Seligsprechung Kardinal Newman 19.9.2010

Einer der Gründe für den Papstbesuch in Grossbritannien

John Henry Kardinal Newman CO, geboren am 21. Februar 1801 in London, gestorben am 11. August 1890 in Edgbaston war Pfarrer an der Universitätskirche in Oxford und Dozent  der Theologie  in der Kirche von England. Durch sein akademisches und literarisches Wirken sowie durch seine Konversion  zur katholischen Kirche beeinflusste er das geistige Leben Englands  und Europas  im 19. und 20. Jahrhundert tief. Er gehört zu den Wegbereitern eines vor dem Wissenshorizont der Moderne verantworteten Katholizismus.

Leben
John Henry Newman wurde am 21. Februar 1801 in London geboren. In seinem Elternhaus herrschte die Atmosphäre eines christlich geprägte Bildungsbürgertum. Als Fünfzehnjähriger geriet er in eine geistig-religiöse Krise, verursacht durch die altersbedingte Identitätsproblematik und die Lektüre religionskritischer Schriften. Die Krise mündete in einer Hinwendung zum „evangelikalen”, d.h. entschieden frommen Anglikanismus („erste Bekehrung“). Gott war und blieb ihm seitdem die unbezweifelte und alles bestimmende Gewissensstimme.

1817 trat Newman als Student der Theologie ins Trinity College (Oxford) ein, wo er seine Bildung in vielen Wissensbereichen vertiefte und bald akademische Grade erlangte. Im April 1822 wurde er zum Fellow im Oriel College (Oxford) gewählt. Im Juni 1824 wurde er Kurat an der St Clemens Kirche in Oxford. 1826 wurde er zum Tutor am Oriel-College Oxford ernannt. 1828 wurde er Pfarrer an St. Mary’s Oxford. 1831 wurde er zum Universitätsprediger ernannt. 1832 unternahm er eine Italienreise, die ihn auch nach Rom führte. Als er auf Sizilien lebensgefährlich erkrankte, erkannte er: “Ich werde nicht sterben, denn ich habe nicht gegen das Licht gesündigt. (…) Ich habe ein Werk in England zu vollbringen.” Auf der Heimreise, auf See, entstanden 1833 einige seiner berühmten Gedichte, etwa The pillar of the cloud (“Lead, kindly light..”).

In dieser Zeit wandte er sich von der Subjektzentriertheit der evangelikalen Frömmigkeitstheologie ab und einer objektiv-sakramentalen Sicht von Kirche und Christentum zu. Dabei spielte das Studium der auch in der anglikanischen Kirche normativen Theologen der Alten Kirche die entscheidende Rolle. Newman wurde neben John Keble und Edward Bouverie Pusey zum führenden Kopf der anglo-katholischen Bewegung, die eine Erneuerung der Kirche von England aus Lehre und Liturgie der Alten Kirche anstrebte.

Ab 1840 stellte sich für Newman jedoch die Frage nach der Legitimität des Anglikanismus. Je mehr er von einem starren, sich direkt aus der Bibel ableitenden  Dogmatismus evangelikaler Art zu einer organischen, die geschichtliche Entwicklung des kirchlichen Lehrgebäudes (wie aus einem Saatkorn) akzeptierenden Sicht gelangte, desto unwiderlegbarer war für ihn die römische Kirche die wahre und legitime Fortsetzung der Urkirche. Gleichzeitig hatten Reisen sein Wissen um die katholische Religiosität erweitert und korrigiert.

Die andere Front seines Denkens blieb (vor und nach der Konversion) die Ablehnung des theologischen Liberalismus, der dogmatischen Formulierungen keine Verbindlichkeit zuerkennt und sich auf Moralität und Gefühl zurückzieht.

Nach langen inneren Kämpfen wurde er im Oktober 1845 durch Dominic Barberi in die katholische Kirche aufgenommen. Am Dreifaltigkeitssonntag 1847 wurde er in Rom zum Priester geweiht.  Mit seinen Gefährten wurde er Mitglied der *Oratorianergemeinschaft, die er in England einpflanzte und leitete.

Newmans Leben nach der Konversion war von Anfeindungen auf anglikanischer und Misstrauen auf katholischer Seite geprägt. Dort sah man in ihm den Apostaten , hier den immer noch von liberal-protestantischen Kategorien beherrschten Denker. So wurde ihm das Rektorat der neu gegründeten Katholischen Universität von Irland in Dublin nach wenigen Jahren wieder entzogen. Durch sein großes seelsorgliches Gespür, seine schattenlose Aufrichtigkeit und seine hohe Intellektualität, die in seiner Korrespondenz und seinen Büchern zum Ausdruck kamen, erwarb er sich aber auf allen Seiten zunehmend Achtung und Respekt. Durchschlagend war dabei seine Lebensrechtfertigung „Apologia pro vita sua“ (1864), mit der er auf die heftigen Attacken von Charles Kingsley gegen seine Glaubwürdigkeit antwortete. Seine “Grammar of Assent” (1870) ist auch als wichtiger Beitrag zur Analysis fidei zu lesen.

Die Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit in amtlichen Lehrentscheidungen auf dem Ersten Vatikanischen Konzil hielt Newman zwar für taktisch inopportun, aber inhaltlich für richtig. Sie wurde daher von ihm akzeptiert und regte ihn zur weiteren Klärung der Autoritätsfrage in der Kirche an.
1877 erhielt Newman den Titel „Honorary Fellow“ seiner alten Oxforder Universität, 1879 wurde er von Papst Leo XIII. zum Kardinal ernannt mit der Titelkirche San Giorgio in Velabro und damit auf beiden Seiten des konfessionellen Grabens anerkannt und geehrt.

Newman starb am 11. August 1890 in Edgbaston. Zum Zeitpunkt seines Todes war er Kardinalprotodiakon.

Wie im Januar 2008 der Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Kardinal José Saraiva Martins, in einem Interview des Osservatore Romano bekannt gab, steht die Selisprechung “unmittelbar bevor”. Am 11. August 2008, an Newmans 118. Todestag, erteilte das britische Justizministerium die Genehmigung, die sterblichen Überreste von Kardinal Newman zu exhumieren und in einen Sarkophag in die Oratorianer-Kirche von Birmingham zu überführen. Bei der Exhumierung des Grabes in Rednal am 3. Oktober 2008 wurden im Sarg lediglich Reste von Kleidern gefunden. Am 3. Juli 2009 hat Papst Benedikt XVI.  das Dekret autorisiert, das die Authentizität des **Wunders anerkennt, welches der Fürbitte des Ehrwürdigen Dieners Gottes Kardinal John Henry Newman zugeschrieben wird. Am 19. September 2010 wird Papst Benedikt XVI. den Diener Gottes John Henry Newman bei einem Gottesdienst im Cofton Park Birmingham selig sprechen.
* Oratorium des Hl. Philipp Neri
 Heiligenlexikon John Henry Kardinal Newman
**Wunder: Ein US-amerikanischer Diakon hatte 2001 sechs Tage nach der Operation einer Spinalen Stenose (Verengung des Wirbelkanals) plötzlich keine Schmerzen mehr gehabt, nachdem er Kardinal Newman angerufen hatte. Dies hat die katholische Kirche 2009 als Wunder anerkannt.

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