28 Millionen für “Reproduktive Gesundheit”

Ausschreibung ermöglicht Förderung von Abtreibungen in Entwicklungsländern

One of us– Kastler: “EU-Kolonialismus”, Von Stefan Rehder

Brüssel, Die Tagespost, 6. November 2013

Ungeachtet des Erfolgs des Europäischen Bürgerbegehrens “Einer von uns” (engl.: “One of us”) hat die EU-Kommission 28 Millionen Euro für Programme bereitgestellt, die nach Ansicht von Experten auch die Förderung von Abtreibungen in Entwicklungsländern beinhaltet.

Der CSU-Europaabgeordnete Martin Kastler geisselte die Ausschreibung im Gespräch mit dieser Zeitung als “Ding der Unmöglichkeit” und Ausweis eines “EU-Kolonialismus”, den es nicht geben dürfe. Der Vizepräsident der Arbeitsgruppe Bioethik der Christdemokraten im Europäischen Parlament (EVP) kündigte an, den Vorfall zum Gegenstand einer offiziellen parlamentarischen Anfrage zu machen.

In der Ausschreibung, die den Titel “Förderung sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte – Umfassender Zugang zu reproduktiver Gesundheit” trägt, heisst es schwarz auf weiss: “Das Gesamtziel dieser Ausschreibung ist es, dazu beizutragen, dass Armut reduziert und das Wohlergehen der Bevölkerung in Entwicklungsländern durch bessere reproduktive Gesundheit und informierte Entscheidungen bei der Familienplanung gesteigert wird.”

Wie die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für alle (ALFA), Claudia Kaminski, der “Tagespost” sagte, werden die Begriffe “reproduktive Gesundheit” und “reproduktive Rechte” in internationalen Dokumenten “überwiegend so verstanden, als müsste Frauen das Recht zugestanden werden, jedes Mittel – einschliesslich das der Abtreibung – zu nutzen, um die Zahl der Kinder und den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem sie sie bekommen”. Die Ärztin forderte die EU-Kommission auf, die Ausschreibung “umgehend zu präzisieren oder aber ersatzlos zurückzuziehen”.

“Alles andere als die unmissverständliche Klarstellung, dass vorgeburtliche Kindstötungen nicht unter den Begriff der Reproduktiven Gesundheit fallen, wäre ein Schlag ins Gesicht der mehr als 1,74 Millionen EU-Bürger, die sich mit ihrer Unterschrift dem Europäischen Bürgerbegehren ‘Einer von uns‘ angeschlossen haben und den Stopp der Finanzierung einer menschliche Embryonen verbrauchenden Forschung sowie der Förderung von Abtreibungen in Entwicklungsländern mit EU-Steuergeldern fordern”, so Kaminski.

Dass die EU-Kommission die Förderung und Durchführung von Abtreibungen für eine Möglichkeit zur Erreichung der in der Ausschreibung genannten Ziele hält, wird in dem Text zwar nicht offen ausgesprochen, geht aber bei einer aufmerksamem Lektüre des 31 Seiten umfassenden Papiers aus diesem eindeutig hervor. So heisst es etwa an einer Stelle zunächst noch unverdächtig, mit den einzureichenden Projekten sollten “unterversorgte oder schwer zu erreichende Gemeinschaften und andere benachteiligte oder verletzbare Gruppen” erreicht werden. Sie könnten mit “grundlegenden reproduktiven Gesundheitsleistungen und in aussergewöhnlichen und gerechtfertigten Fällen mit anderen relevanten reproduktiven Gesundheitsleistungen” versorgt werden. In der Fussnote zu diesem Satz wird dann jedoch auf das Aktionsprogramm der Weltbevölkerungskonferenz der Vereinten Nationen von 1994 in Kairo verwiesen, in dem Abtreibungen als eine Möglichkeit zur Erreichung von “reproduktiver Gesundheit” definiert wird.

“Es kann nicht sein, dass die EU-Kommission auch nur einen Cent, geschweige denn 28 Millionen Euro an Steuergeldern für Leistungen bereitstellt, mit denen unter Umständen das Lebensrecht unschuldiger ungeborener Menschenkinder mit Füssen getreten wird und für die ihr darüber hinaus jede rechtliche Befugnis fehlt”, so Kaminski.

Die rechtliche Regelung und Finanzierungen von Abtreibungen ist nach europäischen Recht keine Gemeinschaftsaufgabe und obliegt daher ausschliesslich den Mitgliedsstaaten. In der Praxis wird sich daran aber offenbar nicht immer gehalten. So heisst es etwa auf der Internetplattform “Turtle Bay and Beyond” zu Fragen des internationalen Rechts: “Das ist das Geld, mit dem die Europäische Kommission Organisationen wie International Planned Parenthood Federation, Marie Stopes International und Ipas füttert, die unter dem Vorwand, vor Ort zu ‘sexueller Gesundheit‘ zu arbeiten, Abtreibungen in Entwicklungsländern durchführen.”

Kastler betrachtet die Ausschreibung der EU-Kommission auch als einen “Affront“ gegen die 1,74 Millionen Bürger, die das Europäische Bürgerbegehren “Einer von uns“ unterstützen. Der Zeitpunkt der Ausschreibung, die noch bis zum 10. Dezember läuft, sei “kein Zufall“. Es sei ein “schlimmes Zeichen“, wenn mit einem neu geschaffenen Instrument zur stärkeren Beteiligung der Bürger so umgegangen werde. Mit der Ausschreibung nehme die EU-Kommission nicht nur in Kauf, dass unschuldigen und wehrlosen Menschen unwiderruflicher Schaden zugefügt und das Leben genommen wird, sie bereite auch Verschwörungstheorien den Boden, denen zufolge die ‘Reproduktive Gesundheit‘ nur ein Vorwand sei, um statt der Armut die Armen ausrotten”, sagt Kaminski.

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