Der Pater Franz in der Türkei

Kirchengeschichte – Wie ein Vorarlberger Bauernbub Mönch wurde, ein trappistisches Kraftzentrum im Osmanischen Reich gründete und schließlich Abt in Südafrika wurde

Quelle
Abt Franz Pfanner – Missionare von Mariannhill
Kloster von Munkeby
Aufgaben und Ziele – Mariastern
200. Geburtstag: Spuren von Abt Franz Pfanner – vorarlberg.ORF.at

27.09.2025

Stephan Baier

Die Geschichte der katholischen Kirche ist voll von Power-Mönchen und natürlich auch Power-Schwestern, also von Ordensleuten, die ihr ganzes Leben mit einer solchen Wucht für Gott und seine Sache in die Waagschale warfen, dass ihre Zeitgenossen – und vielfach auch die Nachwelt – nur respektvoll staunen können. Ein solcher Typ war vor zwei Jahrhunderten der Bauernbub Wendelin Pfanner aus dem noch heute beschaulichen Vorarlberg.

Er kam am 21. September 1825 in Langen bei Bregenz zur Welt und wurde fast von Anfang an unterschätzt. Der Vater meinte, aus dem Wendelin werde kein guter Bauer oder Handwerker – er wurde beides und noch viel mehr. Später, nachdem er in Innsbruck und Padua Philosophie sowie in Brixen Theologie studiert hatte und 1850 zum Priester geweiht worden war, verweigerte ihm der Bischof von Brixen eine Existenz als Missionar – doch eben dadurch, Ironie der Geschichte, wurde er zu einem Missionar von bleibender Bedeutung.

Pflegeleicht war Pater Franz Pfanner eher nicht

Zunächst Dorfpfarrer im heutigen Vorarlberg, das damals zur Diözese Brixen zählte, wurde er bald Seelsorger einer großen Schwesterngemeinschaft und Gefängnisseelsorger in der kroatischen Metropole Zagreb, die damals zu Österreich-Ungarn gehörte.

1863 trat er in das Trappistenkloster Mariawald im heutigen Nordrhein-Westfalen ein, nahm den Ordensnamen Franz an und managte bald als Subprior die wirtschaftlichen Belange des Klosters und als Novizenmeister den Nachwuchs.

Pflegeleicht dürfte Pater Franz Pfanner schon damals nicht gewesen sein, denn drei Jahre später sandte man ihn zu einer Klostergründung in seine österreichische Heimat, wo er an verschlossene Tore klopfte. Schließlich landete er in Rom, wo Pius IX. den Trappisten das verfallene Kloster Tre Fontane (Drei Brunnen) übertrug.

Berufung durch den Mund eines römischen Bettlers

Und dort erfolgte, glaubt man Pfanners Lebenserinnerungen, eine weitere Berufung ausgerechnet aus dem Munde eines römischen Bettlers, der ihm zurief, er solle seine Zeit doch nicht in Rom verschwenden, sondern “lieber in die Türkei” gehen, wo es mehr Arbeit für ihn gebe.

So kam es auch: Franz Pfanner ging 1869 nach Banja Luka, die heutige Metropole der bosnischen Serbenrepublik (Republika Srpska), damals jedoch Bestandteil des Osmanischen Reiches. Pfanner erwarb ein Grundstück und gründete ein Kloster, genauer gesagt eine kleine Blockhütte nahe dem örtlichen Friedhof.

Unterschätzt, aber fest entschlossen

Dem zuständigen Pascha ging nicht nur das offiziell verbotene Läuten der Glocken viel zu weit. Doch auch er unterschätzte die Energie des charismatischen Vorarlbergers. Der nämlich machte sich – wider alle Wahrscheinlichkeit – auf den Weg in die Hauptstadt, um in Istanbul den Sultan höchstselbst für sein Projekt zu gewinnen.

Dort trat er so energisch auf, dass er zwar nicht den Sultan, aber immerhin dessen Großwesir zu Gesicht bekam, der ihn nach sieben Tagen prompt mit den erbetenen Fermanen und Genehmigungen ausstattete – wohl um den lästigen Mönch wieder loszuwerden. Weder die nordbosnischen Wetterkapriolen noch die Widerstände der örtlichen Behörden konnten Franz Pfanner bremsen: Er vollendete sein Kloster, in das die Mönche am Heiligen Abend 1870 einzogen. Und dazu eine Mühle, eine Käserei, eine Obsttrockenanlage, einen Schlachthof, eine Weberei und Spinnerei, ein Waisenhaus und Werkstätten zur Herstellung von Fässern und Wagenrädern.

Eine historische Tatsache ist, dass Pfanner 1871 die erste Fronleichnamsprozession in vier Jahrhunderten osmanischer Herrschaft in Bosnien durchsetzte. Auch das Glockengeläut wurde 1872 offiziell bewilligt, damit die Trappisten würdig um Regen beten konnten. Dass Pater Franz die bis heute in Bosnien populäre Sliwowitz-Produktion vorangetrieben haben soll, wollte der langjährige Bischof von Banja Luka, Franjo Komarica, im Gespräch mit dem Autor so nicht gelten lassen: Pater Franz habe vielmehr die Zwetschgen versteckt, um die Schnapsbrennerei zu behindern.

Als die durstigen Männer sie schließlich getrocknet fanden, kamen sie allerdings begeistert zum Pater, lobten und priesen ihn, weil sie ihm die Einsicht verdankten, dass Sliwowitz aus getrockneten Zwetschgen so viel besser schmecke als aus frischen. Erwiesen ist jedenfalls, dass Franz Pfanner 1872 die ersten Weinreben pflanzte und im Jahr darauf eine kleine Brauerei eröffnete.

1879 beschaffte das Kloster Druckmaschinen und gründete eine Druckerei mit Buchbinderei. Im selben Jahr wurde ein Kuhstall errichtet, ebenso Arbeiterunterkünfte und ein Klosterkrankenhaus. Das Kloster selbst wuchs, ja, es hatte Zulauf aus halb Europa, und auch eine Schwesternkongregation siedelte sich auf Franz Pfanners Wunsch hier an. Der war unterdessen so bekannt, dass Briefe an “P. Franz in der Türkei” und “Mariastern in der Türkei” korrekt zugestellt wurden.

Trappistische Wirtschaftspolitik

Ende Juli 1878 ereignete sich eine Zeitenwende, als die Truppen des österreichischen Kaisers friedlich in Banja Luka einzogen – und Franz Pfanner ganz umsonst Gewehre an seine Mitbrüder verteilte, um nötigenfalls Mariastern zu verteidigen. Bald war klar, dass Mariastern mit damals sechs Priestern, 33 Brüdern und insgesamt 41 Novizen zur Abtei erhoben und Prior Franz zum ersten Abt bestellt werden würde.

Da meldete sich der rastlos aktive Vorarlberger beim Generalkapitel der Trappisten in Frankreich freiwillig zu einem neuen Abenteuer: zu einer Klostergründung in Südafrika. Seine Frucht in Bosnien ging auf: 230 Mönche und Novizen aus neun Ländern zählte Mariastern 1914. Die Wirtschaft der Region lag ganz in den Händen des Klosters: Sägewerk, Brauerei, Ziegelfabrik, Obst- und Forstbaumschule, Bäckerei, Gerberei, Druckerei und das Wasserkraftwerk.

Von der Türkei nach Südafrika

Zum Abt wurde die dynamische Gründerpersönlichkeit Franz Pfanner jedoch nicht in Bosnien, sondern in Südafrika, wo er 1882 das Kloster Mariannhill gründete. Dessen Wachstum übertraf mit zeitweise 300 Mönchen selbst den bosnischen Rekord. Pfanners Gründung wurde zu einem überregional beachteten Missionszentrum, das Papst Pius X. schließlich vom Trappistenorden abtrennte.

Der Power-Mönch aus Vorarlberg verbrachte die letzten Jahre seines arbeitsreichen und fruchtbaren Lebens als Eremit auf der südafrikanischen Missionsstation Emaus, wo er 1909 starb. Seine Mariannhiller Missionare sind heute in mehr als 13 Ländern der Welt tätig. Sein Trappistenkloster Mariastern in Banja Luka wurde 2017 aufgehoben, aber von Bischof Komarica im Geist von Franz Pfanner zum europäischen Zentrum für Frieden und Zusammenarbeit umgestaltet.

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