Der neue Papst – Der Name Leo ist ein Programm
Leo XIV. führt die Namenstradition jenes “Arbeiterpapstes” fort, der auf Basis des Lehramtes Orientierung angesichts der Fragen der Zeit zu geben wusste. Ein Omen?
Quelle
Leo XIII. | LEO XIII
Papst Leo XIII. (74)
08.05.2025
Chicago, dort wo Robert Francis Prevost 1955 geboren wurde, ist eine Arbeiterstadt. Der Papst, der vor ihm zuletzt den Namen Leo trug, ist als “Arbeiterpapst” in die Geschichte eingegangen. Leo XIII.(1810–1903), der eigentlich Vincenzo Gioacchino Pecci hieß und von 1878 bis 1903 als Papst regierte, hat mit 86 Enzykliken und apostolischen Schreiben eine tiefe Spur in der Kirchengeschichte hinterlassen. Besonders sticht dabei die Enzyklika “Rerum Novarum” hervor, die am 15. Mai 1891 veröffentlicht wurde und heute gerne als die “Mutter aller Sozialenzykliken” bezeichnet wird. Der Papst reagierte damit auf die sogenannte “Soziale Frage”, die in dieser Zeit die Staaten Europas in Atem hielt.
In einem Prozess, der heute etwas verkürzt als “Industrialisierung” bezeichnet wird, hatte sich seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert das gesellschaftliche Leben fundamental verändert. Technischer Fortschritt verbunden mit einer neuen Wirtschaftsweise, heute sprechen wir vom Kapitalismus, hatten radikalen Änderungen im Leben der Menschen nach sich gezogen. Die alte soziale Ordnung mit ihren Ständen war zusammengebrochen. Wo sollten die nun entwurzelten Menschen neuen Halt finden? Fanden sie sie noch bei den alten Autoritäten, sowohl auf staatlicher oder eben auch auf kirchlicher Seite? Oder suchten sie nach neuen Haltepunkten? “Ein Gespenst geht um in Europa”, so hatten Karl Marx und Friedrich Engels schon 1848 ihr “Kommunistisches Manifest” eingeleitet. Dieses “Gespenst”, der Kommunismus, musste auch der Kirche Sorgen bereiten. Denn diese Ideologie war atheistisch, lehnte den Glauben ab – versprach aber mit ihrer geschichtsphilosophischen Vision trotzdem dem einzelnen Arbeiter eine Zukunft jenseits des sozialen Elends der Gegenwart.
Auf diese schwierige Situation reagierte Leo XIII. mit “Rerum Novarum”. Die Wirkung kann man gar nicht überschätzen. Auch in Deutschland war sie zu spüren. Die Katholische Soziallehre präsentierte sich hier auf der Höhe der Zeit stehend, gleichwohl vollzog sie aber keine Anpassung an den Zeitgeist. Die Folge, die in Deutschland bis in die Gegenwart zu spüren ist, ist das Aufblühen des sozialethisch inspirierten katholischen Verbändewesens. Dies schlug sich natürlich auch konkret politisch nieder, in Deutschland sind Auswirkungen bis hin in die Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft nachzuzeichnen.
Was aber sind die wichtigsten Positionen von “Rerum Novarum”? Der Papst positionierte die Kirche jenseits von Kapitalismus und Sozialismus. Gleichzeitig betonte Leo XIII., dass es nicht Ideologien, gewalttätige Maßnahmen oder gar die Revolution seien, die bessere soziale Zustände herbeiführten. Stattdessen sei eine staatliche Sozialpolitik gefordert, die der sozialen Gerechtigkeit entspreche. Eine Art Startschuss für den politischen Katholizismus, der gerade im deutschsprachigen Raum in der Folge zu einem prägenden Element des politischen Lebens werden sollte. Jeder Mensch, so betont die Enzyklika, habe nach geleisteter Arbeit das natürliche Recht auf einen gerechten Lohn. Der Staat sei dazu verpflichtet, in diesem Sinne dem Gemeinwohl zu dienen. Dazu zähle das Recht auf Privateigentum ebenso wie der besondere Schutz der Familie. Aber auch für einen besseren Schutz der Arbeiter vor Unfällen oder Krankheit sprach sich der Papst hier aus.
Man sieht: Der Name Leo steht für eine programmatische Linie. Wie Papst Leo XIV. sie fortführen wird, wird sich schon bald zeigen. Es wird spannend sein, was er als die “Soziale Frage” der Gegenwart definieren wird.
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