Predigten zum Fest Mariä Himmelfahrt 22. August 2010

Köni­gin des Him­mels – den Men­schen nahe  UPDATE

Glaubenswahrheit
Maria Himmelfahrt – Diverse Beiträge

Im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Geis­tes. Amen.

Geliebte im Herrn

Am ver­gan­ge­nen Sonn­tag begin­gen wir das Fest der Auf­nahme Mari­ens in den Him­mel. Heute, am 8. Tage nach die­sem Fest, fei­ern wir das Fest Maria Köni­gin, bewun­dern also ihre Stelle und die Stel­lung, die sie im Him­mel erreicht hat als Köni­gin des Him­mels. Dazu passt auch die Über­le­gung, die wir ange­stellt haben; denn wir hat­ten uns vor­ge­nom­men zu beden­ken, was der Heim­gang Mari­ens bedeu­tet. Wir hat­ten eine zwei­fa­che Bedeu­tung fest­ge­stellt, näm­lich ers­tens: Sie ist heim­ge­kom­men zu ihrem Sohne und Gotte, und zwei­tens: Sie ist uns nahe gekom­men. Am ver­gan­ge­nen Sonn­tag bedach­ten wir, dass sie heim­ge­kom­men ist. Wenn sie heim­kam zu ihrem Sohne, dann kam sie zu ihrem Gotte. Heute bleibt uns zu über­le­gen, was es bedeu­tet, wenn wir sagen: Sie ist uns nahe gekom­men.

Am Tage ihres Heim­gangs wurde ihr Dasein erfüllt. Sie hat die Selig­keit bei Gott erlangt, die ewige Freude in der himm­li­schen Herr­lich­keit. Und weil ihr Dasein erfüllt wurde, ist auch ihr Wir­ken erfüllt wor­den. Jetzt ist ihr Kön­nen erst rich­tig auf­ge­blüht. Als sie auf Erden wan­derte, war alles nur ein Anfang. Das war nur eine Vor­be­deu­tung. Auf ihre Bitte hin hat Jesus in Kana Was­ser in Wein ver­wan­delt, das erste Wun­der. Aber es war eben nur ein klei­ner Vor­ge­schmack; es war der Anfang der Wun­der, wie der Evan­ge­list schreibt. Sie selbst wurde in einer gro­ssen Ferne gehal­ten. „Frau, was habe ich mit dir zu tun?“ Eine Fremde, die selbst den Umste­hen­den auf­fiel. Damals war nicht ein­mal seine Stunde gekom­men, und noch viel weni­ger die ihrige. Jetzt aber, mit ihrem Heim­gang, ist ihre Stunde gekom­men. Jetzt ist ihre Stunde bei ihm gekom­men. Jetzt ist ihm alle Gewalt in seine Hände gege­ben, und diese Hände stre­cken sich jetzt der Mut­ter ent­ge­gen, dass sie sie ergreife und lenke. Der Wille Got­tes ist jetzt in die Hand des Hei­lan­des gelegt, weil er mit dem Vater eins ist. Nun muss aber auch die­ser Wille in der Hand Mari­ens gelin­gen, denn sie ist ja mit ihrem Sohne eins.

Alles, was beim Pro­phe­ten Isaias vom „Knechte Got­tes“ aus­ge­sagt wurde, das muss auch für die Magd Got­tes gel­ten, also die Ernied­ri­gung und die Erhö­hung, das grosse Leid und das grosse Glück, der Gehor­sam und die Macht, die Ver­las­sen­heit und die ewige Nach­kom­men­schaft. Weil diese Mut­ter ihr ein­zi­ges Kind geop­fert hat, des­we­gen muss sie die vie­len zu eigen gewin­nen, die vie­len, die zu ihrem Sohne gehö­ren, die Brü­der ihres Soh­nes sind. Und ihr Wille muss jetzt durch sie gelin­gen.

Wir brau­chen nicht viele Worte zu machen, meine lie­ben Freunde, denn wir wis­sen, dass Maria lebt und wirkt und mäch­tig ist. Mil­lio­nen­fach tönt es ihr ent­ge­gen: „Gedenke, o gütigste Jung­frau, es ist noch nie erhört wor­den, dass jemand zu dir seine Zuflucht genom­men und von dir sei ver­las­sen wor­den.“ Mil­lio­nen­fach! Wenn die­ses him­mel­stür­mende und welt­um­fas­sende Ver­trauen aber ver­geb­lich wäre, wenn es getäuscht würde, dann wäre es längst zusam­men­ge­bro­chen. Es lebt aber und strömt durch alle Zei­ten. Es muss also erfüllt wer­den, und es wird erfüllt. Ist das nicht eine schier gren­zen­lose Wirk­sam­keit? Wel­cher Mensch könnte von sich sagen, dass er ein sol­ches Ver­trauen auf sich gezo­gen hätte wie die Mut­ter des Herrn? Wer hätte ein sol­ches Ver­trauen von Jahr­tau­sen­den auf­bauen und erfül­len kön­nen anders als die Mut­ter Jesu? Da kön­nen wir end­lich sehen, wer eigent­lich die Macht und das Kön­nen und das Wir­ken in sei­ner Hand hat. Wir ver­fal­len immer dem Irr­glau­ben, dass sie auf Erden Leben­den etwas aus­zu­rich­ten ver­möch­ten. Aber was kön­nen die schon aus­rich­ten, diese altern­den, diese müde wer­den­den, diese tod­ge­weih­ten Men­schen? Sie ver­mö­gen viel­leicht einen Wol­ken­krat­zer zu bauen wie jetzt in Dubai, oder auch ein Häus­chen, aber es fällt bald wie­der ein. Sie errich­ten ein Reich, aber es wird auch wie­der ein­ge­ris­sen. Sie ent­de­cken eine neue Ein­sicht, aber sie ver­ges­sen wie­der, was sie erkannt haben. Es ist nicht leicht zu sagen, was auf unse­rer Erde Bedeut­sa­mes geschieht. Man hat gemeint, dass alles, was auf Erden geschieht, durch die Hun­ger­peit­sche und durch den Lust­trieb geschehe. Was wäre das erbärm­lich! Das wäre doch nur eine Skla­ven­ar­beit. Auf Erden geschieht aber ande­res und Bes­se­res als Skla­ven­ar­beit. Man hat gemeint, die star­ken Völ­ker bestim­men das Schick­sal der schwa­chen mit ihren Mas­sen­hee­ren, mit ihrer bewaff­ne­ten Faust. Aber das blosse Über­hand­neh­men des Stär­ke­ren ist nicht das Ein­zige, was auf Erden geschieht. Man hat gemeint, die Mensch­heit werde gelenkt von ihren Genies, von ihren Talen­ten und ihren star­ken Geis­tern. Gewiss, sie ver­mö­gen manch­mal etwas zu ent­de­cken, zu erfin­den, zu wir­ken. Aber wie oft wer­den sie ver­lacht und ver­spot­tet und ver­folgt! Nein, meine lie­ben Freunde, auf Erden begibt sich nur eines, was wirk­lich bedeut­sam und weit­tra­gend ist, näm­lich das, was im Leben der Him­mels­kö­ni­gin mäch­tig und bedeut­sam gewe­sen ist. Und was war das? Dass ihr Leben auf Erden ein Anfang war, aber ein Anfang von Wun­dern, die Jesus wirkte. Dass es ein Säen war, aber dass eine rei­che Ernte reif gewor­den ist am Tage ihres Heim­gan­ges. Dass es ein Hin- und Her­ge­hen war unter wei­nen­den Fur­chen, aber die­ses arme Wan­dern und Wei­nen hat zu ihrem Sohne in der Herr­lich­keit des Him­mels geführt. Das ist also das Bedeut­same, was auf Erden geschieht, das, was die Knechte und Mägde Got­tes wir­ken und säen und anfan­gen. Das ist das Wirk­same, die Her­zens­ge­schich­ten der Hei­li­gen, die Gross­ta­ten der Beken­ner und der Mar­ty­rer, die Erkennt­nisse der schwei­gen­den Beter, die Opfer der gro­ssen Lie­ben­den, die Erbar­mun­gen der Schen­ken­den. Das ist das Bedeut­same auf Erden.

Aber die­ses ein­zig Wich­tige ist nur ein Anfang, ein Anfang, der erst drü­ben nach dem Heim­gang voll­endet wird. Und von drü­ben wird auch die­ses Anfan­gen inspi­riert und ein­ge­lei­tet. Die­je­ni­gen, zu denen wir rufen: „Gedenke, o gütigste Jung­frau“, die wir­ken auf uns ein, sie trös­ten, sie raten uns. Das ist das Wir­ken die­ser Heim­ge­gan­ge­nen, dass sie auch uns, die heim­kom­men, zu rufen und zu mah­nen und zu bil­den ver­ste­hen. Dass sie ein­grei­fen kön­nen in die irdi­sche Geschichte, in die Her­zens­ge­schichte der zu Gott Pil­gern­den, in die Ölbergs­ge­schich­ten, in die Kal­va­ri­en­ge­schich­ten der Pil­gern­den.

Aber viel­leicht ist auch das noch gering im Ver­gleich zu dem, was die Heim­kom­men­den drü­ben unter sich wir­ken in ihren eige­nen Rei­hen. Was wis­sen wir denn von dem Tage­werk unse­rer Köni­gin? Wir wis­sen nur, dass sie ihre erbar­mungs­vol­len Augen auf uns rich­tet, die wir noch pil­gern. Aber wie diese Augen über die Welt der Engel und Hei­li­gen hin­strah­len, das wis­sen wir nicht. Wir sehen nur ihr Bild vor uns, und es ist ein Gna­den­bild von unbe­schreib­li­cher Süssig­keit. Aber was wis­sen wir von dem Glanz und von der Süssig­keit und von dem Trost, der von ihr aus­geht über die jen­sei­tige Welt? Wir stel­len nur fest, was von ihr in der klei­nen Weile getan wurde, die vor dem Wie­der­kom­men ihres Sohne ver­geht, und was von ihr noch getan wird in die­ser klei­nen Weile, die so lange anhält, bis ihr Sohn wie­der­keh­ren wird. Aber was in der gro­ssen Weile von ihr getan wird, die nach­her kommt, wenn Jesus alles wie­der­her­ge­stellt hat, das wis­sen wir nicht.

Im Ein­gang der Fest­messe von Mariä Him­mel­fahrt heisst es: „Die Engel und die Hei­li­gen freuen sich über den Heim­gang Mari­ens und prei­sen Gott.“ Das klingt wie ein Klang aus der jen­sei­ti­gen Welt. Die jen­sei­ti­gen Bewoh­ner haben mit Maria ihre Köni­gin erhal­ten, und wir haben unsere Mut­ter emp­fan­gen. Aber das ist nur ein fer­nes Echo aus dem Jubel, der in der Welt Got­tes herrscht. Das Grösste und Wich­tigste geschieht eben nicht bei uns hie­nie­den, das Grösste und Wich­tigste geschieht in der Welt Got­tes, in der Haupt­stadt Got­tes, in der Stadt Got­tes. Aber wenn immer die Tore die­ser Stadt auf­ge­hen und einen Voll­ende­ten ein­las­sen, dann fällt auch ein Licht­schein auf uns. Und was ist gesche­hen, als Maria heim­ging? Da erhielt die jen­sei­tige Welt ihre Köni­gin, und wir erhiel­ten unsere Fürs­tin, die zu uns passt, die Mut­ter der Barm­her­zig­keit, die Mut­ter, die uns nahe gekom­men ist, weil sie in eine grosse Ferne gegan­gen ist. Ja, sie ist uns nahe gekom­men, aber sie ist von weit­her gekom­men, aus der Welt Got­tes. Sie ist uns nahe, aber sie ist nicht mehr bei uns zu Hause. Und des­we­gen ist mit dem grösste und fröh­lichs­ten der Mari­en­tage auch ein Weh und eine Weh­mut ver­bun­den. Sooft wir des Heim­gangs Mari­ens geden­ken, rinnt ein stil­ler Strom der Sehn­sucht hin­über in jenes ferne Land, aus dem das Bild der Got­tes­mut­ter zu uns her­über­scheint, wo sie zu Hause ist, wo sie lebt und wirkt als Köni­gin der Ewig­keit. Da stre­cken wir unsere Hände aus nach die­sem Gna­den­bild, aber wir kön­nen es nicht ergrei­fen. Es weicht vor uns zurück. Wir kön­nen nichts tun als ihm nach­ge­hen auf dem Wege unse­res Heim­gangs, ihm nach­zie­hen und nach­ru­fen: „Gegrü­sset seist du, Köni­gin! Zu dir geht unser Rufen. Zu dir geht unser unstill­ba­res Wei­nen. Zu dir fle­hen wir Kin­der der gro­ssen Ferne. Wende deine barm­her­zi­gen Augen uns zu, auf dass auch wir den Heim­gang fin­den zu dir und zu dem gebe­ne­dei­ten Kinde dei­nes Scho­sses und zu allen dei­nen Kin­dern, du unsere liebe Frau.“

Amen.

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