Ein historischer Kompromiss auf der Klimakonferenz

Kommentar: Ein historischer Kompromiss auf der Klimakonferenz – Leider gab es in Dubai nur ein Abkehr- anstatt eines Ausstiegsszenarios bei fossiler Energie. Aber immerhin: Ein erster Schritt, schreibt Josef Bordat

Quelle
Weltklimakonferenz: Wieder ein Tropfen auf den heißen Planeten | Die Tagespost (die-tagespost.de)
Papst-Akademie zu COP28: Teilweise mehr gewünscht – Vatican News
“Klimakrise verlangt nach neuer Schöpfungstheologie” – Vatican News

14.12.2023

Josef Bordat

Was lange währt, wird endlich gut. Zumindest nicht ganz so schlecht, wie noch am Wochenende zu befürchten war, als die OPEC-Länder Stimmung machten gegen das u.a. von der EU geforderte Ende der Nutzung von Kohle, Öl und Gas. In dem von COP28-Präsident Al-Jaber am Mittwoch Morgen vorgelegten 21-seitigen Dokument ist davon nicht mehr die Rede. Dessen unprätentiöse Verabschiedung durch die Delegierten feierte der hauptberufliche Erdöl-Unternehmer als “historisch”.

Historisch, aber Kompromiss

In der Tat: Der Kompromiss ist historisch. Aber es ist eben ein Kompromiss. Klassischerweise zeichnet sich ein Kompromiss durch Einigung in der Sache auseinanderliegender Parteien auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner aus. Und genau das ist das Problem: Ist dieser Nenner groß genug? Unser Enkel werden nicht fragen, ob die Weltgemeinschaft ehedem “historische” Erklärungen abgab, sondern wie wirkungsvoll deren Inhalte in Bezug auf den Klimaschutz waren. Hier darf man Zweifel anmelden, die so weit gehen können, dass man sich “im Stich gelassen” fühlt, wie es die Vertreterin des pazifischen Samoa im Namen der vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaaten ausdrückte. Höflicher Applaus der Delegierten.

“Historische” Erklärung – “im Stich gelassen”.

Zwischen diesen Extrema oszillieren die Einschätzungen. Viele zeigen sich “zufrieden”, wie – erstaunlicherweise – unsere grüne Außenministerin Annalena Baerbock, die zuvor noch als Verhandlungsführerin der EU zum Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen gemahnt hatte. Umweltverbände sind enttäuscht, sie kritisieren, die Abschlusserklärung gehe nicht weit genug, sei gar ein “mangelhaftes Ergebnis” der COP28, wie Michael Kühn, Klimaexperte der Welthungerhilfe meint. Und Greenpeace Deutschland-Chef Martin Kaiser hält die flankierenden Maßnahmen der “Abkehr”-Strategie – Weiternutzung der Atomkraft sowie Carbon Capture and Storage-Verfahren – für “Scheinlösungen”.

Details blieben offen

Was ist von den Dubai-Beschlüssen zu halten? Eine faire Bewertung wird sich wohl irgendwo zwischen der “großen Freude in der deutschen Delegation” und der Untergangsstimmung der Inselstaatenvertreter einsortieren. Einerseits ist es gut, dass erstmals überhaupt die Absicht zur Transformation (weg von den fossilen, hin zu den regenerativen Energiequellen) Teil eines Dokuments von diesem Format geworden ist. Andererseits sind die Formulierungen so butterweich, dass am Ende völlig offen ist, wie sich diese “Abkehr” gestaltet. Bis wann? Mit welchen Maßnahmen? Welche Zwischenergebnisse werden angestrebt? Und was geschieht, wenn nichts geschieht?

Man kennt das von den üblichen Jahresendvorsätzen: Mehr Sport, weniger Alkohol. In dieser Form langt das allenfalls bis Mitte Januar. Wer hingegen sagt “Zweimal pro Woche 30 Minuten Radfahren” oder “Montag bis Freitag kein Alkohol, am Wochenende maximal drei Bier” wird länger durchhalten. Vor allem dann, wenn er den Vorsatz mitteilt und sich damit der Kontrolle Dritter unterwirft. Das tut aber mit der Abschlusserklärung gerade niemand. Es wäre also gut, wenn in Nachverhandlungen mehr Verbindlichkeit in die Sache mit der “Abkehr” käme.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Und neben dem Kriterienkatalog auch ein Kontroll- und Sanktionsmechanismus verankert werden würde. Im Beschlusstext steht, man strebe einen “Übergang weg von fossilen Energien in einer gerechten, geordneten und ausgewogenen Weise” an. Was ist “gerecht”, “geordnet”, “ausgewogen”? Und wer beurteilt das? Fest steht nur, dass die Folgen des Klimawandels zu mehr Ungerechtigkeit, zu globaler Unordnung und zu weiteren sozialen, aber auch militärischen Spannungen führen. Das kann man sehen, das kann man messen. Wenn schon bei zu hohen finanziellen Schulden abgestraft wird (wie etwa innerhalb der EU), dann sollten auch bei zu großen Emissionsvolumina bzw. mangelnden “Abkehr”-Bemühungen Sanktionen greifen. Das ist einfach gesagt und schwierig umgesetzt, doch auch eine symbolische Ächtung notorischer Klimasünder könnte hier etwas bewirken.

Für den Moment bleibt die schwammige Erklärung der Absicht, einen historischen Transformationsprozess in Angriff nehmen zu wollen, in einem Dokument, dessen Autoren viel an Vertrauensvorschuss für sich beanspruchen, obwohl sie in den letzten drei Jahrzehnten nicht allzu viel dafür getan haben, diesen Anspruch zu rechtfertigen.

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