“Liturgiereform ist kein Glasperlenspiel”
Deutschland
Wie kann man Gottesdienst so feiern, dass die Besucher sich wirklich angesprochen fühlen? Mit dieser Frage beschäftigen sich bis Samstag rund 300 Liturgiewissenschaftler, Kirchenmusiker, Architekten und Geistliche aus 31 Ländern. Sie treffen sich beim Kongress der “societas liturgica” in Würzburg. Die Vereinigung war im “ökumenischen Aufschwung” nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gegründet worden. Auch der Schweizer Kurienkardinal und vatikanische Ökumene-Verantwortliche Kurt Koch ist dabei.
Das grosse Thema des Kongresses ist die Liturgiereform des Konzils. Nach 50 Jahren blicke man gemeinsam zurück, wolle aber vor allem eine Zukunftsperspektive entwickeln, betonte Martin Stuflesser gegenüber dem Münchner Kirchenradio. Der Würzburger Liturgieprofessor fügte an:
“Es ist so, dass die Generation, die z. B. am Zweiten Vatikanischen Konzil selber noch aktiv teilgenommen hat, jetzt allmählich abtritt. Daher ist es sinnvoll, den Blick zurück zu schauen, was denn damals die Intentionen waren und was davon umgesetzt wurde. Es geht also darum, kritisch Zukunftsperspektiven zu erarbeiten. Wir wollen uns fragen, was denn die Hausaufgaben wären, die man für die nächsten 50 Jahre umsetzen müsste. Ziel ist, dass die Menschen wieder Zugang zum Gottesdienst finden.”
Gerade Menschen, die mit den traditionellen Ritualen nicht mehr vertraut seien, wolle man deshalb künftig besser erreichen, sagte Stuflesser. Die Menschen sollten tätig teilnehmen können und den Gottesdienst nicht nur als passive Nutzer erleben. Als Experimentierfeld nutzen die Wissenschaftler die zweimal täglich stattfindenden Gottesdienste des Kongresses. Morgens, so berichtete Stuflesser, versuche man sich an innovativen, ökumenischen Formen des Morgengebets.
“Es war das Anliegen der ‘societas´, einen Rückblick zu wagen auf 50 Jahre Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils. Gleichzeitig geht es auch um das 50-jährige Bestehen der ökumenischen Bewegung. Wir widmen unsere Zeit auch den Liturgiereformen in den Kirchen. Das ist bewusst in der Mehrzahl formuliert, weil wir Teilnehmer aus unterschiedlichsten kirchlichen Gruppierungen haben und das schliesst Traditionen mit ein. Wir fragen nach Kirchenmusik und Architektur oder z. B. auch nach ganz praktischen Fragen, wie lebensrelevant überhaupt eine Liturgiereform ist. Schon das Zweite Vatikanische Konzil sagt ja in seinem ersten Dokument der Liturgiekonstitution, dass es darum geht, das Leben der christlichen Kirchen zu vertiefen. Liturgiereform ist kein akademisches Glasperlenspiel, wo Professoren etwas Lustiges ausdenken. Liturgiereform ist ein Dienst an der Erneuerung der Kirche im Geiste des Evangeliums.”
Die Abendgottesdienste beim Kongress in Würzburg werden traditionell nach den Riten der unterschiedlichen beim Kongress vertretenen Glaubensrichtungen gefeiert. So werde der Reichtum der Möglichkeiten und auch der musikalischen Traditionen sichtbar. Die Würzburger nutzen offenbar gern die Chance, auch einmal ungewohnte Gottesdienstformen kennen zu lernen, die 600 Liedhefte beim Eröffnungsgottesdienst im Kiliansdom reichten jedenfalls bei weitem nicht aus für alle Besucher.
muenchner kirchenradio 07.08.2013 mg
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