Katholische Selbstabschaffung
Ist es sinnvoll, islamische und katholische Theologie in einer Fakultät zu betreiben? Genau das hat die Universität Wien beschlossen. Sebastian Ostritsch findet: Nein
Quelle
Besser so als ganz ohne Kontrolle | Die Tagespost (die-tagespost.de)
Islam-Studien an katholischer Fakultät | Die Tagespost (die-tagespost.de)
28.07.2024
Mit Beginn des Wintersemesters am 1. Oktober wird das in Wien ansässige „Institut für Islamisch-Theologische Studien“ der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien angegliedert. Eine erstaunliche Weichenstellung, der freilich die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich genauso wie der Wiener Erzbischof, Kardinal Schönborn, und die katholische Fakultät zustimmte. Wie ist das Projekt zu bewerten? Sebastian Ostritsch meint: Ein Schritt in Richtung Selbstaufgabe.
Völliger Identitätsverlust
Die Angliederung des Instituts für Islamisch-Theologische Studien an die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Wien ist ein schwerer Fehler, der zum Verschwinden oder – schlimmer noch – zum völligen Identitätsverlust der katholischen Theologie in Wien führen könnte.
Dass dies ein realistisches Zukunftsszenario ist, hat mit der Macht der Zahlen zu tun, oder genauer gesagt mit der Einsicht, dass eine Veränderung der zahlenmäßigen Zusammensetzung einer Gruppe Auswirkungen auf die Machtverhältnisse hat. Das lässt sich derzeit beim Thema “Einwanderung” gut beobachten: Integration und Assimilation sind kein großes Problem, solange das zahlenmäßige Verhältnis von einheimischer Mehrheitsgesellschaft und einer deutlich kleineren Zahl an Neuankömmlingen nicht aus den Fugen gerät. Wo dieses Verhältnis aufgrund unkontrollierter Massenmigration nicht gewahrt bleibt, ereignen sich dramatische gesellschaftliche Umwälzungen.
Auf dem Holzweg
Dasselbe gilt nun auch für die Zusammensetzung einer Fakultät. Noch mag man an der Universität Wien darauf verweisen, dass es sich nicht um eine Fusion, sondern um eine Angliederung handle, und betonen, dass die bestehenden Professuren und Studienordnungen ebenso bestehen blieben wie das Lehrangebot. Was aber, wenn die Studentenzahlen in der katholischen Theologie weiter sinken und die Zahl derer, die islamische Theologie studieren wollen, steigen? Es ist naiv zu glauben, dass sich dies nicht auch in einer Änderung der Machtverhältnisse innerhalb der Fakultät niederschlagen wird. Was schützt die katholische Theologie davor, früher oder später ein Teil einer Fakultät zu sein, die de facto islamisch ist?
Es ist kein Wunder, dass die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) die Angliederung begrüßt, obwohl deren asymmetrische Konstruktion im Moment für sie noch nachteilig erscheinen könnte. Auch beim IGGÖ wird man ahnen, in welche Richtung sich die Zahlen entwickeln werden. Dass die Katholische Fakultät wohl selbst aufgrund des eigenen Hörerschwundes den Veränderungen zugestimmt hat, ist Ausdruck einer absurden Logik: Wer angesichts schwindender eigener Ressourcen meint, diesen Schwund dadurch kompensieren zu können, dass er sich einen Konkurrenten ins Boot holt, befindet sich auf dem Holzweg. In Wahrheit treibt, wer so handelt, das eigene Verschwinden voran. Jetzt schon steht fest, dass spätestens in zwei Jahren die bis dahin nur kooptierten islamischen Professoren zu vollwertigen Mitgliedern der Fakultäten werden und dann unter anderem auch bei Budgetfragen mitentscheiden werden.
Die Auseinandersetzung wird noch schwerer werden
Je kleiner und bedrohter eine Gruppe ist, umso mehr muss sie sich aufs Eigene besinnen, um es vor dem Verschwinden zu bewahren. Das gilt für die katholische Kirche im Ganzen wie für katholische Institute aller Art im Besonderen – universitäre Fakultäten eingeschlossen. Der Gegenstand der katholischen Theologie als sacra doctrina ist nichts Geringeres als der sich offenbarende Gott selbst; ihre Aufgabe ist es, das in der Heiligen Schrift und der Überlieferung der Kirche hinterlegte Depositum fidei geistig zu durchdringen. Dass man in Wien inzwischen anders, nämlich eher soziologisch oder gar polit-aktivistisch über die Aufgabe der Theologie denkt, offenbart das Statement von Andrea Lehner-Hartmann, der Dekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät: “Angesichts großer globaler und gesellschaftlicher Herausforderungen ist eine Stärkung und Zusammenarbeit theologischer Fächer nötig.” Als ob die katholische Theologie dazu da sei, die Probleme der Welt zu lösen!
Sollte sich der Nachfolger von Kardinal Schönborn besinnen und nicht mehr auf die Erteilung seines “nihil obstat” bei der Berufung der islamischen Professoren verzichten wollen, ist der gesellschaftliche Aufschrei ob des intoleranten und islamfeindlichen Katholizismus vorprogrammiert. Selbst wenn dies nicht eintritt, gilt: Eine akademisch-kritische Auseinandersetzung mit dem Islam wird durch die Eingliederung noch schwerer werden, als sie jetzt schon ist.
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