Das Gebet des Priesters
“In seinem heroischen Leben war das Gebet das Mittel, das es ihm gestattete, beständig in Christus zu bleiben.”
Quelle
Gründonnerstagbriefe an die Priester
Redaktion:
Stehen wir treu zu unseren Priestern, wenn sie gedemütigt und unter Generalverdacht genommen werden. Sie sind es, die stillschweigend vor immer weniger Menschen die Eucharistie feiern und stundenlang geduldig im Beichtstuhl auf die Gläubigen warten.
Im Blick auf das Gebetsleben des hl. Pfarrers von Ars schrieb Papst Johannes Paul II. einmal in einem Brief an die Priester: “In seinem heroischen Leben war das Gebet das Mittel, das es ihm gestattete, beständig in Christus zu bleiben.”
Jeder Gläubige ist seit der Taufe gerufen, „in Christus zu bleiben”. In der Taufe wurden wir gleichsam in Christus eingepflanzt. Tief verbunden mit Ihm haben wir an seinem Leben und Sterben, an seinem Tod und seiner Auferstehung Anteil. Die Priester sind aber nach dem festen Glauben der Kirche nicht nur in Christus eingepflanzt, wie die übrigen Gläubigen, sondern sie sind durch die Gnade der Weihe sakramentales Zeichen Christi, d.h. sie haben durch die Priesterweihe die Vollmacht empfangen, die Person Jesu Christi in der Kirche und für die Kirche zu repräsentieren. Sie handelt an Christi Statt und sind berufen, das Geheimnis Christi durch ihr Leben und Wirken sichtbar zu machen. Um diese Sendung erfüllen zu können, ist für sie das „in Christus bleiben” eine lebensnotwendige Aufgabe. Es gibt kein Priestertum ohne Christus oder ausserhalb von Christus. Das priesterliche Leben und die priesterliche Vollmacht bringt keine Frucht, wenn nicht beides in Christus verwurzelt ist. So betont Papst Johannes Paul II. in seinem Brief:
“Unser Priestertum muss tief mit dem Gebet verbunden sein: Es muss im Gebet verwurzelt sein. Diese Feststellung erfordert keinen Beweis, sondern muss vielmehr ständig mit Herz und Verstand bedacht werden, damit die in ihr enthaltene Wahrheit sich immer tiefer im Leben verwirklichen kann… Da wir am Priestertum Christi teilhaben, das mit seinem Opfer untrennbar verbunden ist, müssen wir das Gebet zum Fundament unserer priesterlichen Existenz machen. Dieses erlaubt uns, unser Leben mit dem priesterlichen Dienst in Einklang zu bringen, indem wir die Identität und Echtheit der priesterlichen Berufung unversehrt bewahren.”
Da der Priester ein schwacher Mensch ist und niemals Jesus Christus vollkommen nachahmen kann; da sein freier Wille durch die Weihe nicht ausgelöscht wird und auch sein Leben von persönlicher Sünde und Schuld geprägt ist, braucht es auf der einen Seite von Gott her eine Art „Garantie”, dass das, was er im sakramentalen Bereich tut, gültig und wirksam ist: Das ist die Kraft des Heiligen Geistes, der durch die Priesterweihe in ihm und durch ihn wirkt. Auf der anderen Seite ist der Priester verpflichtet, unaufhörlich nach Heiligkeit zu streben, damit sein Dienst über die eigentlichen sakramentalen Feiern hinaus fruchtbar bleibt. Der Katechismus lehrt (1550):
Diese Gegenwart Christi im Amtsträger ist nicht so zu verstehen, dass dieser gegen alle menschlichen Schwächen gefeit wäre: gegen Herrschsucht, Irrtümer, ja gegen Sünde. Die Kraft des Heiligen Geistes bürgt nicht für alle Taten der Amtsträger in gleichem Masse. Während bei den Sakramenten die Gewähr gegeben ist, dass selbst die Sündhaftigkeit des Spenders die Frucht der Gnade nicht verhindern kann, gibt es viele andere Handlungen, bei denen das menschliche Gepräge des Amtsträgers Spuren hinterlässt, die nicht immer Zeichen der Treue zum Evangelium sind und infolgedessen der apostolischen Fruchtbarkeit der Kirche schaden können.
Das Gebet des Priesters steht in diesen Zusammenhängen. Es ist von zwei Wirklichkeiten geprägt: Von der Gnade der Priesterweihe und von der persönlichen Heiligkeit und/oder Sündhaftigkeit. Wann immer ein Priester betet, tut er es nicht bloss als getaufter und gefirmter Christ, sondern immer als Priester, und das heisst, immer in dieser besonderen „bevollmächtigten” Verbindung mit Christus. Auch wenn diese nur in den Sakramenten direkt wirksam wird, kann er sie doch im privaten, persönlichen Beten nie abstreifen oder ablegen. Die Sonderstellung des priesterlichen Gebetes wird aber nur in dem Masse für die Kirche geistlich fruchtbar und wirksam, als sein priesterliches Gebet auch vom persönlichen Engagement, vor allem vom lebendigen Glauben, getragen ist, d.h. von der persönlichen „Heiligkeit” des Priesters.
Was heisst für den Priester „Heiligkeit”? Der hl. Pfarrer von Ars wurde einmal gefragt, was das Geheimnis seines besonderen Lebens sei. Er antwortete darauf:
“Mein Geheimnis ist ganz einfach: Alles geben und nichts behalten.”
Das Geheimnis seiner Heiligkeit und der Wirksamkeit seines Gebets war seine Armut – nicht nur im Sinn der äusseren Entbehrung und Bedürftigkeit, die er bewusst wählte und lebte, sondern noch viel mehr im Sinn einer radikalen Abhängigkeit: alles von Gott erwarten; das eigene Vermögen ganz in den Dienst des Wirkens Gottes stellen. Diese vollkommene Armut erlaubte Jean-Marie Vianney, durchlässig zu sein für die Gnade Gottes. Er empfing die Gaben Gottes, lebte aus ihnen, bezeugte sie und gab sie weiter. Er hat alles gegeben, Tag um Tag, Jahr für Jahr. Er hat nichts für sich behalten. Er war ganz da für Gott und für die Menschen, sodass er einmal einem Vertrauten sagen konnte: „Seit ich in Ars bin, habe ich keinen Tag für mich selbst gehabt.” Und am Ende seines Lebens konnte er sagen: „Ich habe nichts mehr. Nun kann mich der liebe Gott rufen, wann er will.” Priesterliche Heiligkeit besteht letztlich in der vollen, von der Liebe getragenen Verfügbarkeit für Gott und die Menschen: „Der gute Hirte gibt sein Leben für die Schafe” Joh 10,11.
So lernen wir aus dem Leben des hl. Pfarres noch ein weiteres Element des priesterlichen Dienstes kennen: Der Priester hat seine Vollmacht nicht für sich empfangen, sondern für die Menschen, die ihm anvertraut sind, für die Kirche. Nach dem Vorbild Jesu ist der Priester nur dann wirklich Priester, wenn er für die anderen da ist. Gerade im fürbittenden Gebet für die anderen lebt der Priester seine priesterliche Berufung und hat sein Gebet besondere Kraft. Papst Benedikt schreibt:
“Mit dem Wort und den Sakramenten seines Jesus wusste Jean-Marie Vianney sein Volk aufzubauen, auch wenn er, überzeugt von seiner persönlichen Unzulänglichkeit, oft schauderte, so dass er mehrmals wünschte, sich der Verantwortung des Dienstes in der Pfarrei zu entziehen, dessen er sich unwürdig fühlte. Trotzdem blieb er in vorbildlichem Gehorsam stets an seinem Posten, denn die apostolische Leidenschaft für das Heil der Seelen verzehrte ihn. Durch eine strenge Askese versuchte er, seiner Berufung völlig nachzukommen: „Das grosse Unglück für uns Pfarrer”, beklagte der Heilige, „besteht darin, dass die Seele abstumpft”, und er meinte damit ein gefährliches Sich-Gewöhnen des Hirten an den Zustand der Sünde oder der Gleichgültigkeit, in der viele seiner Schafe leben. Mit Wachen und Fasten zügelte er den Leib, um zu vermeiden, dass dieser sich seiner priesterlichen Seele widersetzte. Und er schreckte nicht davor zurück, sich selbst zu kasteien zum Wohl der ihm anvertrauten Seelen und um zur Sühne all der Sünden beizutragen, die er in der Beichte gehört hatte.”
Das Leben und Wirken des hl. Pfarrers von Ars zeigt uns in vorbildlicher Weise die Übereinstimmung von priesterlichem Gebet und priesterlicher Heiligkeit. Darum war sein Gebet so wirksam und eine Verwirklichung des Wortes im Jakobusbrief:
“Viel vermag das inständige Gebet eines Gerechten!” Jak 5,16
Damit Priester gut beten, müssen viele Gläubige für die Priester beten. Das Gebet für die Priester ist zu jeder Zeit notwendig und wir werden es umso eifriger pflegen, je tiefer uns die Berufung der Priester bewusst wird. Mutter Julia schreibt einmal:
“Es ist das innigste Verlangen Jesu, dass noch mehr Opferseelen heranreifen und geformt werden, die sich vollkommen hingeben für die Priester und an der Seite der Priester.”
Unsere geistliche Familie möchte diesen Wunsch Jesu erfüllen. An alle, die zur Familie des „Werkes” gehören, ergeht so immer neu der Aufruf, die priesterliche Sendung unser Brüder mitzutragen: in Gebet und Opfer, durch konkrete Dienste, vor allem auch durch ein engagiertes Leben unserer eigenen Berufung als Katakomben des „Werkes”.
Herr Jesus Christus, mir dem hl. Pfarrer von Ars vertrauen wir dir alle Priester an, die wir kennen; alle, denen wir begegnet sind; alle, die uns geholfen haben; alle, die du uns heute als Seelsorger gibst.
Du hast jeden von ihnen bei seinem Namen gerufen. Für jeden danken wir dir und für jeden bitten wir dich: Bewahre sie in der Treue zu deinem Namen. Du, der du sie geweiht hast, damit sie Hirten seien in deinem Namen: Verleihe ihnen Kraft, Vertrauen und Freude bei der Erfüllung ihrer Sendung.
Wir wissen, dass du in ihnen schwache Geschöpfe erwählt hast, damit sie sich nichts auf sich selbst einbilden. Auch deshalb vertrauen wir sie dir an, damit sie sich vor allem auf dich verlassen. Die Eucharistie, die sie feiern, möge sie stärken und ihnen die Kraft geben, damit sie sich zusammen mit dir einsetzen für uns. Sie mögen geborgen sein in Deinem barmherzigen Herzen, damit sie immer Zeugen deiner barmherzigen Liebe sind. Sie mögen den Vater wahrhaft anbeten, damit sie uns den wahren Weg zur Heiligkeit lehren.
Vater, zusammen mit ihnen, den Priestern, opfern wir uns in Christus auf für die Kirche: Damit sie ihren Auftrag erfüllen kann im Atem deines Heiligen Geistes. Lehre uns, die Kirche zu lieben, sie zu achten und sie als ein Geschenk aus deiner Hand anzunehmen, damit wir gemeinsam mit den Priestern noch mehr dein Werk vollenden, zum Heil aller.
Amen.
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