Reisepapst im Dienst des Friedens
Der interreligiöse Dialog und die friedensfördernde Kraft der Religionen waren Papst Franziskus bei seinen Auslandsreisen ein besonderes Anliegen
Quelle
“Er scheute sich nicht, unbequeme Wahrheiten auszusprechen” | Die Tagespost
26.04.2025
Die erste Auslandsreise führte Papst Franziskus – wie schon seinen Vorgänger – zum Weltjugendtag (WJT). War Benedikt XVI. knapp vier Monate nach seiner Wahl zum WJT nach Köln gereist, so flog Franziskus gut vier Monate nach seiner Wahl am 13. März 2013 zum WJT nach Rio de Janeiro.
Damit enden allerdings die Gemeinsamkeiten. Denn trotz einiger Ausnahmen – von Angola über Jordanien bis Zypern – wählte Papst Benedikt für seine Auslandsreisen große europäische Länder mit christlicher Tradition. Frankreich, Deutschland, Spanien und Polen wurden von ihm am häufigsten besucht.
Papst Franziskus sprach von Anfang an von den “Peripherien” als bevorzugten Orten seines Pontifikats. Bedeutete dies zunächst einmal eine Option für die “Ränder” der Gesellschaft, so hieß das auch, dass ihn seine Auslandsreisen vor allem in Länder führen sollten, die sich “am Rand” befinden. Knapp die Hälfte seiner Auslandsreisen führte den Papst zwar nach Europa. Ziele waren hier jedoch nicht die erwähnten “klassischen” Länder, in die Benedikt und auch Johannes Paul II. wiederholt gereist waren. Stattdessen flog Franziskus lieber nach Albanien, in die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland oder nach Bosnien, Nordmazedonien und Malta.
Ende Mai 2014 reiste Franziskus ins Heilige Land. Der Anlass war der 50. Jahrestag der Begegnung von Papst Paul VI. mit dem orthodoxen Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Athenagoras; Franziskus’ Absicht war es, den damals begonnenen “Dialog der Liebe” mit dem amtierenden Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I., fortzusetzen und zu vertiefen. Im August desselben Jahres begab sich der Heilige Vater aus Anlass des VI. Asiatischen Jugendtags in die Republik Korea.
Erste Auslandsreise nach Albanien
Als Ziel seiner ersten Auslandsreise ohne konkreten Anlass wählte der Papst Albanien. Für ihn war das Land wegen seiner zentralen Lage auf dem Balkan von besonderer Bedeutung. Albanien ist ein Brennpunkt in vielerlei Hinsicht, ein Land, das mehrheitlich muslimisch ist (56 Prozent) und in dem die Christen (16 Prozent Katholiken, sieben Prozent Orthodoxe) in der Minderheit sind. Franziskus würdigte das Positive, etwa das gute Zusammenleben der Religionen, und setzte damit ein Zeichen gegen Intoleranz im Namen Gottes.
Bereits auf der Reise nach Albanien wurde ein weiterer Schwerpunkt bei der Auswahl der Auslandsreisen des Papstes deutlich: der interreligiöse Dialog. Auch bei seinem Besuch in Sri Lanka im Januar 2015 unterstrich Franziskus die Bedeutung des Dialogs für ein friedliches Miteinander der Religionen, für ein besseres Verständnis und gegenseitige Achtung. Er unterstrich , dass “dieser Dialog und diese Begegnung, um erfolgreich zu sein, auf eine vollständige und freimütige Darlegung der jeweiligen Überzeugungen gegründet sein” müssen.
Der interreligiöse Dialog und die Ökumene sollten dazu beitragen zu erkennen, “dass man weder seine ethnische noch seine religiöse Identität aufgeben muss, um mit den Brüdern und Schwestern in Harmonie zu leben”. Religiöse Überzeugungen dürften nicht zur Rechtfertigung von Gewalt und Krieg missbraucht werden. Um den Frieden zwischen den Religionen bat er – als “Pilger für den Frieden” – ebenfalls auf seiner Tagesreise nach Sarajevo am 6. Juni 2015.
Auf die Bedeutung der Religion – “nicht als Problem, sondern als Teil der Lösung” – für den Weltfrieden wies der Heilige Vater bei seinem Besuch in Ägypten am 28. und 29. April 2019 hin. Dafür seien aber, so der Papst, eine strikte Trennung von Religion und Politik, sowie Religionsfreiheit und die Absage an jede Form der Gewalt im Namen der Religion erforderlich.
Dialog mit dem Islam
Ein historisches Datum für den interreligiösen Dialog und insbesondere für das christlich-islamische Verhältnis stellte der erste Besuch eines Papstes auf der arabischen Halbinsel dar: Franziskus besuchte die Vereinigten Arabischen Emirate Anfang Februar 2019. Am vierten Februar unterzeichnete der Heilige Vater mit dem Großimam von Al-Azhar, Ahamad al-Tayyib, das Dokument über die “Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt”. Darin heißt es, dass Gott “alle Menschen mit gleichen Rechten, gleichen Pflichten und gleicher Würde geschaffen hat und (…) sie dazu berufen hat, als Brüder und Schwestern miteinander zusammenzuleben, die Erde zu bevölkern und auf ihr die Werte des Guten, der Liebe und des Friedens zu verbreiten.” Religionen dürften “niemals Krieg, Hass, Feindseligkeit und Extremismus anregen. Sie dürfen auch nicht zu Gewalt oder Blutvergießen anstacheln.”
Die “Kultur des Dialogs, die gegenseitige Achtung und Anerkennung sowie das Recht auf freie Religionsausübung für alle” standen ebenso im Mittelpunkt der Reisen von Papst Franziskus nach Marokko im März 2019 sowie nach Thailand im November 2019. Im Zeichen des Dialogs der Religionen fand ebenso die “Interreligiöse Begegnung” auf der Ebene von Ur am sechsten. März 2021 statt. Dort, im Urland Abrahams, begann Franziskus seine Ansprache mit den Worten: “Dieser gesegnete Ort führt uns zurück zu den Anfängen, zu den Quellen des göttlichen Werkes, zum Ursprung unserer Religionen.
Hier, wo unser Vater Abraham lebte, scheint es uns, als würden wir nach Hause zurückkehren.” Und weiter: “Von diesem Quellort des Glaubens aus, vom Land unseres Vaters Abraham aus bekräftigen wir: Gott ist barmherzig und die größte Beleidigung und Lästerung ist es, seinen Namen zu entweihen, indem man den Bruder oder die Schwester hasst. Feindseligkeit, Extremismus und Gewalt entspringen nicht einer religiösen Seele – sie sind Verrat an der Religion. Und wir Gläubigen dürfen nicht schweigen, wenn der Terrorismus die Religion missbraucht.”
Appell zum Dialog
Im Gegensatz zum Irak, den erstmals ein Papst besuchte, war Franziskus’ apostolische Reise nach Kasachstan im September 2022 der zweite Besuch eines Papstes in dem zentralasiatischen Land, das an China und Russland angrenzt. In Nur-Sultan nahm Franziskus an einem Weltkongress der Religionen teil, den Kasachstan seit zwanzig Jahren im Drei-Jahres-Abstand veranstaltet. An Religions- und Kirchenvertreter aus fünfzig Ländern richtete der Papst einen eindringlichen Appell zum Dialog: “Es gibt zu viel Hass und Spaltung, zu viel Mangel an Dialog und Verständnis für den Anderen”, so der Pontifex. “Wir können nicht so weitermachen, gleichzeitig verbunden und getrennt, vernetzt und zerrissen durch zu viel Ungleichheit.”
Auch bei seiner Reise ins Königreich Bahrein Anfang November 2022 sprach Franziskus von der Verantwortung der Religionen, sich gemeinsam für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen. Zum Abschluss des “Bahrain Forum for Dialogue: East and West for Human Coexistence” (“Bahrain-Forum für Dialog: Ost und West für ein menschliches Zusammenleben”) sagte der Papst: “Bei diesen Themen, die in diesen Tagen diskutiert werden, können die Religionsführer nicht umhin, sich einzusetzen und ein gutes Beispiel zu geben. Wir haben eine spezifische Rolle zu erfüllen, und dieses Forum bietet uns eine weitere Gelegenheit dazu. Es ist unsere Aufgabe, die ebenso voneinander abhängige wie voneinander getrennte Menschheit zu ermutigen und ihr zu helfen, gemeinsam unterwegs zu sein.”
Vom 30. August bis zum 4. September 2023 reiste Papst Franziskus in die Mongolei. Es war die 43. Auslandsreise des Franziskus und der erste Besuch eines Papstes in dem Land zwischen Russland und China. Dass die katholische Kirche an den Dialog zwischen den Religionen glaube, gründe sich – so der Heilige Vater – auf “den ewigen Dialog zwischen Gott und der Menschheit”. Der interreligiöse Dialog ist für Papst Franziskus jedoch kein Selbstzweck. In der Mongolei hat er ihn mehrfach mit dem Gedanken verbunden, dass die Religionen die Aufgabe hätten, “das friedliche Miteinander in einer von Streit und Zwietracht zerrissenen Welt zu fördern” – daher die von ihm unterstrichene Bedeutung der Harmonie unter den Religionen.
Der Einsatz für den interreligiösen Dialog und das friedliche Zusammenleben der Religionen zog sich also wie ein roter Faden durch die vielen Auslandsreisen von Papst Franziskus.
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