kennzeichen von Medjugorje ist die Beichte, zu welcher unzählig viele Menschen kommen. Was ist die Beichte? Als Beichtvater löse ich dich – wovon? Von der Sünde und vom Teufel! Kann man annehmen, daß der Teufel deshalb so viele Menschen nach Medjugorje schickt, damit die Beichtväter sie dort von ihren Sünden und damit vom Teufel lösen? Das wäre absurd!
Was in Medjugorje geschieht, kann also nur von Gott kommen. Die Zeichen dafür, daß Gott am Werk ist, sind die zahlreichen Bekehrungen.
Dasselbe könnten wir von Kurescek sagen.
Herr Bischof, herzlichen Dank für Ihren Besuch bei uns in Slowenien und für das Gespräch. Nehmen Sie bitte unsere Grüße an den Heiligen Vater mit nach Rom und versichern Sie ihm, daß wir auf dem Kurescek viel für ihn beten.
GEBET AN DEN HEILIGEN ERZENGEL MICHAEL
Heiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampfe;
gegen die Bosheit und die Nachstellungen des Teufels sei unser Schutz!
“Gott gebiete ihm”, so bitten wir flehentlich.
Und du, Fürst der himmlischen Heerscharen,
stürze den Satan und die anderen bösen Geister,
die zum Verderben der Menschen die Welt durchziehen,
mit Gottes Kraft hinab in den Abgrund.
Amen.
Maria, Königin der heiligen Engel, bitte für uns!
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