Marco d’Aviano war ein Friedensförderer

Marco D’Aviano war Schlüsselfigur für das Ende der Türkenbelagerung Wiens 1683

marco d'avianomarco d avianoVerlag/Bestellung
Quelle/Rezension
‘Er ist kein Heiliger eines Präventivkreuzzuges’
‘Wortgewaltiger Bussprediger, Missionar und Diplomat’
Innozenz XI.
Europa eine Seele geben
Heiligenlexikon – Markus von Aviano

Um das Leben jenes Kapuzinermönchs, der als Prediger und Kaiser-Berater zu einer Schlüsselfigur der Auseinandersetzung zwischen Europa und dem Islam Ende des 17. Jahrhunderts wurde, dreht sich das nun in deutscher Sprache erschienene Buch “Marco d’Aviano und Innozenz XI.”

Ausgehend vom Moment des Belagerungsendes Wiens 1683 zeichnen die italienische Historikerin Giulia Vittoria Fantuz und der Kapuziner Venanzio Reiner auf 287 Seiten ein differenziertes Bild des Ordensmannes, der auch entscheidend zur Befreiung Ungarns und Belgrads beitrug. Vorgestellt wurde das Werk am Freitag im Wiener Kapuzinerkloster, wo der Selige Marco wirkte und begraben ist.

Das von Glaube, Hoffnung und Barmherzigkeit bestimmte Lebensbeispiel von Marco d’Aviano lehre auch die Christen von heute, “das Evangelium konkret zu leben”, schrieb der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn im Vorwort, das bereits in der italienischen Originalausgabe des Buches von 2012, die bei der Libreria editrice vaticana erschien, enthalten ist. Europa habe eine Zukunft, wenn es seine noch fruchtbaren christlichen Wurzeln wiederentdecke. “Wir alle müssen reife Christen werden, wache Christen, opferbereite Christen”, so der Kardinal. Schließlich sei es den Christen der ersten Jahrhunderte gelungen, “die antike Welt aus den Angeln zu heben, weil sie das Evangelium Jesu im konkreten Alltag gelebt haben”.

Kardinal Schönborn würdigt in seinem Vorwort den seligen Marco als großen Missionar, auf dessen Impuls hin sich große Menschenmassen dem Evangelium genähert hätten. Entscheidend habe er zudem zu einem “festen, dauerhaften Frieden” beigetragen, indem er “immer die Einigkeit unter den christlichen Staaten anstrebte, in einer Epoche, in der Europa von Feindseligkeiten und inneren Kriegen zerrissen war”. Dank seines “diplomatischen Meisterwerks” und der “Kraft seiner flammenden Rede” hätten im September 1683 jene christlichen Truppen rechtzeitig Wien erreicht, deren Einsatz schließlich das Ende Belagerung durch das osmanische Heer erwirken sollte.

Die beiden Zeitgenossen Papst Innozenz XI. und Marco d’Aviano, die im Buch gemeinsam portraitiert sind, seien mehr noch als die streitenden Truppen die “wahren Sieger” der Ereignisse von 1683 gewesen und hätten den ganzen Ruhm dem Himmel und dem Beistand der heiligen Maria zugeschrieben, betonte Schönborn. Der Kardinal erinnerte daran, dass Innozenz XI. genau zeitgleich – am 12. September 1683 – das Fest Mariä Namen einführte, das bis heute an diesem Tag gefeiert wird. Eine enge Beziehung besteht auch zwischen dem Mönch aus Aviano und der wundertätigen Maria-Pocs-Ikone, die Marco aus Sorge vor einer türkischen Rückeroberung von Ungarn in den Wiener Stephansdom bringen ließ, wo sie noch heute zu sehen ist.

Besonders hob Kardinal Schönborn den Gerechtigkeitssinn des Wiener Kapuzinermönchs hervor. Österreichs Milizen sollten sich gegenüber dem Feind christlich verhalten und keine Quälereien und grausame Handlungen begehen, drängte Marco d’Aviano gegenüber Kaiser Leopold I., dessen Berater und Freund er war. Auf dieselbe Weise habe der Ordensmann in Belgrad 800 osmanischen Soldaten das Leben gerettet, ebenso wie er auch die Juden Paduas vor der Verfolgung bewahrt habe. Genauso habe der Selige jedoch den Kaiser Machtmissbrauch und barbarische Tyrannei gegen die Ungarn vorgeworfen sowie ungerechte Bereicherung im Krieg angeprangert.

Weder Islambasher noch Kriegshetzer

Marco d’Aviano wurde 1631 als Carlo Domenico Cristofori in der friulanischen Stadt Aviano nahe Udine in einer verarmten Patrizierfamilie geboren. Er trat 17-jährig in den Kapuzinerorden ein, profilierte sich bald als Bußprediger und war auch für seinen Einsatz in der Krankenpflege zu Pest- und Kriegszeiten bekannt. Auf Missionsreisen durch Österreich, Deutschland und Niederlande begeisterte er die Massen und es gab Berichte von Wunderheilungen. Auf Vermittlung von Karl V. von Lothringen gelangte Marco 1683 als päpstlicher Legat an den Hof von Kaiser Leopold I. in Wien, wo er der Entsatzarmee geistlichen Beistand gegen die heranrückenden osmanischen Belagerer leisten sollte.

Als Schlüsselmomente von Marco d’Avianos Wirken gelten seine zündende Ansprache am 8. September am Tullnerfeld und eine Messe am 12. September auf dem Kahlenberg vor der entscheidenden Schlacht, mit der Wien befreit und eine Wende in den Türkenkriegen eintrat. In den folgenden Jahren begleitete P. Marco das Heer zu den Feldzügen nach Ungarn, erlebte 1686 die Rückeroberung von Buda/Ofen und 1687 von Belgrad. Marco d’Aviano starb am 13. August 1699 in Wien. Sein Seligsprechungsverfahren wurde 1912 eingeleitet und 2003 unter Johannes Paul II. erfolgreich abgeschlossen.

Marco d’Aviano sei kein “Islambasher” und auch kein “Kriegshetzer” gewesen, sondern “einer, der sich vor allem mit friedlichen Mitteln und mit Achtung des anderen für seinen Glauben eingesetzt hat”, betonte Thomas Cubasch, Leiter des Verlags “Der Apfel”, bei der Wiener Buchpräsentation am 20. Jänner 2017.

Im Gegensatz zu den schlechten Gepflogenheiten seiner Zeit sei der Mönch auch für die Rechte von Protestanten, Juden und Muslimen eingetreten. Dass der Kapuziner gemeinsam mit Papst Innozenz XI. portraitiert werde, begründete Cubasch mit auffallenden Parallelen: Die zwei Kirchenmänner seien für asketisches Leben und Zuwendung zum Volk bekannt gewesen, hätten einander in ihrer Spiritualität geähnelt und einander sehr imponiert. Verhindert worden sei die von beiden gewünschte Begegnung stets von der Kurie unter dem Einfluss Frankreichs, das die Stärkung Wiens infolge der Feldzüge gegen die Osmanen kritisch sah.

21.01.2017

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