“Kirche in der Miniatur”

“Das Evangelium der Ehe und der Familie”: Internationaler Kongress in Thorn

papst franziskus offiziellVon Stefan Meetschen

Thorn, Die Tagespost, 01. Juni 2015

Hochrangige Referenten, ein hochaktuelles Thema und dazu absolute mediale Transparenz: Der Internationale Kongress zum Thema “Das Evangelium der Ehe und der Familie”, der unter der Schirmherrschaft des Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz an der “Hochschule für Kulturwissenschaften und Medien” (Wyzsza Szkola Kultury Spolecznej i Medialnej) im polnischen Thorn (Torun) stattfand, bot dies alles. Denn nicht nur Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, war eigens in die Geburtstadt des Nikolaus Kopernikus gereist, auch andere Geistliche und Wissenschaftler aus Spanien, Italien und Afrika nahmen die Reise nach Polen auf sich, um mit Blick auf den Zweiten Teil der Synode zum Thema Ehe und Familie im Herbst die wesentlichen Ansichten und Aspekte der Kirche zu diesem Thema noch einmal zu benennen. Vor vielen Zuhörern und Zuhörerinnen, unter denen auch die Studentinnen und Studenten der Hochschule waren, wie vor vielen Zuschauern und Zuhörern an den Fernsehgeräten und Radios – gehört die Hochschule doch neben Radio Maryja und TV Trwam zum Imperium des Redemptoristenpaters Tadeusz Rydzyk.

Dieser bekräftigte gleich zu Beginn der Veranstaltung seine Dankbarkeit gegenüber Papst Franziskus, dass dieser die Gläubigen für das Thema und die damit heutzutage leider verbundenen ideologischen Kämpfe “sensibilisiert” habe. Das Referendum zur Homo-“Ehe” in Irland, diese “Wahl für Sodomie”, wie Pater Rydzyk sich ausdrückte, habe gezeigt, dass es wichtig sei, die “Massen” mit der Wahrheit des Evangeliums in Berührung zu bringen. Wohl aufgrund von Respekt gegenüber dem hohen deutschen Gast aus Rom erinnerte Rydzyk bei dieser Gelegenheit daran, dass es “in Deutschland viele Heilige gibt, die mir beim Aufbau des Radios geholfen haben”.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der in Polen neben seiner theologischen Kompetenz und Gradlinigkeit auch aufgrund seiner Sympathie für das Heimatland des heiligen Johannes Pauls II. von vielen Katholiken verehrt wird, liess es sich daraufhin nicht nehmen, zumindest die Einleitung zu seinem Referat, das dem hoffnungsvollen Miteinander von Kirche und Familie gewidmet war, auf Polnisch vorzutragen. Mit Blick auf die bevorstehende Synode hob Kardinal Müller hervor: “Es macht keinen Sinn, das Problem gleichgeschlechtlicher Partnerschaften bei der Synode zu behandeln. Die formellen Gründe erlauben dies nicht, denn die Familie ist eine Beziehung von Mann und Frau – exklusiv und unauflöslich, aber vor allem erlauben dies nicht die Gottesfurcht und der Respekt vor der geoffenbarten Wahrheit und vor der Familie, die auf dieser Wahrheit aufbaut.”

Eine “katholische Familie” sei schliesslich mehr als nur eine “gute, brave Familie”, sie sei, so Kardinal Müller, “eine Kirche in der Miniatur”. Mit Blick auf extrem progressive Theologen sagte Kardinal Müller: “Die Hermeneutik der Kontinuität und Entwicklung, an welche Papst Benedikt XVI. als Weg des Dienstes der Theologen in der Kirche erinnert hat, ist immer noch aktuell. Keiner von uns darf mit der unveränderten Lehre brechen, die bis zum Anfang der Kirche zurückreicht und an die bei der ersten in der Geschichte der Kirche zu diesem Thema stattfindenden Synode von 1980 erinnert wurde.” Johannes Paul II. habe in dem postsynodalen Schreiben “Familiaris Consortio” die wesentlichen Punkte zusammengefasst.

Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz und Bischof von Posen, Erzbischof Stanislaw Gadecki, der mit einem schlichten PKW angereist war, führte diese Gedankenfäden in seinem theologisch ebenfalls brillanten Vortrag weiter, wobei Gadecki die Betonung Christi des Ursprungs der Mann-Frau-Beziehung “von Anfang an” als Vorbild für die Pastoral der Kirche darstellte. Von Anfang an habe Gott den Menschen als Mann und als Frau geschaffen. Es sei die Absicht des Schöpfers gewesen, dass Mann und Frau “in ihrer gegenseitigen Komplementarität, in der exklusiven, unauflösbaren Einheit, in der sie sich ergänzen” miteinander lebten.

Sie seien berufen, sich “uneigennützig und gegenseitig” zu beschenken. Dabei könne man entdecken, “dass genau diese Relation zur sakramentalen Erfahrung wird, zur Erfahrung der Präsenz Gottes”. Von daher sei es nicht falsch, das, was in der Ehe und Familie theologisch praktiziert werde, als “Hauskirche” zu bezeichnen. Ein Begriff, der nach Ansicht von Gadecki bislang noch viel zu selten benutzt werde. Ein Begriff aber auch, der nahezu deckungsgleich mit dem ist, was Kardinal Müller als “Kirche in der Miniatur” bezeichnet.

Deutliche Töne gegenüber dem Gender Mainstreaming fand Professor Pawel Bortkiewicz von der Hochschule in Thorn: “Bisher hat man die Aufmerksamkeit auf die Zerstörung des Modells der Fruchtbarkeit der Familie gelegt – der heutige Leviathan aber unternimmt die Zerstörung des Begriffes der Ehe selbst, als monogame und heterosexuelle Beziehung zwischen Frau und Mann.” Bortkiewicz verwies dabei auf den britischen Philosophen Thomas Hobbes, der den Menschen angeordnet habe, sich dem Leviathan unterzuordnen. Dies, daran liess Bortkiewicz keinen Zweifel, sei für einen Katholiken nicht akzeptabel.

Bischof Stanislaw Stefanek, Mitglied des Päpstlichen Rats für die Familie und emeritierter Bischof von Lomza, hob hingegen die Aktualität der Botschaft von “Humanae Vitae” hervor. Die Ehepaare von heute sollten “ausdauern”, der kirchlichen Lehre treu bleiben, riet der 79-Jährige. Und in Richtung Modernisierer gerichtet: Die Kirche sei nicht der “Schöpfer der Gesetze Gottes”, sondern ihr “Hüter”. Sie dürfe also nie etwas verkünden, was in Wirklichkeit nicht erlaubt sei, denn das, was nicht erlaubt sei, stehe “seiner Natur nach immer im Widerspruch mit dem Guten des Menschen”.

Insgesamt eine wohltuende Veranstaltung, die einmal mehr bewies, wie eng internationale kirchliche Vertreter theologisch und menschlich beieinander stehen, wenn sie ihr Leben an der gemeinsamen Lehre der Kirche orientieren. In dieser Einheit müssen die Katholiken keine Angst haben vor den ideologischen Herausforderungen der Gegenwart.

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