Nach Geisel-Freilassung: Pfarrer von Gaza sieht Freude und Angst
Nach der lange ersehnten Freilassung aller noch lebenden israelischen Geiseln durch die Hamas an diesem Montag und der gleichzeitigen Entlassung von fast zweitausend palästinensischen Gefangenen richtet sich der Blick auf die Lage in Gaza. P. Gabriel Romanelli, Pfarrer der katholischen Pfarrei der Heiligen Familie in Gaza, beschreibt die Stimmung als einen Wechsel zwischen Hoffnung, Angst und der bitteren Erkenntnis der vollständigen Zerstörung
Quelle
Irischer Primas betet für Gaza und kritisiert “Mauern statt Brücken” – Vatican News
Zeitenwende in Nahost | Die Tagespost
Mario Galgano und Marie Duhamel – Vatikanstadt
Die Nachricht über den Austausch, der ein fragiles Friedensabkommen stützt, nährt die Hoffnung, dass der Krieg vorbei ist. Doch Romanelli warnt im Interview: “Das bedeutet, dass im Moment und bis jetzt große Angst unter den Menschen herrschte, und dass diese Etappe nicht die erste und letzte dieses Friedensprozesses sein wird.”
Gaza “existiert nicht mehr”
Der Priester der christlichen Gemeinschaft, die über 400 Flüchtlinge beherbergt, schildert die physische Lage als unfassbar. “Man darf nicht vergessen, dass Gaza vollständig zerstört ist. Das Gaza-Stadt, die wir vor dem Krieg kannten, existiert nicht mehr.
Er zieht einen drastischen Vergleich:
“Ich verwende ein Bild, das, wie ich denke, das, was wir erleben, veranschaulicht: Es ist wie nach einem Tsunami…. Man steht am Strand und betrachtet die gesamte Zerstörung eines Tsunami.”
Die Traurigkeit sei immens, da die meisten seiner Gemeindemitglieder ihre Häuser verloren hätten, zusammen mit Dokumenten und Erinnerungsstücken. Hinzu kommt das Fehlen jeglicher lebenswichtiger Infrastruktur: “Alle Systeme der Abwasserentsorgung sind zusammengebrochen, Elektrizität, Trinkwasser – es fehlt wirklich an allem.”
Verlust und die Kraft des Vergebens
Trotz des ungeheuren Leidens unterstreicht Pater Romanelli die moralische Stärke seiner Gemeinde. Er berichtet, dass die christliche Gemeinschaft in Gaza fast sechs Prozent ihrer Mitglieder durch Tod oder Tötung verloren habe – eine schreckliche Opferzahl im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Dennoch fand er unter den Überlebenden keinen Hass:
“Kein einziger Christ… ich habe nie einen Christen gefunden, der ein Gefühl von Rache oder Vergeltung hegt.”
Für ihn liege die Stärke in der Spiritualität: “Das spirituelle Leben bildet das Fundament unserer Kraft, um weiter zu dienen.” Der Priester betont, dass die Menschen am Ende nur eines wollen: “Dass der Krieg absolut aufhört. Dieser Krieg war schrecklich, leidvoll, von allen Seiten ungerechtfertigt.” Nun müsse eine neue Friedensperiode beginnen, die auf Gerechtigkeit basiere.
vatican news, 13. Oktober 2025
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.
Themen
Schreibe einen Kommentar