Unterschätzte Wegbegleiter

Wider ein Defizit in der Verkündigung: Die Benediktiner von Le Barroux legen einen Katechismus über die Engel vor

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Engel und Heilige (69)

10.01.2024

Barbara Stühlmeyer

Engel sind in den letzten Jahren innerhalb der Kirche mehr und mehr unsichtbar geworden. In der Verkündigung spielen sie keine Rolle. Dort, wo sie überhaupt erwähnt werden, geschieht dies zumeist mit dem Hinweis, sie müssten keine Männer mit Flügeln sein. Aber die Projektion der lichten Geistwesen in den rein menschlichen Bereich greift zu kurz. Das zeigt nicht nur das seit Jahrzehnten sichtbare Bedürfnis nach Engeln, das in Ermangelung der von der Kirche gegebenen Antworten auf die Fragen der Menschen im Bereich der Esoterik befriedigt wird. Das ist schade, denn die Engellehre der Kirche enthält einen Wissensschatz um Wesen, Wirken und Aufgaben der Engel, der es wert ist, wieder neu entdeckt zu werden.

Genau dies kann man mit dem Katechismus der Engel nun wieder tun. Erschienen ist dieses hochwertig gestaltete Buch mit Lesebändchen im Kulmbacher Sabat Verlag. Dessen Leiter ist bekannt dafür, christlichen Kernthemen Raum zu geben und Bücher einfach deswegen zu edieren, weil unsere Welt sie braucht. Beim Engelkatechismus ist dies ganz sicher der Fall. Die Qualität dessen, was den Leser erwartet erhellt schon aus dem bescheiden im Innenteil hinzugefügten Zusatz “von den Mönchen von Barroux”. Dass dieser Konvent der Tradition verpflichtet ist, zeigt ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis.

Lehre der Kirche über Engel

Im Katechismus der Engel wird zunächst in 23 Kapiteln zusammengetragen, was die Kirche über die Jahrhunderte über die Natur, die Immaterialität, die Verehrung und das Wissen der Engel gelehrt hat. Die Form ihrer Gemeinschaft wird ebenso in den Blick genommen wie ihr durch Erleuchtung erlangtes Wissen, der Fall einiger Engel, ihre Beziehung zur Jungfrau Maria, zu Christus und zur Kirche. Wichtig und aufschließend ist auch das Kapitel über Engel und Liturgie, öffnet es doch den Blick für die Anwesenheit der Engel beim Gebet und in der Feier der heiligen Messe.

Thematisiert wird auch die Rolle der Engel als Wegbegleiter im irdischen Leben und als Helfer beim Sterben. Dabei wird an die Texte der überlieferten Liturgie erinnert, die diesen Glaubensschatz noch vermittelt haben und jederzeit wieder entdeckt werden können. Denn eins ist klar: Wenn in der Liturgie und der Lehre, wie in den letzten Jahren zu beobachten ist, jeder machen kann, was er will, besteht diese Freiheit auch im Hinblick auf die Wahrung der Tradition und das Hüten ihrer Schätze.

Engel als Erzieher im geistlichen Leben

Erhellend ist auch der Blick auf die Rolle der Engel als Erzieher im geistlichen Leben, näherhin auf dem Reinigungsweg, dem Erleuchtungsweg und dem Einigungsweg, also der alten mystischen Ordnung des Aufstiegs zu Gott. Hier schöpft der Katechismus der Engel natürlich aus der reichen Lehre über die Engel in der monastischen Tradition, der ein eigenes Kapitel gewidmet ist.

Dass Engel nicht nur im Hinblick auf die Menschen, sondern auch im Kosmos eine maßgebliche Rolle spielen, erklärt Kapitel 19. Wichtig – gerade in seiner Nüchternheit – ist das Kapitel über die bösen Engel und das außerordentliche Wirken der Dämonen. Einen Blick auf die Lichtgestalten des Glaubens eröffnet das Kapitel über die Ikonographie der Engel, dessen Wirkung durch einige gut ausgewählte, aussagekräftige Bildtafeln vertieft wird.

Wichtige Texte der Theologiegeschichte zu Engellehre

Der Katechismus der Engel besticht nicht nur durch die Vielzahl der Informationen und die schier unübersehbare Anzahl zitierter Quellen im Hauptteil, sondern auch durch seinen gut 150 Seiten umfassenden Anhang. Hier werden wichtige Texte der Theologiegeschichte mit dem Themenschwerpunkt Engellehre abgedruckt. Sie informieren nicht nur, sondern machen auch deutlich, was für ein Verlust der Verzicht auf Lehrstühle für Angelologie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil war. Deren Fehlen steht paradigmatisch für den Verlust des konkreten Kontaktes mit der Welt geschaffener Geister, dessen Folgen heute anhand zahlreicher Fehlentwicklungen in Kirche und Welt ablesbar ist.

Anhang 1 bietet den Traum des Gerontius, Anhang 2 alte Liturgien, in denen der Verehrung der Engel noch weiter Raum gegeben wird und die einen wahren, zum Entdecken und zur konkreten rituellen Umsetzung einladenden Schatz bilden. In Anhang 3 finden sich päpstliche Dokumente zur Angelologie, gefolgt von Pastoralbriefen und bischöflichen Schriften über die Engel.

Ein Buch zum Trainieren von geistlichen Grundhaltungen

Inspirierend und lichtvoll sind auch die zahlreichen geistlichen Texte, in denen Heilige, Missionare und Ordenschristen über ihre Verehrung der oder ihre Begegnung mit Engeln berichten. Gedichte, Lieder und Gebete runden diesen Teil ab und machen den Katechismus der Engel neben seinem reichen Informationsgehalt auch zu einem Praxisbuch. Genau dies möchte er seinem Wesen nach sein. Denn ebenso wie die Engel selbst, die in diesem wichtigen, wegweisenden Werk in so vielen Facetten präsentiert werden, ist dieser Katechismus ein Lebensbegleiter. Kein Buch, das man einmal mit Interesse von A bis Z liest und dann zur Seite legt, sondern vielmehr eines, das man wie ein gutes Vademecum immer wieder neu zur Hand nimmt und das einen auf dem eigenen Weg hin zu und mit Gott begleitet.

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Mit Hilfe dieses Katechismus und der Engel können geistliche Grundhaltungen trainiert, geistliche Fehlhaltungen korrigiert und das Leben der Seele genährt werden. Da es im traditionellen Frage-und-Antwort-Stil gehalten ist, findet der Leser sich mit seinem Suchen und Fragen dort immer wieder neu unmittelbar wieder. Für geistliche Begleiter sollte dieser Katechismus eine Lektüre werden, auf die immer wieder zurückgegriffen wird, um die Perspektive der Ewigkeit und die Wirklichkeit Gottes nicht aus dem Blick zu verlieren.

Mönche von Le Barroux, Katechismus der Engel, Verlagsbuchhandlung Sabat, Kulmbach, 2023, 361 Seiten, ISBN 978-3-943506-72-3, EUR 24,95

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