Die “heiße Kartoffel” des Vatikans: der Frauendiakonat

Listenreich will die römische Glaubensbehörde das Thema umschiffen: mit einem Blick auf große Frauengestalten der Kirche


Grosse Frauengestalten

04.10.2024

Guido Horst

Während die römische Bischofssynode in den für ihre Teilnehmer qualvollen Rede-, Hör- und Betmodus übergegangen ist, hat Kardinal Victor Manuel Fernández gleich am Anfang des dreiwöchigen synodalen Marathons zumindest den Berichterstattern und Beobachtern ein kleines Zückerchen gereicht. Die Synode tagt hinter verschlossenen Türen. Aber die Redebeiträge bei der Eröffnung am Mittwoch wurden zumindest schriftlich an die Öffentlichkeit weitergereicht.

So auch die Berichte aus den zehn Arbeitsgruppen, die Franziskus mit der Behandlung der Themen betraut hat, die im Einzelnen nicht mehr von der Synode beraten werden sollen. Dazu gehört auch die Frage, die für den Vatikan die “heiße Kartoffel” schlechthin darstellt: der Frauendiakonat.

Hätte das Zweite Vatikanum den Diakonat nicht als Teil des dreistufigen Weiheamts definiert, das der apostolischen Tradition zufolge nur Männern vorbehalten ist, wären seit Jahren schon Kurienprälaten auch in den höchsten Rängen bereit, dem Drängen in der Weltkirche nach der Diakoninnenweihe nachzugeben. Doch wer will schon hinter das Konzil zurückgehen in die finstere Urzeit der Kirche, in der es angeblich Frauen als Diakoninnen gegeben hat?

Sakramentale und diakonale Dienste

Der Frauendiakonat gehört zum Beritt der Arbeitsgruppe 5, die im Auftrag des Papstes “Theologische und kirchenrechtliche Fragen im Zusammenhang mit bestimmten Formen des Dienstes” behandeln soll und im Sommer 2025 (hoffentlich) Ergebnisse vorlegen wird.

Berichterstatter über das Konzept dieser Gruppe war am Mittwoch der Präfekt des Glaubensdikasteriums, und Kardinal Fernández gab vor den Synodalen bekannt, dass seine Behörde ein Dokument zum Thema “Frau in der Kirche” erarbeiten werde. Fernandez wörtlich: “Um das Thema der Stellung der Frau in der Kirche und ihrer Beteiligung an Entscheidungsprozessen und an der Leitung von Gemeinschaften weiterzuentwickeln, wird das Dikasterium” – gemeint ist sein eigenes – “in dem Dokument die folgenden Themen prüfen und untersuchen:

die Besonderheit der sakramentalen Vollmacht;
die Beziehung zwischen der sakramentalen Vollmacht (insbesondere derjenigen, die sich aus der Befähigung zur Spendung der Eucharistie ergibt) und den kirchlichen Diensten, die für die Pflege und das Wachstum des heiligen Gottesvolkes im Hinblick auf die Mission erforderlich sind;
den Ursprung der Ämter;
die charismatische Dimension des kirchlichen Lebens;
kirchliche Funktionen und Dienste, die nicht das Weihesakrament erfordern;
die Weihe als Verpflichtung zum Dienst;
und die Probleme, die sich aus einer falschen Auffassung der kirchlichen Autorität ergeben.”

Es bleibt beim Nein zum Frauendiakonat

Dabei werde man, so der Präfekt weiter, “der dringenden Frage der Beteiligung von Frauen am Leben und an der Leitung der Kirche die gebührende Aufmerksamkeit schenken”. Und dazu gehöre eben auch die Frage des Zugangs von Frauen zum Diakonat als Weiheamt.

Da es aber dazu “noch keinen Raum für eine positive Entscheidung des Lehramts” gebe – was, wie Fernández in Erinnerung rief, Papst Franziskus “kürzlich öffentlich bestätigt” habe (wahrscheinlich in einem seiner vielen Interviews) –, werde man in dem besagten Dokument einen anderen “interessanten“ Weg einschlagen:

Man wolle das Leben einiger Frauen analysieren, die “echte Autorität und Macht zur Unterstützung der kirchlichen Mission ausgeübt haben”, ohne dass diese Autorität und Macht an die sakramentale Weihe gebunden gewesen sei.

Heilige und mutige Frauen als Vorbilder

Diese Frauen, deren Wirken das Glaubensdikasterium in dem angekündigten Dokument analysieren will, lebten und wirkten in der frühen wie auch in der jüngeren Geschichte der Kirche. Fernández nannte einige Beispiele: Mathilde von Canossa “mit ihrer tatkräftigen Unterstützung des Papsttums”, Hildegard von Bingen mit ihrer “polyedrischen Genialität”, Birgitta von Schweden “mit ihrer ständigen Sorge um die Ärmsten”.

Weiterhin nannte der Kardinal Katharina von Siena mit ihrer “kühnen evangelischen Freiheit der Rede”, Jeanne d’Arc “mit ihrem großzügigen Engagement für ihr Volk”, Teresa von Ávila “mit ihrem Beitrag zur katholischen Reformation und zur Mystik” und Juana Inés de la Cruz “mit ihrem politischen und literarischen Einfluss”. Fernández verwies auch auf Mama Antula, eine argentinische Heilige des 18. Jahrhunderts, Maria Montessori “mit ihren ihrer Zeit vorauseilenden Einsichten im Bereich der Erziehung” sowie Dorothy Day “mit ihrem prophetischen Einsatz für soziale Fragen” und Madeleine Delbrêl “mit ihrer tiefen mystischen Spiritualität”.

Mancher mag auf das von Fernández angekündigte Dokument gespannt sein. Sicher ist nur jetzt schon: Die Erwartungen der Befürworter des Frauendiakonats wird es nicht erfüllen.

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