Pfarrer von Ars: Voller Leidenschaft für die Seelen

Vor genau 100 Jahren wurde Pfarrer von Ars heiliggesprochen: Als ein beispielloser Beichtvater kann er auch heute den Priestern ein Vorbild sein

Quelle
Hl. Pfarrer von Ars

30.05.2025

Sylvia Sobel

Jean-Marie Vianney kam am 8. Mai 1786 in Dardilly, in der Nähe von Lyon, zur Welt. Seine Eltern waren Bauern, die, obwohl in einfachen Verhältnissen lebend, stets ein offenes Haus hatten. Sie teilten das Wenige, das sie besaßen, mit Pilgern und Schutzsuchenden. In dieser Atmosphäre der tätigen Nächstenliebe und Nachfolge Jesu wurde Jean-Marie groß. Doch wenige Jahre nach seiner Geburt brach ein politischer Sturm über Frankreich herein: die Französische Revolution.

Die Familie Vianney stand trotz Verfolgung treu zum Glauben. Aber wie sollte der Glaube praktiziert werden in einer Zeit, in der die Kirchen geschlossen waren, die Kruzifixe, die bis dahin zahlreiche Wege gesäumt hatten, zerschlagen, kurz: alle religiösen Symbole von den Revolutionären vernichtet wurden? Ein Weg bestand in der Anwendung und Weitergabe der katholischen Glaubensrituale.

Das Priestertum als Ziel

Da seine gläubige Mutter ihren Sohn schon früh an die heilsamen Rituale der katholischen Kirche heranführte, gab Jean-Marie das Erlernte ganz natürlich und selbstverständlich an seine Umgebung weiter. Das Kreuzzeichen beispielsweise faszinierte ihn bereits in jungen Jahren. Sein Leben lang zelebrierte er diese Geste liebevoll, sie wurde eine große Kraftquelle für ihn. Jean-Marie zählte 13 Jahre, als sich die Zeit der Schreckensherrschaft dem Ende näherte. Seine Erstkommunion aber hatte er noch unter dem Eindruck von Verfolgung und Unterdrückung in aller Heimlichkeit begangen.

Er teilte bereits in jungen Jahren das Wenige, das er besaß, mit den Armen. Diese Eigenschaft wird er im Laufe der kommenden Jahre noch weiter entwickeln. Und schließlich reift in ihm das unstillbare Verlangen, Priester zu werden. Bei Lichte betrachtet, ein kühnes und schwer realisierbares Unterfangen. Er hatte nur wenige Jahre die Dorfschule besucht. Jean-Marie war ein fleißiger und ausdauernder Arbeiter auf dem Feld und an Entbehrungen gewöhnt, aber darüber hinaus keine intellektuellen Herausforderungen gewohnt. Andererseits erkannte ein jeder in der Umgebung seine tiefe und echte Frömmigkeit. 

Entscheidende Prüfung mit drei Fragen

Der Weg ins Priesteramt war steinig, denn das Erlernen der lateinischen Sprache, für das Amt des Priesters unerlässlich, bereitete ihm große Schwierigkeiten. Jean-Marie findet aber einen Unterstützer in Pfarrer Balley, der ihn fördert und die Prüfer der theologischen Fakultät auf die wahren Talente des jungen Mannes hinweist: seine Leidenschaft für Gottes Wort und seinen Eifer dafür, es den Ärmsten der Armen zu verkünden.

Bei der alles entscheidenden Prüfung stellt der Generalvikar dann nur drei Fragen: “Ist Vianney fromm? Verehrt er die Gottesmutter? Kann er seinen Rosenkranz beten?”

Auf all diese Fragen antwortet Pfarrer Balley reinen Herzens mit “Ja”! “Gut”, erwiderte der Prüfer, “dann berufe ich ihn. Die Gnade Gottes wird das Übrige tun.” Und das tat sie.

Nach seiner Weihe zum Priester leistete er zunächst Hilfsdienste. Nicht selten kam es vor, dass er Schuhe, Hemden und sogar Hosen an Arme verschenkte. Dieser Heilige saß später aber vor allem mitunter zwölf Stunden im Beichtstuhl – und die Menschen kamen von weit her, um bei ihm die Beichte abzulegen.

Über 100.000 Menschen suchten Pfarrer von Ars auf

Ein wichtiger Aspekt seiner Faszination war: Er konnte und wollte zuhören und er besaß die Fähigkeit der Wahrnehmung und Empathie, ohne zu verurteilen. Welch kostbare und immer seltener werdende Gabe. Natürlich hatte auch er Ecken und Kanten, die uns Heutigen etwas bizarr erscheinen. So verbannte er Gasthäuser und die dort praktizierte Geselligkeit aus “seinem” Dorf: Musik, Tanz und übermäßiger Alkoholgenuss und seine Folgen waren ihm ein Dorn im Auge.

Vor allem aber lebte Jean-Marie Vianney, was er von der Kanzel predigte. Seine Predigten waren nicht druckreif oder preisgekrönt, sie kamen von Herzen, mit dem Ziel, die Seelen derer zu retten, die sich ihm anvertrauten. Der Pfarrer konnte sehr deutlich werden, sah er die Menschlichkeit oder die Gebote Gottes in Gefahr.

Die Menschen kamen von weit her, um bei ihm die Beichte abzulegen. Er diente ihnen, in dem er einen großen Teil seines Priesterlebens im Beichtstuhl verbrachte, den Gläubigen zuhörte und ihnen Trost und die Sakramente spendete. Man hat herausgefunden, dass im Verlauf von knapp 20 Jahren über 100.000 Menschen den mitunter weiten Weg zum Pfarrer von Ars unternommen haben.

Nicht verschont von Anfechtungen und Glaubenszweifel

Indes blieb auch er von Anfechtungen und Glaubenszweifel nicht verschont, denn dort, wo Menschen Gott sehr nahekommen, da schläft auch das Böse nicht. So erging es vielen Heiligen. Sie wurden nicht als Heilige geboren, sondern erkämpften sich diesen Rang mitunter unter Entbehrungen und Dürreperioden im Glauben. Jedoch: Die Angst vor dem Tod und dem letzten Gericht, die sich seiner bemächtigte, wenn er in Glaubenszweifel geriet, sie verschwand letztlich völlig im Angesicht des Todes.

Am 4. August 1859 stirbt der demütige Heilige von Ars erschöpft und in dem Vertrauen auf die Gnade Gottes, das er seinen Gläubigen immer wieder ans Herz gelegt hat. Jean-Marie Vianney wollte in seinem hingebungsvollen Wirken, im Beichtstuhl und im Alltag, nie auf sich selbst, aber immer auf Gott verweisen. In Folge dessen wurde er 1929 von Papst Pius XI. zum Patron der Priester ernannt. Für seine Gemeinde hat der Heilige keine Mühen gescheut.

Im Zeichen des Kreuzes

Papst Benedikt XVI. erinnerte in seinem Schreiben zur Eröffnung des Priesterjahres am 19. Juni 2009 daran, “dass der heilige Pfarrer auch aktiv im gesamten Gebiet seiner Pfarrei zu ‘wohnen’ verstand: Er besuchte systematisch die Kranken und die Familien; er organisierte Volksmissionen und Patronatsfeste; er sammelte und verwaltete Geld für seine karitativen und missionarischen Werke; er verschönerte seine Kirche und stattete sie mit Kirchengerät aus; er kümmerte sich um die Waisenmädchen der ‘Providence’, einer von ihm gegründeten Einrichtung, und ihre Erzieherinnen; er kümmerte sich um die Schulausbildung der Kinder; er gründete Bruderschaften und forderte die Laien zur Zusammenarbeit mit ihm auf.”

Die erneute Beschäftigung mit diesem Heiligen kann auch daran erinnern, welche Kraft und Macht von der Geste des Kreuzzeichens ausgeht, wenn sie andächtig und gläubig, so wie es der Pfarrer von Ars es empfiehlt, vollzogen wird. Sie ist ein Symbol dafür, dass wir auf Gott hin erschaffen wurden. Dieses Zeichen will uns an die Verbundenheit mit Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist erinnern.

Ein heiliger Papst, Pius X., hat Jean-Marie Vianney, den Pfarrer von Ars, am 31. Mai 1925 heiliggesprochen. Seine Zeitgenossen taten dies bereits über 100 Jahre zuvor auf ihre Weise. Auch heute kann man dem guten Geist des Heiligen begegnen, bei einem Besuch der Kapelle, im Heiligtum von Ars und auf seinen Spuren in dem kleinen, beschaulichen Ort weit vor den Toren der großen Stadt Lyon.

Menschen pilgern noch immer nach Ars, weil sie sich angezogen fühlen von der Güte und Glaubensstärke dieses bescheidenen und demütigen Heiligen, der über Tugenden verfügt, die heute fast vergessen scheinen. Die Erinnerung an Jean-Marie Vianney, den heiligen Pfarrer von Ars, ist zugleich eine Erinnerung daran, dass die Tugenden der Güte und Demut immer aktuell sind. Das 100-jährige Jubiläum seiner Heiligsprechung unterstreicht, dass Heilige wie er zeitlos sind und es sich immer lohnt, ihrer zu gedenken und ihnen nachzueifern.

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