Zwei Frauen und ihre Kinder begegnen sich
Fest Mariä Heimsuchung B (02.07.2018)
L1: Zef 3,14–18 oder Röm 12,8–16b Ev: Lk 1,39–56
Josef Spindelböck
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Das Patrozinium der Pfarr- und Wallfahrtskirche von Maria Laach am Jauerling fällt auf den 2. Juli, nämlich auf das Fest Mariä Heimsuchung. Der Inhalt dieses Festes ist der Besuch der Jungfrau Maria bei ihrer Verwandten Elisabeth.
Beide Frauen waren gesegneten Leibes und erwarteten ein Kind: Die Jungfrau Maria hatte durch das Wirken des Heiligen Geistes den Erlöser Jesus Christus empfangen; Elisabeth war trotz ihres hohen Alters noch Mutter geworden und trug den kleinen Johannes unter ihrem Herzen, der später als Johannes der Täufer bekannt werden sollte und die Menschen auf das Kommen Jesu Christi vorbereitete. Sein Geburtsfest haben wir am 24. Juni gefeiert.
Nun aber begegnen sich die beiden Frauen! Denn Maria hat beschlossen, ihre ältere Verwandte Elisabeth zu besuchen. Beide Frauen teilen ihre Herzensgeheimnisse miteinander und preisen das Wirken Gottes. Sicher hat die jüngere Maria ihre Verwandte Elisabeth auch nach Kräften im Haushalt unterstützt, als sie bei ihr war.
Die Heimsuchung Marias – also der Besuch der Jungfrau Maria bei ihrer Verwandten Elisabeth – ist dargestellt am Hochaltar der Kirche von Maria Laach, wenn der Doppelflügelaltar geöffnet ist. Wir sehen rechts oben das Bild von der Begegnung der beiden Frauen! Im Hintergrund erscheint die Stadt Ain-Karim, wo Elisabeth und ihr Mann Zacharias wohnten. Dieser Ort liegt im Bergland von Judäa, ziemlich nahe bei Jerusalem, sodass Ain Karim heute eine Vorstadt Jerusalems ist.
Vielleicht hat der heilige Josef Maria dorthin begleitet, denn eine junge Frau brauchte wohl einen entsprechenden Schutz, wenn sie diesen weiten Weg von immerhin fast 150 Kilometern zurücklegen wollte. Möglicherweise gab es auch eine Reisegruppe, der sich Maria anvertrauen konnte.
Wie stehen die beiden Frauen zueinander? Ist es nur eine besonders herzliche und innige verwandtschaftliche Beziehung zwischen Maria und Elisabeth? Beachtlich ist der Altersunterschied, der die beiden Frauen voneinander trennt. Und doch sind sie einander ganz nahe: Diese Nähe ist durch eine besondere Form des Verständnisses und der Liebe gekennzeichnet. Die beiden Frauen kennen sich und vertrauen einander. Elisabeth weiss, dass Maria in einer besonderen Verbindung zu Gott steht. Vom Heiligen Geist erleuchtet ruft sie daher aus:
„Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“ (Lk 1,43) Die altehrwürdige Frau des Priesters Zacharias erkennt also in der Jungfrau Maria die Mutter ihres Herrn. Sie hat eine Ahnung davon, ja eine wahrhaft göttliche Inspiration, dass Maria ein Kind unter ihrem Herzen trägt, das der Erlöser der Menschen sein wird.
Elisabeth ist wirklich begeistert, denn Gottes Heiliger Geist hat sie erleuchtet. So spricht sie jene Worte, die auch wir im „Gegrüsset seist du, Maria“ beten: „Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.“ (Lk 1,42). Und dann berichtet Elisabeth von einer unglaublichen Erfahrung: „In dem Augenblick, als ich deinen Gruss hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.“ (Lk 1,44). Die Freude der Mütter über ihr Wiedersehen – und wir dürfen sagen: dies war nicht nur eine menschliche Freude, sondern eine von Gott geschenkte übernatürliche Freude –; eben diese Freude überträgt sich auch auf die Kinder, die einander noch nicht kennen und die einander über die Stimmen ihrer Mütter wahrnehmen, obwohl sie beide noch nicht geboren sind.
Dies alles stimmt überein mit dem, was uns die Psychologie darüber sagt, wie gross der Einfluss einer Mutter auf ihr ungeborenes Kind sein kann. Freuen wir uns über jene denkwürdige Begegnung der beiden Frauen und ihrer Kinder und loben und preisen wir Gott!
Elisabeth preist Maria: „Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen liess.“ (Lk 1,45).
Maria hat der Botschaft des Engels geglaubt und im Glauben ihr Ja gesagt. So hat sie den Sohn Gottes vom Heiligen Geist empfangen und ist Mutter Gottes geworden. Dieses Kind Jesus trägt sie jetzt unter ihrem Herzen, als sie ihrer Verwandten Elisabeth begegnet.
Nun aber ist es an Maria zu antworten. Sie tut dies und kann dies nicht anders tun als mit einem Lobgesang auf die Güte und Macht Gottes; sie singt das „Magnifikat“, das inzwischen zu einem festen Bestandteil des Stundengebetes der kirchlichen Liturgie geworden ist: „Meine Seele preist die Grösse des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.“ (Lk 1,47).
Gott selbst ist es also, der all dieses Grosse bewirkt hat! Ihm gebührt die Ehre, ihm gehört der Lobpreis. Indem Maria Gott den Herrn für alles Wunderbare in ihrem Leben und im Volk Israel preist, eignet sie sich aufs Neue in tiefer Freude all das an, was Gott ihr geschenkt hat. Auch Elisabeth stimmt ein in dieses Lob, indem sie aufmerksam zuhört und es in ihrem Herzen bewahrt.
Die Pfarrkirche von Maria Laach ist ein Heiligtum, wo das Gedächtnis an die Heimsuchung Marias mit besonderer Liebe und Ehrfurcht gefeiert wird. Wir sind heute diesen beiden Frauen nahe und auch ihren Kindern. Oder noch besser und richtiger: Die Fürbitte der heiligen Gottesmutter Maria und der heiligen Elisabeth begleitet uns vom Himmel her und führt uns hin zum Geheimnis des Erlösers Jesus Christus, das der heilige Johannes der Täufer ankündigen und vorbereiten durfte.
Amen.
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