Ökologische Schulden, globale Pflicht
Ökologische Schulden, globale Pflicht: Caritas und Vatikan fordern Gerechtigkeit
Quelle
Civil society perspective on the 4th International Conference on Financing for Development (FfD4)
COP30 Brasil Amazônia – English
Caritas Internationalis fördert die Kampagne “Aus Schulden wird Hoffnung” – Dikasterium zur Förderung der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen
Vor zwei internationalen Großkonferenzen noch im Jahr 2025 fordern hochrangige Kirchenvertreter aus dem Vatikan und von Caritas Internationalis neue Wege im Umgang mit Schulden und Umweltzerstörung. Die katholische Kirche will beides zusammendenken – als moralische und spirituelle Herausforderung. Das wurde bei einem Online-Webinar von Caritas Internationalis am Mittwoch deutlich.
Gudrun Sailer – Vatikanstadt
Im Blick hatten die rund 200 Teilnehmenden die vierte UN-Konferenz zu Entwicklungsfinanzierung in Sevilla im Juli sowie die nächste Weltklimakonferenz COP30 im November im brasilianischen Belém. 3,3 Milliarden Menschen – fast die Hälfte der Weltbevölkerung – lebt in Ländern, die mehr Geld für Schulden als für das Gesundheitswesen ausgeben, erklärte der Generalsekretär von Caritas Internationalis, Alistair Dutton, bei dem Webinar. Das sei ein klares Anzeichen dafür, dass in der vorherrschenden ökonomischen Logik das Wohlergehen von Menschen hinter wirtschaftlichen Interessen zurückstehe. Um dagegen vorzugehen, habe Caritas die Kampagne “Turn Debt Into Hope” ins Leben gerufen.
Schulden und Ökologie: Ein und dieselbe Krise
Insgesamt wurde bei dem Webinar klar, dass die katholische Weltkirche mit vereinten Kräften immer stärker auf eine Reform der globalen Finanzordnung und des Umgangs mit Schulden in armen Ländern drängt. Schwester Alessandra Smerilli, Sekretärin im vatikanischen Entwicklungsdikasterium, betonte die enge Verbindung von Finanz- und Umweltfragen. “Wir stehen nicht vor zwei getrennten Krisen”, sagte sie, “sondern vor einer komplexen Krise, die sowohl sozial als auch ökologisch ist.” Besonders Länder des globalen Südens seien davon betroffen – durch hohe Schuldenrückzahlungen und gleichzeitig massive Schäden durch den Klimawandel: Dürren, Artensterben, Ernteausfälle.
Smerilli sprach mit einem Begriff von Papst Franziskus von der “ökologischen Schuld” des globalen Nordens gegenüber dem Süden. Diese sei nicht nur eine Folge von Emissionen. Sie umfasse auch zerstörerische Praktiken wie Raubbau, den Export giftiger Abfälle und das Ausnutzen schwacher Umweltgesetze. “Diese Schäden erschöpfen die Ökosysteme und rauben den betroffenen Ländern die Ressourcen für nachhaltige Entwicklung”, sagte sie. Es sei ein System, das Reichtum und Naturressourcen aus dem Süden abziehe und im Norden konzentriere.
“Die globale Schuldenkrise ist nicht nur eine technische Frage der Ökonomie”
Erzbischof Gabriele Caccia, Ständiger Beobachter des Heiligen Stuhles bei den Vereinten Nationen, sagte mit Blick auf die Konferenz in Sevilla: “Die globale Schuldenkrise ist nicht nur eine technische Frage der Ökonomie.” Sie sei ein Hindernis für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen.
Er forderte ein Umdenken in der internationalen Finanzarchitektur: “Die Frage ist: Wollen wir ein System, das die Interessen einiger weniger schützt, oder eines, das die Menschenwürde bewahrt und die Entwicklung aller fördert?” Die Konferenz in Sevilla im Juli finde aus seiner Sicht “wie durch Fügung” in der Mitte des Heiligen Jahres 2025 statt. In seiner Ausrufungsbulle hatte Papst Franziskus erneut zur Schuldenstreichung für Länder aufgerufen, die niemals dazu in der Lage sein werden, ihre Kredite zurückzuzahlen.
Kardinal Spengler: Generationenpakt gefragt
Ein ähnliches Bild zeichnet der Vorsitzende der brasilianischen Bischofskonferenz, Kardinal Jaime Spengler. Er sieht die COP30 im November als Chance und Pflicht zugleich. Die brasilianische Kirche bereite sich intensiv darauf vor, mit lokalen Konferenzen und Bewusstseinsarbeit in der Fastenzeit. Das Engagement sei für die Gläubigen “sehr kostbar”, so Spengler. Die Konferenz sei ein Moment der “großen persönlichen und gesellschaftlichen Umkehr”.
Der Kardinal rief zu einem globalen Generationenpakt auf, der soziale und ökologische Ungleichheiten über Grenzen hinweg anerkenne. Dabei müssten finanzielle und ökologische Schulden zusammengedacht werden. Ohne diese spirituelle Tiefe bleibe die Kirche eine Organisation ohne Hoffnung, sagte Spengler: “Ohne das ist die Kirche etwas anderes – eine aristotelische Gruppe vielleicht, ohne die Kraft der christlichen Hoffnung, die Zukunft zu leben.”
Die Entwicklungsfinanzierungskonferenz findet vom 30. Juni bis 3. Juli in Sevilla statt, die Klimakonferenz vom 10. bis 21. November in Belém im brasilianischen Amazonasgebiet. Für kirchliche Akteure sind beide Großkonferenzen nicht nur politische, sondern auch geistliche Termine.
vatican news – gs, 29. Mai 2025
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