Weisser Sonntag 2012 update

Homilie Vitus Bischof Huonder, Bistum Chur

Brüder und Schwestern im Herrn,

der Weisse Sonntag erinnert uns an das Weiss des Taufkleides. Das Weiss des Taufkleides macht uns auf die Gnade aufmerksam, welche wir durch das Sakrament der heiligen Taufe empfangen haben. Gott hat uns den Stand der heiligmachenden Gnade geschenkt. Gott hat uns eine neue Eigenschaft gegeben, die Eigenschaft des Kindes Gottes, die Eigenschaft der Heiligkeit, die Eigenschaft der Sündenlosigkeit.

Die Eigenschaft der Heiligkeit ist die Voraussetzung, um in Gemeinschaft mit Gott zu leben und um einst in den Himmel einzugehen. Gemeinschaft mit Gott ist auch die heilige Kommunion. Durch die heilige Kommunion werden wir eins mit Christus. Denn wir empfangen seinen heiligen Leib und sein kostbares Blut. Diese Einheit bewirkt die Einheit mit dem Vater und dem Heiligen Geist. Wir werden ins Leben des Dreifaltigen Gottes hineingenommen. Deshalb setzt die heilige Kommunion den Stand der heiligmachenden Gnade voraus, die Gabe der heiligen Taufe; deshalb ist auch der Empfang der ersten heiligen Kommunion sinnvoll mit dem Weissen Sonntag verbunden.

Es sind die Neu-Getauften, es sind die Menschen im Stand der heiligmachenden Gnade, welche zum Tisch des Herrn kommen, zur heiligen Kommunion.

Der Weisse Sonntag trägt heute, nach der Verfügung des seligen Papstes Johannes Paul II. den Namen “Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit”. Gottes Barmherzigkeit zeigt sich darin, dass Gott den Menschen aus dem Zustand der Sünde befreien will. Die heilige Taufe ist insofern das grundlegende Sakrament der Barmherzigkeit Gottes, als sie den Menschen aus der Erbsünde, aus dem peccatum originale (aus der Sünde des Anfangs, des Ursprungs) befreit und ihn zur neuen Gemeinschaft mit Gott befähigt. Gott als der Barmherzige möchte den Menschen nicht im Zustand der Sünde belassen.

Dieser Ausdruck der Barmherzigkeit bestimmt das Leben des Sohnes Gottes Jesus Christus auf Erden. Seine Lehre und alsdann seine Taten gehen immer dahin, den Menschen von den Fesseln der Sünde zu lösen. Jesus sagt dem Menschen, welcher der Sünde verfallen ist, nicht: “Es ist schon gut, wie du bist; ich nehme dich an, wie du bist.” Nein, Jesus vergibt Sünden und sagt uns auf diese Weise, dass die Sünde schwerwiegend ist; dass er aber die Macht hat, Sünden zu vergeben; dass er den Menschen zum Zustand der Heiligkeit, der Sündenlosigkeit führen will und kann. Jesus ernst nehmen bedeutet daher, Jesus als den Sünden-Vergebenden annehmen, und infolge auch, die Sünde zu meiden. Das will die Barmherzigkeit Gottes: unsere Heiligkeit, unsere Sündenlosigkeit.

Der Weisse Sonntag wird von einem bekannten Evangelium bestimmt, vom Osterevangelium des Johannes (Joh. 20,19-31). Jesus erscheint den Jüngern und gibt ihnen die Vollmacht, Sünden zu vergeben. Das ist eine Vollmacht, welche über das Sakrament der Taufe hinausreicht, eine Vollmacht, welche das vierte Sakrament begründet, das Sakrament der Versöhnung, die heilige Beichte. So ist der Weisse Sonntag nicht nur eine Erinnerung an die heilige Taufe und die Taufgnade. Er macht uns auch bewusst, dass die Sünde trotz der Taufgnade immer noch eine böse Wirklichkeit ist. Auch der Getaufte kann in Sünde fallen; auch der Getaufte kann die Taufgnade durch die Sünde wieder verlieren. Hier zeigt sich nun die Barmherzigkeit Gottes in ihrer ganzen Grösse: Gott lässt uns in dieser Wirklichkeit nicht allein. Er gibt uns die Möglichkeit, auch für die nach der Taufe begangenen Sünden Vergebung zu erlangen und die Taufgnade wieder zu gewinnen. So ist der Weisse Sonntag auch aus dieser Sicht ein sinnvoller Tag, um eigens der Göttlichen Barmherzigkeit zu gedenken. Denn das Sakrament der heiligen Beichte ist wohl der stärkste Ausdruck von Gottes Barmehrzigkeit. Jesus sagt uns nicht, wie es etwa Menschent tun: “Einmal und nie wieder.” Nein, er sagt den Aposteln: “Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.” (Joh. 20,23). Er eröffnet dem Menschen die Möglichkeit, immer wieder umzukehren und die Vergebung der Sünden zu erlangen, so oft er dieser Vergebung bedarf und den guten Willen zur Abkehr vom Bösen bezeugt. Verweigert wird die Vergebung nur jenen, die hartnäckig in schwerer Schuld verharren und sich letztendlich nicht zur Abkehr von der Sünde bereit erklären.

Seien wir dankbar für diese überreiche Liebe Gottes zu uns, seien wir dankbar für dieses besondere Sakrament von Gottes Barmherzigkeit.

Amen.

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