Apostolisches Schreiben “Evangelii nuntiandi” UPDATE

Über die Evangelisierung in der Welt von heute
Seine Heiligkeit Papst Paul VI.
An den Episkopat, den Klerus und alle Gläubigen der katholischen Kirche.

Vollständiges Apostolisches Schreiben “Evangelii nuntiandi” Papst Paul VI.

Apostolisches Schreiben “Evangelii nuntiandi” Papst Paul VI.

Ehrwürdige Brüder, geliebte Söhne und Töchter! Gruss und Apostolischen Segen!

Besonderer Einsatz für die Evangelisierung

1. Die Verkündigung des Evangeliums an die Menschen unserer Zeit, die von Hoffnung erfüllt, aber gleichzeitig oft von Furcht und Angst niedergedrückt sind, ist ohne Zweifel ein Dienst, der nicht nur der Gemeinschaft der Christen, sondern der ganzen Menschheit erwiesen wird. Darum erscheint Uns die Pflicht, die Brüder zu bestärken – diese haben Wir vom Herrn empfangen mit dem Amt des Nachfolgers Petri, und sie ist für Uns eine „tägliche Sorge“, ein Lebens- und Arbeitsprogramm sowie eine grundlegende Verpflichtung Unseres Pontifikates –, darum erscheint Uns also diese Pflicht noch vornehmer und dringlicher, wenn es sich darum handelt, unsere Brüder zu bestärken, die mit der Evangelisierung beauftragt sind, damit sie in diesen Zeiten der Unsicherheit und der Verwirrung ihre Sendung mit immer mehr Liebe, Eifer und Freude erfüllen.

Aus dreifachem Anlass

2. Das gerade wollen Wir hier tun zum Abschluss des Heiligen Jahres, in dessen Verlauf die Kirche, „die mit ihrer ganzen Kraft bemüht ist, das Evangelium allen Menschen zu verkünden“, nichts anderes gewollt hat, als ihr Amt als Botin der Frohbotschaft Jesu Christi zu erfüllen, die mit den beiden grundlegenden Leitworten angekündigt wurde: „Ziehet den neuen Menschen an“  und „Lasst euch mit Gott versöhnen“.
Wir wollen dies tun anlässlich des zehnten Jahrestages des Abschlusses des Zweiten Vatikanischen Konzils, dessen Anliegen sich letztlich in einem Wort zusammenfassen lassen: die Kirche des 20. Jahrhunderts besser zu befähigen, das Evangelium der Menschheit des 20. Jahrhunderts zu verkünden.
Wir wollen dieses ein Jahr nach der dritten Generalversammlung der Bischofssynode, die bekanntlich der Evangelisierung gewidmet war, um so lieber tun, da die Synodalväter selber Uns darum gebeten haben. In der Tat haben sie am Ende der denkwürdigen Versammlung beschlossen, dem Hirten der universalen Kirche mit grossem, demütigem Vertrauen die Frucht ihrer ganzen Arbeit zu übergeben, und erklärten dabei, dass sie vom Papst einen neuen Anstoss erwarten, der imstande ist, neue Zeiten der Evangelisierung heraufzuführen innerhalb einer Kirche, die noch tiefer verwurzelt ist in der unvergänglichen Kraft und Macht des Pfingstgeheimnisses.

Oft betontes Thema während unseres Pontifikats

3. Wir haben wiederholt die Bedeutung des Themas der Evangelisierung hervorgehoben, lange vor den Tagen der Synode. „Die Verhältnisse der Gesellschaft“, sagten Wir vor dem Kardinalskollegium am 22. Juni 1973, „legen uns allen die Verpflichtung auf, die Methoden zu überprüfen und mit allen Mitteln uns zu bemühen herauszufinden, wie man dem modernen Menschen die christliche Botschaft nahebringen kann, in der allein er die Antwort auf seine Fragen zu finden vermag und die Kraft für seinen Einsatz zu menschlicher Solidarität“. Wir fügten hinzu, dass es, um auf die vom Konzil an Uns gerichteten Forderungen eine gültige Antwort zu geben, unbedingt notwendig ist, Uns das überlieferte Glaubensgut vor Augen zu stellen, das die Kirche in seiner unantastbaren Reinheit bewahren, aber auch den Menschen unserer Zeit in einer möglichst verständlichen und überzeugenden Weise darbieten muss.

In der Linie der Synode von 1974

4. Diese Treue gegenüber einer Botschaft, deren Diener Wir sind, und gegenüber den Menschen, denen Wir sie unversehrt und lebendig übermitteln müssen, ist der Kernpunkt der Evangelisierung. Sie stellt drei brennende Fragen, die die Synode von 1974 beständig vor Augen hatte:
– Was ist in unseren Tagen aus dieser verborgenen Kraftquelle der Frohbotschaft geworden, die fähig ist, das Gewissen des Menschen tief aufzurütteln?
– Bis zu welchem Grad und wie ist diese Kraft des Evangeliums imstande, den Menschen unseres Jahrhunderts umzugestalten?
– Welchen Methoden muß man bei der Verkündigung des Evangeliums folgen, damit es seine Kraft entfalte?
Diese Fragen erklären letztlich das grundlegende Problem, das sich die Kirche heute stellt und das man so formulieren könnte: Ist die Kirche – ja oder nein – nach dem Konzil und dank des Konzils, das für sie in dieser geschichtlichen Wende eine Stunde Gottes gewesen ist, fähiger geworden, das Evangelium zu verkünden und es überzeugend, im Geiste der Freiheit und wirksam in das Herz des Menschen einzusenken?

Einladung zur Besinnung

5. Wir alle sehen die Dringlichkeit, auf diese Frage eine loyale, ehrliche und mutige Antwort zu geben und konsequent zu handeln. In Unserer „Sorge für alle Kirchen“ möchten Wir Unseren Brüdern, Söhnen und Töchtern helfen, auf diese Fragen eine Antwort zu geben.
Mögen Unsere Worte, die, ausgehend von den reichen Erfahrungen der Synode, eine Besinnung über die Evangelisierung sein wollen, das ganze Gottesvolk, das in der Kirche vereint ist, zur gleichen Gesinnung anregen und allen ein neuer Anstoss sein, vor allem jenen, „die sich in Wort und Lehre abmühen“, damit ein jeder von ihnen „ein treuer Verwalter des Wortes der Wahrheit“ sei, die Aufgabe als Verkünder der Heilsbotschaft verwirkliche und vollkommen sein Amt erfülle. Eine solche mahnende Ermutigung ist Uns als sehr wichtig erschienen, denn die Verkündigung des Evangeliums ist für die Kirche nicht etwa ein Werk, das in ihrem Belieben stünde. Es ist ihre Pflicht, die ihr durch den Auftrag des Herrn Jesus Christus obliegt, damit die Menschen glauben und gerettet werden können. In der Tat, diese Botschaft ist notwendig. Sie ist einzigartig. Sie kann nicht ersetzt werden. Sie erlaubt weder Gleichgültigkeit noch Vermischungen mit anderen Lehren oder falsche Anpassungen. Es geht hierbei nämlich um das Heil des Menschen. Sie stellt die Schönheit der Offenbarung dar. Sie bietet eine Weisheit, die nicht von dieser Welt ist. Sie ist imstande, durch sich selbst den Glauben zu wecken, einen Glauben, der auf der Macht Gottes gründet. Sie ist die Wahrheit. Sie verdient es, dass der Glaubensbote ihr seine ganze Zeit und alle seine Kräfte widmet und, falls notwendig, für sie auch sein eigenes Leben opfert.

Schluss:  Die Ausstrahlung des Heiligen Jahres

81. Damit habt ihr, liebe Brüder, Söhne und Töchter, den Ruf vernommen, der aus der Tiefe Unseres Herzens kommt und ein Echo der Stimme jener Mitbrüder ist, die sich zur dritten Generalversammlung der Bischofssynode versammelt hatten. Es sind Überlegungen, die Wir zum Ende dieses Heiligen Jahres an euch richten wollten. Dieses hat Uns erlaubt, mehr denn je zuvor die Nöte und Anliegen einer sehr grossen Zahl von Brüdern – Christen wie Nichtchristen – zu vernehmen; sie alle erwarten von der Kirche das Wort des Heils. Möge das Licht des Heiligen Jahres, das über den Einzelkirchen und über Rom für Millionen mit Gott versöhnter Menschen aufgeschienen ist, gleichermaßen auch nach dem Heiligen Jahr weiter erstrahlen in einem Seelsorgsprogramm für die kommenden Jahre, die den Vorabend eines neuen Jahrhunderts, ja sogar den Vorabend des dritten Jahrtausends des Christentums bedeuten. In diesem Programm möge die Verkündigung des Evangeliums den grundlegenden Gedanken darstellen.

Maria Leitstern der Evangelisierung

82. Das ist der Wunsch, den Wir voller Freude den Händen und dem Herzen der allerseligsten Jungfrau Maria anvertrauen, der ohne Erbsünde Empfangenen, an diesem Tag, der ihr in besonderer Weise geweiht ist und der zugleich der 10. Jahrestag der Beendigung des Zweiten Vatikanischen Konzils ist. Am Pfingstmorgen hat sie den Beginn der Evangelisierung mit ihrem Gebet unter dem Wirken des Heiligen Geistes eingeleitet. Möge sie der Leitstern einer sich selber stets erneuernden Evangelisierung sein! Die Kirche muss diese getreu dem Auftrag des Herrn durchführen und vollenden – ganz besonders in dieser unserer zugleich schwierigen und hoffnungsvollen Zeit! Im Namen Christi segnen Wir euch, eure Gemeinden, eure Familien, alle, die zu euch gehören, mit den Worten des hl. Paulus an die Philipper: „Ich danke meinem Gott jedesmal, wenn ich an euch denke; immer, in jedem meiner Gebete, bitte ich mit Freude für euch alle; ich danke, weil ihr euch gemeinsam für das Evangelium eingesetzt habt. . . Ich habe euch ins Herz geschlossen, denn ihr habt alle Anteil an der Gnade, die mir gewährt ist durch . . . die Verteidigung und Bekräftigung des Evangeliums. Gott ist mein Zeuge, wie ich mich nach euch allen sehne mit der herzlichen Liebe, die Christus Jesus zu euch hat“.

Gegeben zu Rom bei St. Peter, am 8. Dezember, dem Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria, des Jahres 1975, dem dreizehnten Unseres Pontifikates.

PAULUS PP. VI

 

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