Letzte Ausfahrt vor dem Abgrund

Donald Trumps 20-Punkte-Plan ist eine echte Chance für Diplomatie und Frieden in Nahost

Quelle
Israel Palästina

30.09.2025

Stephan Baier

So viel ehrliche, nicht geheuchelte Erleichterung hat Donald Trump in der Weltpolitik wohl noch nie ausgelöst wie am Montag mit seinem Friedensplan zu Nahost. Die arabische Welt, die Europäische Union und das traditionell Palästina-freundliche China scheinen sich einig: Trumps 20-Punkte-Plan ist ein Weg, der unbedingt versucht werden sollte. Er wird zwar nicht, wie Trump in der ihm eigenen Neigung zu Superlativen formulierte, zum “ewigen Frieden” führen, aber vielleicht doch aus der aktuellen Sackgasse.

Noch am Freitag schien es so, als wolle Israels Premierminister Benjamin Netanjahu den Weg in diese Sackgasse mit aller Kraft und Konsequenz weitergehen, seinen Kriegskurs in Gaza wider alle warnenden und mahnenden Stimmen beibehalten und eine Eigenstaatlichkeit für die Palästinenser in jeder Form und unter allen Umständen verhindern. Netanjahus UN-Rede zeigte keinerlei Kompromissbereitschaft, akzeptierte keine Vermittlung, dämonisierte pauschal die muslimische Welt und war voll Verachtung für jene westlichen Staaten, die – mehr aus ohnmächtiger Verzweiflung denn als Lösung – einen nicht existierenden Palästinenserstaat anerkannten.

Trump nahm die Zügel in die Hand

Netanjahu verließ sich einzig und allein auf die Schutzmacht USA, die als einzige Veto-Macht im UN-Sicherheitsrat keine palästinensische Staatlichkeit anerkennt, und auf seine Freundschaft zu Donald Trump, der bisher auch die mit ihm nicht abgestimmten Kriegshandlungen Netanjahus – mitunter mürrisch – mitvollzog. Nun aber wackelt weltpolitisch nicht länger der Schwanz mit dem Hund: Trump hat mit seinem 20-Punkte-Plan die Zügel wieder in die Hand genommen. Der Nahostkonflikt ist eben keine regionale Frage, sondern eine weltpolitische. Darum muss sich die Weltmacht USA hier führend – und nicht nur folgend – engagieren.

Genau das geschieht mit dem 20-Punkte-Plan: Er bereitet der Diplomatie neuerlich den Weg, indem ein rasches Ende des todbringenden Krieges, eine Befriedung des Gazastreifens einschließlich der Entwaffnung der Hamas, eine Heimkehr der noch immer gefangenen Geiseln und eine künftige palästinensische Verwaltung zu einem Zukunftspaket verschnürt werden. Nicht jeder einzelne Punkt, aber das Gesamtpaket könnte die Mehrheit der Israelis wie der Palästinenser zufriedenstellen. Der von Trump skizzierte Weg bringt gewiss nicht den “ewigen Frieden” und löst auch nicht alle Probleme in Nahost, aber er bietet eine Möglichkeit für alle Seiten, mit den verbleibenden Problemen irgendwie weiterzuleben.

Europa in der Zuschauerrolle

Die überaus heterogene Regierung Netanjahu, die arabischen Staaten und auch die am Überleben ihres Volkes interessierten Kräfte unter den Palästinensern sollten sich auf diesen Weg einlassen. Unterstützung hätten sie dafür aus Washington, Brüssel und Peking – und von der israelischen Opposition, falls Netanjahus radikale Partner aussteigen. Das ist mehr, als man noch vor vier Tagen hoffen durfte. Der 20-Punkte-Plan Trumps und Netanjahus Zustimmung zu diesem zeigen aber auch: Ohne die USA läuft in Nahost gar nichts. Die Europäer, die historisch wie geografisch viel näher dran sind, müssen sich hingegen mit der ohnmächtigen Beobachterrolle begnügen.

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