“Pax vobis, Salam aleikum!”

Öffentliche Sicherheit und islamische Willkommensgrüsse:  SF: Kardinal Kurt Koch

Der Libanon erwartet Papst Benedikt XVI.

Beirut, die Tagespost, 12. September 2012, von Oliver Maksan

Es ist nicht zu übersehen: Der Papst kommt. Überall winkt, grüsst und segnet Benedikt XVI. in Beirut von riesigen Plakaten oder Videoleinwänden herab. Im libanesischen Fernsehen erklingt aus dem Mund des Papstes in zahlreichen unterschiedlichen Werbespots immer wieder das Leitmotiv seiner morgen beginnenden 24. Apostolischen Reise: “Pax vobis, Salam aleikum – Friede sei mit Euch!”

Die Erwartungen im Libanon sind hoch – auf allen Ebenen. Taxifahrer Nur, ein Schiit, meint, als er seinen alten Mercedes durch das Meer von päpstlichen und libanesischen Flaggen lenkt, die die Laternenmasten zieren: “Ich freue mich, dass Baba Benediktus kommt. Er soll Schiiten und Sunniten an einen Tisch bringen. Das hilft auch Euch Christen, wenn wir uns vertragen.”

Verschiedene islamische Führer des Landes, mit denen der Heilige Vater am Samstagmorgen im Präsidentenpalast zusammentreffen wird, haben derweil den Papst ebenfalls willkommen geheissen. Der sunnitische Grossmufti des Landes, Scheich Raschid Quabbani, sagte der Zeitung “Daily star” zufolge, dass die Sorgen der orientalischen Christen um ihre Zukunft ein Thema der Diskussion mit dem Papst sein würden. “Wir werden daran arbeiten, die Sorgen zu beseitigen, die mit dem Wandel in der arabischen Welt aufgekommen sind.”

Der schiitische Geistliche Sayyed Mohammed Hasan Al Amin nannte den Besuch Papst Benedikts gar “gesegnet” und brachte ihn mit der Libanonreise des seligen Papstes Johannes Paul II. 1997 in Verbindung. “Das ist ein Zeichen, dass der Libanon einen hohen Stellenwert im Vatikan einnimmt.”

Aus der Reihe der zahlreichen hochrangigen islamischen Willkommensgrüsse brach der sunnitische, in Tripoli ansässige Geistliche Scheich Omar Bakri aus. “Der Papst hat sich nicht für die beleidigenden Bemerkungen gegen den Propheten Mohammed und den Islam entschuldigt, die er 2006 in Deutschland gemacht hat”, so Bakri auf die Regensburger Rede des Papstes Bezug nehmend. “Was der Papst über den Islam gesagt hat, sei es persönlich oder indem er einen byzantinischen Kaiser zitiert hat, ist ein Grund, gegen seinen Besuch zu sein.”

Christliche und moslemische Jugendliche haben sich derweil gestern mit einem grossen interreligiösen Gebetstreffen im Zentrum von Beirut auf den Besuch des Papstes vorbereitet. Die Initiative trug den Titel “Gemeinsam für den Frieden in Liebe, Freiheit und Sicherheit”. Wie Pater Antoine Daoud, der Sekretär der Bischofskonferenz für den Dialog mit dem Islam, laut der Stiftung “Pro oriente” mitteilte, wolle man mit dem volkstümlichen Nationalfest der ganzen Welt zeigen, dass der Libanon auch “in diesem historischen Moment das Land des Miteinanders von Christen und Muslimen” ist. “Alle Libanesen, alle politischen und religiösen Führungspersönlichkeiten, auch die der Hisbollah, der Drusen und der Sunniten, erwarten den Papstbesuch als eine Gnade für den Libanon, als einen Augenblick wahrhafter nationaler Einheit, um der ganzen nahöstlichen Welt zu zeigen, dass der Libanon ein Modell des Zusammenlebens sein kann.”

Auf einen Schub für das christlich-islamische Zusammenleben hofft auch der griechisch-katholische Patriarch Gregorios III. Laham. Er wird den Heiligen Vater nach seiner Ankunft am Mittag am Freitagabend um sechs in seiner Kathedrale in Harissa bei Beirut erwarten. Dort soll der Papst das nachsynodale Apostolische Schreiben “Die Kirche im Nahen Osten” unterzeichnen, das er dann am Sonntag bei der grossen Freiluftmesse im Zentrum von Beirut den Bischöfen überreichen wird. Der italienischen Agentur SIR sagte der Patriarch am Montag: “Wenn es Christen und Muslimen gelingt, hier im Orient vereint zu sein, dann wird die ganze Welt davon profitieren. Wir müssen um die Versöhnung ringen. Wenn das nicht gelingt, wird die Zukunft düster sein.” Für Verärgerung hatte im Vatikan gesorgt, dass die Begrüssungsansprache des Patriarchen an den Papst bereits vergangene Woche auf der offiziellen libanesischen Internetseite des Papstbesuchs publiziert worden war. Darin forderte der Patriarch den Papst auf, dass der Heilige Stuhl den Palästinenserstaat anerkennen solle. Vatikansprecher Federico hat am Dienstag in Rom dazu nicht direkt Stellung bezogen aber gesagt, dass sich Grussadressen ändern könnten. Zudem sei es keine übliche Praxis, Grussansprachen schon zwei Wochen vorher zu veröffentlichen. Er habe dies den Verantwortlichen der Internetseite auch mitgeteilt.

Unterdessen laufen die Sicherheitsvorkehrungen an den Orten des Papstbesuchs auf Hochtouren. So sagte Innenminister Marwan Charbel der Zeitung Annahar kürzlich, dass noch bei keinem Staatsbesuch derartig hohe Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden seien. Man sei auf alle Eventualitäten vorbereitet. Die Behörden teilten der Bevölkerung unterdessen mit, dass es zu massiven Beeinträchtigungen des öffentlichen Verkehrs während des Besuchs kommen werde. So wird der Verkehr auf den Zufahrtsstrassen ganz oder teilweise unterbrochen werden. Ausserdem ist das Parken von Autos in bestimmten Gebieten während des Besuchs nicht gestattet. Die Behörden wollen so die Möglichkeit von in Autos deponierten Bomben ausschliessen. Ganz in der Nähe des Geländes der Freiluftmesse war der libanesische Ex-Premierminister Rafik Hariri 2005 von einer Bombe in einem Auto getötet worden.

Insgesamt hält sich der Papst vom Beiruter Flughafen “Rafik Hariri” abgesehen an sechs verschiedenen Orten auf. Zwei davon, der Präsidentenplast und das Gelände der Freiluftmesse am Sonntag, liegen in Beirut. Die restlichen vier wie Bkerke, wo der Papst am Samstagabend die Jugend trifft, oder die Apostolische Nuntiatur in Harisaa, wo der Heilige Vater nächtigen wird, befinden sich einige Kilometer nördlich der Hauptstadt. Trotz der Einschränkungen für die Beiruter können sich die Staatsangestellten am Samstag über einen arbeitsfreien Tag freuen. Den hatte Premierminister Najib Mikati zu Ehren des Papstes am Samstag bekannt gegeben. Gestern rief er während einer Sitzung des Kabinetts ausserdem alle Libanesen dazu auf, zahlreich am Besuch des Papstes teilzunehmen.

SF:Kardinal Kurt Koch: Papst reist in den Libanon
Fides Dienst: “Gemeinsam für den Frieden”
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