Wie Abrahams Opfer auf Christus vorausweist

Das Alte Testament weist auf das Neue hin, das Neue Testament lässt sich aus dem Alten deuten, so Martin Grichting

Quelle

24.02.2024

Martin Grichting

“Das Neue Testament liegt im Alten verborgen, das Alte wird im Neuen offenbar.”

Diese Feststellung des heiligen Augustinus gilt auch für die Lesungen des 2. Fastensonntags. Das Opfer des Isaak, das Abraham darbringen soll, ist die noch dunkle Prophezeiung der Opferung Jesu Christi. Abrahams Opfer soll die Menschen mit Gott versöhnen.

Diese Versöhnung geschieht dann jedoch erst durch das Ganzopfer des Gottessohnes Jesus Christus. Das Holz, das Isaak tragen muss für das Feuer, das ihn verzehren soll, ist ein Vorausbild des Kreuzesholzes Christi. Der Berg, auf den Isaak steigen muss, hat in der Fülle der Zeit seine Entsprechung im Kalvarienberg. Und der Widder, der sich im Unterholz verfangen hat, weist voraus auf das Lamm Gottes, Jesus Christus, der sich in die verwickelten Zusammenhänge dieser Welt hat einbinden lassen.

Für uns hingegeben

Was vorausverkündet wurde, hat sich ereignet. Freilich bleibt bei aller durchkomponierten Analogie die Grundfrage: Musste das sein? Hätte Gott den Menschen nicht anders retten können als durch die Vollendung eines archaischen Opfers? Warum musste Jesus Christus den blutigen Opfertod sterben?

Eine Antwort auf diese Frage kann man in der zweiten Lesung finden. Paulus erinnert daran, dass Gott seinen Sohn nicht verschont und ihn für alle hingegeben hat. Dann schreibt er den Römern: “Wie sollte Gott uns mit ihm nicht alles schenken?”

In der Tat liegt hier die Erklärung für die Grundfrage der menschlichen Erlösung. Denn mit und durch Jesus Christus hat uns Gott “alles” geschenkt. Das heißt: Gott uns hat sich selbst geschenkt, seine Gemeinschaft. Indem Gott in Jesus Christus Mensch wird und unsere Wege betritt, schenkt er uns alles.

Gemeinschaft mit Gott

Denn was kann der Mensch mehr geschenkt erhalten als die Gemeinschaft mit Gott, von dem er abstammt? Diese Gemeinschaft geht tief: Gott durchlebt in Jesus Christus alles, was menschlich ist: “Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen”, wie das Zweite Vatikanum formuliert hat. Dieses Durchleben der menschlichen Realität umfasst in der Tat alles, bis hin zu Leiden und Tod.

So kann auch in diesen letzten menschlichen Wirklichkeiten Gottes Gemeinschaft erfahren werden. Deshalb auch bedeuten Leiden und Tod nicht das Ende der Sackgasse. Vielmehr werden sie zu einem Übergang in die ewige Gemeinschaft des lebendigen Gottes. Dort schenkt er uns dann wirklich alles, sich selbst.

Dies ist eine Wirklichkeit, die wir auch in den Zeiten des Neuen Testaments erst in Umrissen zu erkennen vermögen. Deshalb könnte man den heiligen Augustinus fortschreiben: Was in dieser Welt verborgen ist, wird in der kommenden offenbar.

“Text unter der Lupe”

Genesis 22, 1–2.9a.10–13.15–18
Römer 8, 31b–34
Markus 9, 2–10

Zu den Lesungen des 2. Sonntags der Fastenzeit im Jahreskreis 2024 (Lesejahr B)

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