Israels Christen entdecken ihre aramäischen Wurzeln

Die Sprache Jesu Christi – In Israel leben Christen, die sich nicht als Araber, sondern als Aramäer verstehen – Nachfahren einer antiken Zivilisation, die die Sprache Jesu sprechen. Shadi Khalloul kämpft für sie

Quelle
Dankbar für das Land, das sie als Christen schützt | Jesus
Syrisch-Maronitische Kirche von Antiochien – Wikipedia
Aramäer (Gegenwart) – Wikipedia
Aramäer (Volk) – Wikipedia

13.07.2025

José García

Shadi Khalloul, ehemaliger Fallschirmjäger der israelischen Armee und Gründer der Israeli Christian Aramaic Association (ICAA), ist die treibende Kraft hinter der Wiederbelebung der aramäischen Identität im modernen Israel. Als aramäischer Christ aus dem galiläischen Dorf Jish (Tish) – historisch auch Gush Halav genannt – sieht er seine Aufgabe darin, einem weitgehend vergessenen Volk seine Stimme und Sprache zurückzugeben.

Den Aramäern Stimme und Sprache zurückgeben

Kürzlich hatten christliche Studenten aus den USA die Gelegenheit, Zeit mit Khalloul zu verbringen, wie die Plattform allisraelnews berichtet. In einem Beitrag auf “X” erklärte er: “100 US-amerikanische christliche Studenten besuchten uns und lernten etwas über unsere aramäische Identität und Sprache als einheimische Christen im Nahen Osten, einschließlich Israel. Israel war der erste Staat, der die Nationalität unseres aramäischen Volkes anerkannt hat. Wenn man in einem Staat lebt, der einen anerkennt, ist es eine Pflicht, ihn zu verteidigen und für zukünftige Generationen zu erhalten.”

Khalloul gehört der syrisch-maronitischen Kirche von Antiochia an, in der Aramäisch bis heute als Liturgiesprache verwendet wird. Aramäisch – die Sprache Jesu – war einst weit verbreitet im Nahen Osten, wurde jedoch im Lauf der Jahrhunderte zunehmend von Arabisch verdrängt. Heute sprechen Aramäisch nur noch kleine Gemeinschaften, vor allem Christen in Syrien, dem Irak, der Türkei und im Norden Israels.

Seit Jahrzehnten engagiert sich Khalloul für die aramäische Gemeinde. Von den 170.000 Christen in Israel gehören etwa 12.000 zu dieser Gemeinschaft. Viele andere Christen haben denselben aramäischen Hintergrund und litten in den vergangenen Jahrhunderten ebenfalls unter dem Islam. Khallouls Engagement begann früh. Nach seinem Armeedienst studierte er Wirtschaft und Finanzen in den USA, wo ein Professor in einem Literaturkurs ihn mit der Behauptung konfrontierte, Aramäisch sei eine tote Sprache. Khalloul widersprach: “Wir beten noch immer in dieser Sprache – sie ist lebendig.” Diese Episode prägte ihn und motivierte ihn, nach Israel zurückzukehren, um seine Wurzeln zu stärken und andere zu ermutigen, es ihm gleichzutun.

Christen in der Sprachenlücke

Im Jahr 2009 gelang es ihm, Aramäisch als Schulfach in seinem Heimatdorf einzuführen – gegen erheblichen Widerstand. Denn das israelische Schulsystem ist binär aufgebaut: jüdisch-hebräisch und arabisch-islamisch. Für Christen, die rund zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen, gibt es kaum Raum für ihre eigene religiös-kulturelle Identität. Khalloul sieht darin ein Problem: “Unsere Kinder lernen eine Geschichte, die nicht die ihre ist.” Heute besuchen seine eigenen Kinder einen hebräischsprachigen Kibbuz, um sich der israelischen Gesellschaft zu öffnen, ohne ihre christlich-aramäischen Wurzeln zu verlieren. Gleichzeitig fordert Khalloul einen eigenständigen Lehrplan für aramäische Christen – fernab islamisch geprägter Narrative.

Ein Meilenstein war die offizielle Anerkennung der Aramäer als eigenständige ethnische Gruppe im Jahr 2014 – dank Khallouls jahrelangem politischen Druck. Damit sind sie nicht länger nur “arabische Christen”, sondern als das anerkannt, was sie seit Jahrhunderten sind: Aramäer, obwohl sie offiziell als Araber leben. Khalloul betont: “Wir sind keine Araber. Wir sind Aramäer. Araber sind Muslime. Wir teilen nicht dieselbe Geschichte.” Tatsächlich sind die Ursprünge der aramäischen Christen eng mit dem Judentum verbunden. Die Bibel benennt Rebekka, Abraham und Rachel als Aramäer. Auch König Hiram, der Salomo beim Bau des Tempels unterstützte, soll dieser Gruppe entstammt sein. Diese Nähe zum Judentum ist für Khalloul zentral. Er sieht die aramäischen Christen als natürliche Verbündete Israels. “Wenn Israel geschwächt wird, leiden auch wir”. Während viele arabischsprachige Christen sich von Israel entfremdet fühlen, setzt Khalloul auf Integration und Loyalität. Seine Vision ist ein Israel, in dem Christen sich nicht nur sicher, sondern auch als gleichwertige Bürger fühlen.

Für Gerechtigkeit und Versöhnung

Im Jahr 2021 empfing Khalloul Premierminister Benjamin Netanjahu in seiner Heimatstadt und wies auf den Einfluss der islamisch-panarabistischen Ideologie im Bildungssystem hin. Dies sei eine Bemühung, die Köpfe der Kinder zu indoktrinieren und sie von ihren aramäisch-christlichen und jüdischen Wurzeln zu entfernen. “Unsere jungen Menschen müssen so erzogen werden, dass sie sich wie alle anderen israelischen Bürger geschätzt, geschützt und respektiert fühlen”, betonte Khalloul.

Ein zentrales Anliegen Khallouls ist der Wiederaufbau des aramäisch-maronitischen Dorfes Baram, das nach dem Unabhängigkeitskrieg 1948 zerstört wurde. Der Oberste Gerichtshof Israels hat bereits entschieden, dass die Rückgabe des Landes möglich sei, politisch bleibt dies jedoch umstritten. Für Khalloul wäre es ein Symbol der Gerechtigkeit und Versöhnung –und ein Modell für christlich-jüdische Zusammenarbeit weltweit. Khalloul tritt auch international auf. So sprach er vor einer Gruppe US-amerikanischer Christen und rezitierte das Vaterunser auf Aramäisch. Er sieht in dieser Sprache ein Bindeglied zwischen Ost und West, Vergangenheit und Zukunft. “Unwissenheit ist unser größter Feind”, sagt er. “Wenn Christen im Westen wissen, wer wir sind, können sie uns unterstützen.”

Den Einzug in die Knesset knapp verpasst

Die Israeli Christian Aramaic Association (ICAA), die er gegründet hat, ist dabei sein Hauptinstrument. Sie organisiert Bildungsprogramme, kulturelle Veranstaltungen und Begegnungen zwischen Christen aus aller Welt und der aramäischen Gemeinde Israels. Khallouls politisches Engagement bleibt nicht unbeachtet. Bei den letzten Wahlen kandidierte er für die Knesset auf der Liste der Partei Yisrael Beiteinu. Er verpasste den Einzug nur knapp – doch seine Stimme wird weiterhin gehört.

“Wir existieren hier immer noch als einheimisches Volk”, sagt Khalloul. “Unsere Wurzeln liegen in Aramäisch, Judentum, Israel und Hebräisch. Das ist, was wir sind.” Seine Mission ist es, ein wachsendes Selbstbewusstsein unter den aramäischen Christen Israels zu fördern – nicht als Minderheit am Rand, sondern als Brücke zwischen Glauben, Kulturen und Generationen.

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