Wie Donald Trump es wieder zum Wahlsieg schaffte *UPDATE

Trump vor Zweiter Amtszeit – Noch vor vier Jahren sah es so aus, als sei Donald Trumps politische Karriere am Ende. Doch er hielt mit eisernem Griff an der Macht fest. Eine Rekonstruktion und ein Ausblick

Quelle
Trump wird durchregieren können | Die Tagespost
*USA: Bischöfe gratulieren Trump – Vatican News
Vatikan: Kardinal Parolin wünscht Donald Trump “Weisheit” – Vatican News
Ex-Schweizer Nuntius Thomas Gullickson zur Präsidentenwahl in den USA: Swiss Cath News

06.11.2024

Maximilian Lutz

Donald Trump ist wieder da, wo er laut eigener Einschätzung hingehört: an der Spitze. Das Rennen um die US-Präsidentschaft ist entschieden – und der Republikaner, der von 2017 bis 2021 bereits als 45. US-Präsident im Weißen Haus saß, wird den demokratischen Amtsinhaber Joe Biden beerben. Mit 78 Jahren wird Trump nun als der älteste Präsident in die Geschichtsbücher eingehen, der je in dieses Amt gewählt wurde. Am Ende entwickelte sich nicht das erwartet enge Rennen gegen die demokratische Konkurrentin Kamala Harris – im Gegenteil: Trump gewann mit einem Erdrutschsieg. Letztlich wird er wohl alle sieben umkämpften “Swing States” gewinnen können – und somit mit 312 Wahlmännerstimmen ins Weiße Haus einziehen.

Noch in der Wahlnacht trat Trump in West Palm Beach im Bundesstaat Florida vor seinen Anhängern auf und erklärte sich zum Sieger, ehe dies die Nachrichtenagenturen offiziell bestätigten. Der 78-Jährige sprach von der “größten politischen Bewegung aller Zeiten”, die nun ein neues Level an Bedeutung erreichen werde: “Wir werden unserem Land bei der Heilung helfen.” Trump wörtlich: “Das ist ein Sieg, wie ihn dieses Land noch nie zuvor gesehen hat.” Amerika habe ihm “ein beispielloses und starkes Mandat” gegeben. Der Republikaner, der im Juli nur knapp ein Attentat überlebt hatte, führte dies in seinen ersten Ausführungen nach dem Sieg auf göttliche Fügung zurück. “Viele haben mir gesagt, dass Gott mein Leben aus einem Grund gerettet hat: um das Land zu retten und Amerika wieder zu Größe zu verhelfen”.

Eine erste Amtszeit mit Höhen und Tiefen

Seitdem Donald Trump vor neun Jahren die goldene Rolltreppe im New Yorker “Trump Tower” heruntergefahren kam, um seine Präsidentschaftskandidatur bekanntzugeben, ist viel passiert. Auch für ihn selbst völlig überraschend gewann er die Wahl 2016, erlebte eine chaotische erste Amtszeit mit Höhen und Tiefen, die im Rückblick für die US-Bürger nicht so katastrophal verlief, wie viele Medien es darstellten. Jeglichen Erfolg, insbesondere seine nicht von der Hand zu weisenden Errungenschaften für den Lebensschutz, diskreditierte Trump am Ende seiner Amtszeit jedoch selbst, indem er sich weigerte, seine Niederlage gegen Joe Biden anzuerkennen. Stattdessen steigerte er sich immer mehr in die Lüge hinein, die Wahl sei ihm von den Demokraten gestohlen worden – was letztlich im gewaltsamen Sturm seiner Anhänger auf das US-Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 mündete.

Dass er sich davon noch einmal erholen würde, glaubten damals wohl nicht einmal die hartgesottensten Trump-Fans. Doch verpassten einflussreiche Größen innerhalb der Republikanischen Partei den Moment, sich von ihrem umstrittenen Anführer abzuwenden – so behielt Trump bis heute die Kontrolle über die Partei. In einem turbulenten Wahljahr 2024, in dem der Amtsinhaber Joe Biden zunehmend mental und körperlich angeschlagen wirkte, nutzte Trump die Chance, um sich abermals zum Kandidaten der Republikaner aufzuschwingen.

Dass zwei Attentate auf ihn verübt wurden, dass die Demokraten ihren Kandidaten austauschten und unter Kamala Harris zunächst ein neues Gefühl der Euphorie erlebten, dass er im Fernsehduell mit Harris den Kürzeren zog – all das perlte am Ende an Trump ab. Bereits in den Tagen und Wochen vor der Wahl machte er in den Meinungsumfragen wieder Boden gegenüber Harris gut. Niemand dürfte wirklich überrascht sein, dass es für Trump am Ende einen derart deutlichen Sieg einfahren konnte.

Kommt jetzt die beste Präsidentschaft, die Amerika je hatte?

Kann es Trump, der in den vier Jahren unter Joe Bidens Präsidentschaft kaum einen Tag vergehen ließ, an dem er nicht die “katastrophale” Regierungsführung der Demokraten beklagte, gelingen, die zahlreichen Herausforderungen zu meistern, vor denen die USA stehen? Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt. Trump verspricht großspurig die beste Präsidentschaft, die das Land je erlebt hat. Seine zahlreichen Kritiker dagegen sind skeptisch.

Innen- wie außenpolitisch wartet jedenfalls jede Menge Arbeit auf den designierten US-Präsidenten. Da wären die zahlreichen Kriege und Krisen weltweit, das noch immer ungelöste Migrationsproblem an der Südgrenze zu Mexiko, eine Wirtschaft, deren statistische Erholung von vielen kaum zu spüren ist, eine zunehmende Entfremdung der Bürger von ihren politischen Vertretern – und nicht zuletzt die scheinbar unüberwindbare Spaltung des Landes in zwei nahezu gleich große Lager, die kaum noch Schnittmengen miteinander aufweisen: Man liest unterschiedliche Bücher, schaut unterschiedliche Filme und Serien, hört unterschiedliche Musik. Auch Freundschaften zwischen Demokraten und Republikanern gehören immer mehr in die Kategorie “Kuriosität”.

Sowohl Donald Trump wie auch Kamala Harris sind letztendlich Symptome dieser Spaltung. Der Unterschied besteht aber darin, dass Trump von Anfang an von ihr profitierte – und sie mit seinem Auftreten und unnachahmlichen Politikstil noch zu vertiefen versucht. Die Spaltung macht indes auch vor Amerikas Katholiken nicht Halt: Anders als zu erwarten war – zumindest, wenn man die vergangenen beiden Wahlen als Maßstab nahm – verteilen sich katholische Wähler diesmal nicht auf zwei ähnlich große Lager. Nachwahlbefragungen ergeben, dass 56 Prozent von ihnen für Trump stimmten und nur 41 für Harris. Dabei konnte Trump wohl insbesondere auf konservative Katholiken zählen, die regelmäßig die heilige Messe besuchen, während sich progressive tendenziell eher der Demokratin Harris anschlossen. Aber eben nicht in ausreichendem Maße, um wieder für ein ähnlich knappes Ergebnis wie 2016 oder 2020 zu sorgen, als Katholiken einmal den Republikaner und einmal knapp den Demokraten Biden favorisierten.

Trump kann auf christliche Wähler zählen

Trumps exzellentes Abschneiden unter katholischen Wählern ändert jedoch nichts daran, dass sich auch diesmal einige Katholiken wohl gehörig verbiegen mussten, wenn sie Trump ihre Stimme gaben. Als zu derb galt ihnen sein Auftreten, als zu radikal seine Politik, noch dazu gefährlich für das demokratische System, wenn man an seinen fast schon erzwungenen Abgang vor vier Jahren denkt. Jedoch gibt es auch unter Katholiken Anhänger aus Überzeugung. Keine Frage: Trumps Gesellschaftspolitik bietet viel mehr Schnittmengen mit den Ansichten insbesondere konservativer Katholiken, als die der unterlegenen Kamala Harris.

Immer wieder sprach Trump Christen bei Wahlkampfkundgebungen direkt an, teils mit düsterer Endzeit-Rhetorik: Im Rahmen einer Konferenz der National Religious Broadcasters (NRB) in Nashville im Bundesstaat Tennessee, erklärte er im Sommer, man befinde sich “in einem Kampf um das Überleben unserer Nation”. Um zu siegen, “brauchen wir immer noch – genauso wie in den Kämpfen der Vergangenheit – die Hand des Herrn und die Gnade des allmächtigen Gottes”. Wenn er die Wahl im November nicht gewinne, sei das Land “dem Untergang geweiht”. Und er betonte: Er wolle “das Christentum wieder in dieses Land bringen”.

Der Ausgang der Wahl hat wieder einmal bewiesen: Katholiken sind wichtig für Trump. In noch viel stärkerem Maße konnte er allerdings auf die Stimmen der Evangelikalen setzen: Wie schon 2016 und 2020 stimmten gut 80 Prozent von ihnen für den Republikaner, der ihnen als Wunschkandidat galt. Auffallend ist: Als Trump 2016 erstmals zur Wahl stand, unterstützten ihn weite Teile der christlichen Wählerschaft nur zähneknirschend. Heute sehen viele in Trump tatsächlich einen gottgesandten Kandidaten, der die Nation vor dem Verfall retten werde. Insbesondere nach dem ersten Attentat auf den politischen Quereinsteiger im Juli, das dieser nur um Haaresbreite überlebte, haben sich einige Evangelikale, in geringerem Maße auch konservative Katholiken, der Deutung angeschlossen, es entspreche der göttlichen Vorsehung, dass Trump unverletzt geblieben sei.

Was bedeutet Trump für den Lebensschutz?

Die breite Unterstützung Trumps innerhalb der evangelikalen Wählerschaft fußt jedoch auf einem größeren Deal: So versprachen führende Vertreter der Evangelikalen schon 2016, Trump die nötigen Wählerstimmen für einen Wahlsieg zu verschaffen, wenn sich dieser im Gegenzug für ihre gesellschaftspolitischen Anliegen, allen voran den Lebensschutz, einsetze. Und Trump lieferte: Er ernannte zahlreiche konservative Richter, davon drei am Obersten Gerichtshof der USA, dem “Supreme Court”. Mit einer konservativen Stimmenmehrheit kippten Amerikas Oberste Richter schließlich im Sommer 2022 das umstrittene Grundsatzurteil in der Abtreibungsfrage, “Roe v. Wade”. Seitdem können die einzelnen Bundesstaaten wieder selbst über ihre Abtreibungsgesetze entscheiden.

Doch das Stimmungsbarometer schlägt in der US-Gesellschaft derzeit eher pro Abtreibung aus. Das belegen mehrere Umfragen: So kam das in Washington, D.C. ansässige “Pew Research Center” im Mai zu dem Ergebnis, dass 63 Prozent der Bevölkerung der Meinung sind, Abtreibung sollte “in allen oder den meisten Fällen” erlaubt sein. Und Trump wäre nicht Trump, wenn er diesen Umschwung nicht wahrnehmen und versuchen würde, seine Positionierung daran anzupassen. So läutete er bereits im Sommer eine politische Kehrtwende ein, damit der Lebensschutz am Wahltag nicht zur Belastung werden würde. Auf ihrem Parteitag im Juli verabschiedeten die Republikaner ein überarbeitetes Programm, in dem die Position in Sachen Abtreibung deutlich abgeschwächt ist. Während es in dem zuletzt 2016 aktualisierten Papier noch hieß, ungeborene Kinder hätten “ein grundsätzliches Recht auf Leben, das nicht angetastet werden kann”, steht in der neuen Version lediglich, dass man sich “stolz für Familien und das Leben” einsetze. Zudem verzichtet der Text darauf, wie in der Vergangenheit auf ein landesweites Abtreibungsverbot hinzuarbeiten.

Auch Trump selbst nahm im Wahlkampf von dem Vorhaben Abstand, ein landesweites Abtreibungsverbot einzuführen – anders als Kamala Harris, die mit dem Plan eines “Rechts” auf Abtreibung von nationaler Gültigkeit ins Rennen ging. Viele Lebensschützer zeigten sich daher auch von Trump enttäuscht, hielten ihm aber die Stange – denn eine bessere Option hatten sie nicht. Ob Trump das sogenannte “Hyde Amendment”, das die staatliche Finanzierung von Abtreibung mit Steuergeldern verbietet, sowie die “Mexico City Policy”, die alle Organisationen von der Förderung durch US-amerikanische Entwicklungshilfe ausschließt, die im Ausland Abtreibungen anbieten oder bewerben, wieder einführt, muss sich noch zeigen. Es wäre jedoch eine Überraschung, wenn Trump dies nicht täte, läge er damit doch nur in der Tradition der letzten republikanischen Präsidenten.

Hat Trump je an sich gezweifelt?

Trotz all des unerschütterlichen Selbstvertrauens, das Trump bei seinen öffentlichen Auftritten stets ausstrahlte, gab es eine Phase, in der er insgeheim wohl an seinen Siegchancen gezweifelt haben dürfte. Es war die Zeit unmittelbar nach Kamala Harris‘ Kandidatenkür, als wirklich ein Ruck durch die Demokraten ging und all der Ballast, den Joe Bidens schwerfällige Kandidatur angehäuft hatte, zeitweise abfiel. So sehr hatte sich sein Wahlkampfteam auf Biden als Gegner eingeschossen, dass es eine gewisse Zeit dauerte, ehe man sich an die neue Kontrahentin Harris angepasst hatte.

Zweifelte Trump in dieser Zeit an sich? Nur er selbst und sein engstes Umfeld werden es wissen. Unbestreitbar ist allerdings, dass für Trump wesentlich mehr auf dem Spiel stand als nur die Präsidentschaft. Denn die juristische Aufarbeitung seines Verhaltens rund um die verlorene Wahl 2020 war bis zum Wahltag juristisch keinesfalls ausgestanden. Als gewählter Präsident kann er nun dafür sorgen, dass das Justizministerium die Ermittlungen in den meisten Fällen einstellt.

Zudem war für den 26. November eigentlich die Urteilsverkündung in der Affäre um Schweigegeld-Zahlungen an eine Pornodarstellerin angesetzt, mit denen Trump seine Chancen im Wahlkampf 2016 erhöht haben soll. Ob ihm in diesem Fall noch eine Verurteilung droht, ist offen. Eine Gefängnisstrafe gilt jedoch eher als unwahrscheinlich. Im Wahlkampf schwor Trump auch immer wieder, im Falle eines Sieges Rache an seinen politischen Gegnern nehmen zu wollen, denen er aufgrund der Strafverfolgung eine politische “Hexenjagd” vorwarf. Ob er Ernst macht – und was dies bedeuten würde – muss sich ebenfalls noch zeigen.

Auch die Migrationskrise hilft Trump

Dass Trump und nicht Harris das Rennen für sich entscheiden konnte, liegt auch daran, dass die Demokratin über die Migrationsfrage gestolpert ist. Denn Trump führte einen unnachgiebigen Migrationswahlkampf, in dem er Harris mit drastischer Rhetorik und der Ankündigung extremer Maßnahmen, wie etwa der massenhaften Abschiebung von 20 Millionen illegaler Einwanderer, vor sich hertrieb. Immer wieder bezeichnete er Harris spöttisch als “Bidens Grenzzarin” und führte den Wählern genüsslich vor Augen, dass sie mit der Aufgabe, eine Lösung für die Grenze zu finden, gescheitert sei. So musste auch Harris in ihrer Positionierung nach rechts rücken. Ihre migrationspolitischen Vorhaben dürften die striktesten gewesen sein, die je ein Kandidat der Demokraten angekündigt hat.

Wenn der demokratische Prozess der friedlichen Machtübergabe nun ohne Zwischenfälle seinen Lauf nehmen kann – und darauf deutet alles hin –, wird Donald Trump am 20. Januar 2025 offiziell als US-Präsident vereidigt. Zuvor werden die Wahlmänner am 17. Dezember in den Hauptstädten der Bundesstaaten zusammenkommen, um formal ihre Stimmen abzugeben. Am 6. Januar wird dann der Kongress den Gewinner der Wahl offiziell bestätigen.

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