Der kleine Prinz von Prag

Papst besucht auf seiner Tschechienreise das “Prager Jesuskind”

Kirche in TschechienDas Prager Jesulein – der kleine Prinz von Prag (mit Michael Pies) – YouTube

Vom 26. bis 28. September reist Papst Benedikt XVI. in die Tschechische Republik. Ziel seines Besuches, so der Prior des Karmelitenklosters des Prager Jesuskindes, Pater Petr Sleich, sei es, Christus wieder vor die Augen und in das Bewusstsein der Menschen zu bringen.

Die Tatsache, dass der erste Programmpunkt seiner Reise den Heiligen Vater in die Wallfahrtskirche “Maria vom Sieg” auf der Prager Kleinseite führe, wo seit dem 17. Jahrhundert das Gnadenbild des Prager Jesuskindes verehrt wird, sei “der aussagekräftigste Ausdruck dieser Absicht”.

Papst Benedikt XVI. wird das Gnadenbild, das von Gläubigen in aller Welt verehrt wird und dem zahlreiche Gebetserhörungen und Wunder zugeschrieben werden, während seines Besuches krönen. Dies ist die höchste Ehre, die die westliche Christenheit für Gnadenbilder Jesu Christi oder Mariä kennt.

Pater Sleich unterstreicht, die Menschen sehnten sich danach, Christus vor Augen zu haben. Bildliche Darstellungen, wie das Prager Jesuskind, würden dabei helfen. Er vergleicht es mit Familienfotos, die dazu beitragen, sich den dargestellten geliebten Personen nahe zu fühlen. Der Unterschied zwischen solchen Fotos und religiösen Bildern und Figuren bestehe jedoch darin, dass die Darstellung Jesu Christi zu einer “wirklichen Begegnung” führe, so der 41-jährige Priester.

Das menschliche Herz sei sensibel für die Darstellung des Christuskindes, so Pater Sleich. Weihnachten sei auch in der Tschechischen Republik den Menschen lieb und teuer, die ansonsten eher weniger gläubig seien.

“Wenn die Menschen in unserer Wallfahrtskirche Gott als Kind vor sich sehen, haben sie vor Ihm keine Angst. Im Gegenteil: Er bedarf als Kind unserer Liebe, unserer Herzen, unserer Hände, unserer Hilfe”, betonte der Prior.

Das Jesuskind wird auch als König dargestellt. Der Reichsapfel in seiner linken Hand symbolisiert das Universum, das unter dem Zeichen des Kreuzes steht und in der Hand des Jesuskindes ruhe. Pater Petr: “Manchmal sage ich im Scherz, die linke Hand des Jesuskindes genüge für das ganze Universum, aber eigentlich ist es die Wahrheit.” Mit der rechten Hand segnet das Göttliche Kind die Menschen.

Jesusdarstellungen als König

Dass das Jesuskind als König dargestellt wird, geht auf das Matthäus-Evangelium zurück. Es beginnt mit der Abstammung Jesu aus dem Stamme des Königs David. Schon kurz nach seiner Geburt kommen Menschen von weither, um dem neugeborenen König zu huldigen.

Am Ende seines Lebens wird Jesus, als er nach Jerusalem einzieht, von der Menschenmenge zum König erklärt und bejubelt. Gekreuzigt wird er ebenfalls als König, denn auf dem Schild, das Pilatus an seinem Kreuz befestigen lässt, steht “INRI” (Jesus von Nazareth, König der Juden). Das Bild des Königs ist quasi der Rahmen im Matthäus-Evangelium.

Oft kämen französische Schulklassen in die Kirche, so Pater Sleich. Alle Schüler kennen das Buch “Der kleine Prinz” von Antoine de Saint-Exupéry. Der tschechische Kamelitenpater erklärt: “Es ist kaum bekannt, dass Antoine de Saint-Exupéry mit der Verehrung des Prager Jesuskindes vertraut war.

Das Buch ist vom Prager Jesuskind inspiriert worden: Ein Kind kommt vom Himmel, bietet seine Freundschaft an, stirbt und geht zurück nach oben – Jesus würde sagen: zum Vater. Die Kinder begreifen, dass das Jesuskind nicht irgend eine seltsame katholische Eigentümlichkeit ist, sondern sie verstehen die Botschaft.”

Obwohl sich Statistiken zufolge in Tschechien kaum ein Viertel der Bevölkerung als gläubig bezeichnet, zeigt sich der Prior des Prager Karmelitenklosters optimistisch: Jesus selbst habe mit einer Handvoll Jünger angefangen. Sleich hat sich im Alter von 20 Jahren taufen lassen, als er während seines Mathematikstudiums durch Freunde zum Glauben gefunden habe. Heute ist fast seine ganze Familie katholisch.

Seine Entscheidung für das Priestertum sei nicht leicht gewesen, bekennt er, aber er sei “sehr glücklich” gewesen, als er diese Entscheidung getroffen habe. Zwar gebe es in Tschechien wenige Berufungen, aber “sehr schnell kann sich etwas ändern, das haben wir alle vor zwanzig Jahren mit unseren eigenen Augen gesehen”, als der Eiserne Vorhang sich öffnete.

“Manche sind unsicher, wenn es um Gott geht”

Pater Petr bedauert, dass “wir das Evangelium nicht aufmerksam genug lesen”. Allerdings sei er sich nicht sicher, ob es stimme, dass so viele Menschen in Tschechien ungläubig seien. Sleich: “Manche sind unsicher, wenn es um Gott geht, aber ich würde nicht sagen, sie haben keinen Glauben. Übrigens lieben auch viele der Tschechen, die sich als ungläubig bezeichnen, das Prager Jesuskind.”

Das Gnadenbild des Prager Jesuskindes in der Kirche der Siegreichen Jungfrau Maria auf der Prager Kleinseite wird jedes Jahr von rund einer Million Pilger aus aller Welt besucht. Viele davon kommen aus Amerika oder von den Philippinen, wo die Verehrung der Kindheit Jesu besonders lebendig ist.

Das Prager Jesulein durchlebte im Laufe der Jahrhunderte ein bewegtes Schicksal: Es gilt als Geschenk der heiligen Teresa von Avila an eine spanische Adlige und gelangte als Hochzeitsgeschenk für deren Tochter nach Prag. Seit 1628 wird es in der Kirche der Karmelitenpatres verehrt.

Im Dreissigjährigen Krieg wurde es von sächsischen protestantischen Soldaten geschändet: die Hände wurden abgehackt und die kleine Figur auf einen Schutthaufen hinter dem Altar geworfen. Die Karmelitenpatres wurden aus ihrem Kloster vertrieben.

Einige Jahre später wurde das Gnadenbild von Pater Cyrillus a Matre Dei, einem Karmelitenpater aus Luxemburg, wiedergefunden. Die Legende erzählt, das Jesuskind habe ihn darum gebeten, seine Hände zu reparieren, und habe ihm versprochen: “Je mehr ihr mich ehren werdet, desto mehr werde ich euch segnen!”

In der Folge blühte die Verehrung des Prager Jesuskind wieder auf. Es gibt mittlerweile mehrere Heiligtümer des Prager Jesuskindes in Indien, eines im italienischen Arenzano bei Genua und viele weitere auf fast allen Kontinenten. Im Laufe der Jahrhunderte haben Millionen Gläubige in aller Welt Trost und Hilfe durch den Kleinen König erfahren.

Erst 1993 konnten Karmeliter zurückkehren

Die Karmelitenpatres von Prag mussten ihr Kloster jedoch noch einmal im Zuge der Säkularisierung durch Kaiser Joseph II. Anfang des 19. Jahrhunderts verlassen. Erst 1993, nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Mittel- und Osteuropa, konnten sie wieder auf die Prager Kleinseite zurückkehren. Heute betreuen fünf Karmelitenpatres das Heiligtum. Zwei der Patres sind Tschechen, zwei weitere stammen aus Indien, einer ist Italiener.

Grosse Verehrer des Jesuskindes von Prag waren beispielsweise die heilige Therese von Lisieux und Edith Stein. Der französische Dichter Paul Claudel widmete dem Gnadenreichen Jesulein ein Gedicht. Der Prager Erzbischof, Miroslav Kardinal Vlk, erklärte die Wallfahrtskirche des Prager Jesuskindes erst kürzlich zum zweitwichtigsten Heiligtum Tschechiens nach dem Veitsdom.

Gebet des Pater Cyrillus a Matre Die:

O Jesulein, zu Dir fliehe ich, durch Deine Mutter bitt’ ich Dich, Aus dieser Not woll’st retten mich; denn wahrhaft glaube ich an Dich, dass Du, o Gott, kannst schützen mich. Vertrauend hoffe ich auf Dich, dass Deine Gnad’ werd’ finden ich.

Aus ganzem Herzen lieb’ ich Dich, drum meine Sünden reuen mich, von denen, flehend bitt’ ich Dich, Jesus, woll’st befreien mich.

Mein Vorsatz ist, zu bessern mich, und nicht mehr zu betrüben Dich, darum Dir ganz ergeb’ ich mich, zu leiden mit Geduld für Dich und Dir zu dienen ewiglich.

Den Nächsten aber gleich wie mich will wegen Deiner lieben ich. Jesulein, ich bitte Dich, aus dieser Not woll’st retten mich; dass einstens kann geniessen ich mit Joseph und Maria Dich und allen Engeln ewiglich.

Amen

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