Die Tränen Gottes trocknen

Der Präsident der Caritas Libanon über die Herausforderungen der Hilfe für syrische Flüchtlinge

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Statement von P. Simon Faddoul, englisch

Rom, 10. Juni 2013, zenit.org, Junno De Jesús Arocho Esteves

Infolge des anhaltenden Konflikts in Syrien wurden Hunderttausende verletzt oder getötet, und Millionen von Menschen sind aus dem Land geflüchtet. Papst Franziskus und der emeritierte Papst Benedikt XVI. haben wiederholt ein Ende des Blutvergiessens gefordert und katholische Hilfsorganisationen zur Unterstützung der umliegenden Länder bei der Bewältigung des massiven Flüchtlingszustromes aufgerufen.

Am 5. Juni 2013 gab ein Vertreter des Päpstlichen Rates “Cor Unum” bekannt, dass die katholische Kirche seit dem Beginn des Konfliktes zwischen aufständischen Gruppen und der syrischen Regierung mehr als 25 Millionen Euro (33 Millionen Dollar) an Hilfsgeldern für den Libanon, die Türkei, Jordanien und den Nahen Osten im Allgemeinen zur Verfügung gestellt habe.

Als eine der grössten katholischen Hilfsorganisationen unterstützt Caritas Libanon Flüchtlinge bei ihrem Ausweg aus dem Konflikt. Präsident P. Simon Faddoul begegnete ZENIT zu einem Gespräch über die Herausforderungen bei der Hilfe der Bedürftigen und die Auswirkungen des Konfliktes auf die an Syrien angrenzenden Länder.

Mit welchen Herausforderungen sieht sich Caritas Libanon gegenwärtig konfrontiert?

P. Faddoul: Genau genommen stehen wir vor einer ganzen Reihe von Herausforderungen. Die erste ist sicherlich die Finanzierung, denn vor allem angesichts der fortwährenden Krise ist die Bereitstellung geeigneter finanzieller Mittel für unser Programm nicht einfach, und die Ressourcen werden immer knapper. Das zweite Problem besteht darin, dass Menschen innerhalb und ausserhalb der Zeltlager untergebracht sind. Dies macht es sehr schwierig, die Menschen anzusehen und sinnvoll vorzugehen. Der dritte Punkt ist die Dauer der Krise, die uns nicht nur davon abhält, unsere Aufgaben zur Gänze zu erfüllen, sondern unsere Arbeit Woche für Woche erhöht, da täglich neue Menschen dazukommen.

Es ist noch nicht vorüber. Wir können nicht sagen, dass es nun eineinhalb Millionen sind und dass dies so bleiben wird. Tagtäglich kommen neue Menschen. Durchschnittlich sind es etwa 2.000 pro Tag. Es ist verrückt! An unserem Registrierungsschalter verzeichnen wir täglich ca. 30-40 Familien, und das macht es sehr schwierig.

Die nächste Herausforderung ist die Ausbreitung von Krankheiten aufgrund des Mangels an sanitärer Infrastruktur, Hygiene, einwandfreiem Wasser,usw. Wenn Sie das Zeltlager besuchen, verstehen Sie, was ich meine. Die Zustände sind miserabel. Kardinal Leonardo Sandri von der Kongregation orientalischer Kirchen begab sich am vergangenen Sonntag zu einem Besuch in das Zeltlager und wurde dabei Zeuge der alarmierenden Lage zu diesem Zeitpunkt. Ein Problem stellen ausserdem die überall zurückgelassenen Kinder dar. Diese Generation wird entweder zu Kämpfern oder Psychotikern heranwachsen. Ferner werden Frauen misshandelt, und manche bedienen sich der Prostitution. Es zeigen sich Ungerechtigkeiten aller Art.

Ferner sind wir mit dem Einfluss der Präsenz der Flüchtlinge auf die libanesische Bevölkerung und Kultur sowie auf die demographische Struktur und Zusammensetzung konfrontiert. Es kommt zu Veränderungen in der libanesischen Bevölkerung. Mit dem gegenwärtig offen ausgetragenen “Religionskrieg” und den Hunderttausenden von grossteils muslimischen Flüchtlingen wird sich dieser Einfluss nun sicherlich verstärken.

Berichten zufolge hat Präsident Assad von Chemiewaffen Gebrauch gemacht. Gab es in diesem Zusammenhang Bestätigungen oder Meldungen von Verletzungen von Seiten der Flüchtlinge?

P. Faddoul: Eigentlich nicht. Einmal befand ich mich gemeinsam mit dem österreichischen Aussenminister und dessen Delegation in einem Zeltlager. Ein Mann näherte sich uns und zeigte uns seinen Sohn [dessen Arme und Hände Verletzungen aufwiesen] und sagte, dass diese durch chemische Waffen verursacht worden seien. Dabei handelte es sich aber um Leishmaniose, eine Krankheit, die sich überall [auf dem Körper] ausbreitet. Eine Heilung ist möglich, doch die Ursache ist ein Mangel an Sauberkeit, an Hygiene. Und sie verbreitet sich. Ich habe ein Mädchen mit einer sehr grossen Leishmanie auf der Nase gesehen.

Haben Sie sich neben der Flüchtlingshilfe auch beim Versuch der Sicherstellung der Freilassung von Entführungsopfern beteiligt, beispielsweise der beiden syrischen Bischöfe, die vor knappen zwei Monaten verschwunden sind?

P. Faddoul: Nein, das wagt niemand, denn wenn es die Regierung ist [die die Verantwortung für die Entführungen trägt, Anm. d. Red.], dann weiss man, dass es sich um das Regime handelt. Andererseits gibt es über 100 am Kampf beteilige Gruppierungen, von denen die meisten von ausserhalb Syriens kommen, d.h., Afghanistan, Tschetschenien, Pakistan, Saudi Arabien, Europa, Amerika, usw. Jede von ihnen hat ihr eigenes Programm und ihren individuellen Umgang mit den Umständen.

Tatsächlich wollten sich die Bischöfe um die Freilassung von drei verschleppten Priestern bemühen und wurden dann selbst zu Entführungsopfern.

Wurde nichts über ihren Verbleib bekannt?

P. Faddoul: Nein, der orthodoxe Patriarch befand sich vergangene Woche in der Türkei. Gestern sah ich es in den Nachrichten. Er sprach von der Aussicht auf Zusagen. Wir halten an unserer Hoffnung fest, doch bisher gibt es keine Neuigkeiten.

Hatten Sie beim heutigen Treffen mit dem Heiligen Vater Gelegenheit, mit ihm zu sprechen, oder hat er Ihnen persönlich etwas mitgeteilt?

P. Faddoul: Er übermittelte dem libanesischen Volk die besten Wünsche und bat mich darum, an alle Freiwilligen der Caritas Libanon und die Sozialarbeiter seine Grüsse zu weiterzugeben. Er sagte zu mir: “Sie trocken die Tränen Gottes.” Er war sehr bewegt, während er diese Worte an uns als Gruppe richtete.

Tausende von Lesern in aller Welt haben die Geschehnisse in Syrien mitverfolgt. Ich bin mir sicher, dass sie gerne Informationen über Möglichkeiten ihrer persönlichen Beteiligung an der Hilfeleistung erhalten würden.

P. Faddoul: ich kenne ZENIT, ich bin ein Leser. Zunächst existiert die Unterstützung in Form von Spenden, sei es zugunsten von Caritas Libanon oder einer anderen Organisation der Caritas oder der Kirche im Libanon, der Türkei, Syrien, usw. Besonders in Syrien ist viel Hilfe vonnöten. In dieser Hinsicht können wir nun dank unserer Kontakte Hilfe leisten und manchmal, wenn dies möglich ist, begeben wir uns in das Landesinnere. Caritas Libanon hat eine belagerte syrische Stadt namens Rableh unterstützt. Seit Anfang August 2012 senden wir mit der Unterstützung unserer Partner, die die finanziellen Mittel bereitgestellt haben, und in Abstimmung mit dem Grenzschutz Lastwagen mit Lebensmitteln.

Die Lage hat sich nun ein wenig entspannt, doch wir liefern nach wie vor Lebensmittel, denn die Menschen haben nichts. Sie sind ohne Beschäftigung, weil ihnen die Arbeit auf den Feldern verboten wurde. Daher waren sie zur Gänze auf unsere Hilfe angewiesen. Wöchentlich sandten wir Lastwagen mit Lebensmitteln, Medikamenten, Windeln, usw.

Selbstverständlich können uns die Leser auch mit ihren Gebeten helfen und sich so im Geiste mit unseren Brüdern und Schwestern verbinden, vor allem mit den Christen unter ihnen, die meines Erachtens aufgrund der prekären Lage einen weitaus höheren Preis bezahlen.

Fernen können die von uns mit den Syriern im Libanon und in Syrien betreuten Spezialprogramme unterstützt werden. Es gibt Programme zu Gunsten der Kinder, vergewaltigter Frauen, älterer Menschen und gefährdeter Familien.

Für weitere Informationen oder Spenden bei Caritas Libanon: www.caritas.org.lb

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