Trost bei Gott und den Tieren

“Wo auch immer jemand unglücklich ist, dahin schickt Gott einen Hund” schrieb der Dichter Alphonse de Lamartine

Quelle
Alphonse de Lamartine – Wikipedia
Graziella
Alphonse de Lamartine Quotes (notable-quotes.com)

23.09.2023

Ute Cohen

“Wo auch immer jemand unglücklich ist, dahin schickt Gott einen Hund” schrieb der Dichter Alphonse de Lamartine. Der große Lyriker der französischen Romantik, der sich trotz hoher Empfindsamkeit der Unbill eines politischen Daseins aussetzte, fand Trost nicht nur in Gott, sondern auch bei seinen tierischen Freunden. Einer katholischen Soziallehre zugewandt, trat er allen Widernissen zum Trotz entschieden für die Belange einer in Armut lebenden Arbeiterschaft ein. Die Kraft, die Einzelkämpfertum und politische Klüngel ihm abverlangten, schöpfte er aus der Natur und aus der Liebe zu seinen Hunden. Abbilden ließ er sich mit seinen italienischen Windspielen, die Lamartine eher als vierbeinige Vögel denn als Hunde betrachtete. “Mit drei Windhunden auf meinen warmen Füßen und irgendeinem Buch in meiner zerstreuten Hand” fühlte er sich glücklich.

Wärme und Zugewandtheit ließ ihm das Tierreich angedeihen, Trost suchte er auch in einem katholisch geprägten Pantheismus. Der Hund bedeutete ihm unbedingte Loyalität: Selbst Reichtum und allerlei Verlockungen lassen ihn nicht abtrünnig werden von seinem Herrn und Meister. Der Hund als treuer Verbündeter ist ein Motiv, das gerade in Krisenzeiten, in Zeiten des politischen Umbruchs immer wieder auftaucht. So ist es kein Wunder, dass der französische Regisseur Luc Besson in seinem neuen Film “Dogman” Hunde zu Bündnisgenossen der Elenden macht. Den Aufstand der Hunde, den Besson probt, ist auch ein spiritueller, eine Rebellion, die in einer christlichen Leidens– aber auch Verwandlungsethik gründet.

Tiere als Gegenentwurf zum verkommenen Menschen

Die Geschichte des Jungen Douglas, der von seinem tyrannischen Vater und seinem verkommenen Bruder in einen Käfig voller vernachlässigter, ausgehungerter Hunde geworfen wird, steht symbolisch auch für die moralische Verworfenheit und Ruchlosigkeit von Menschen in einer gottlosen Welt. Sie verschanzen sich hinter hochmoralischen Fassaden und quälen die sensiblen, mitmenschlichen Geister. Besson nun lässt seinen Protagonisten die Solidarität der Tiere angedeihen, eine Solidarität, die nicht korrumpiert ist von menschlichen Untugenden wie Gier, Herrschsucht und Demütigung.

Douglas gelingt es eines Tages dank der Hunde dem Kerker zu entkommen, wenngleich schwer verwundet und an den Rollstuhl gefesselt. Doch erfährt er die Kraft der Verwandlung und erlebt sich im wahrsten Sinne des Wortes als ein Aufsteher, ein Mensch, der sich wie Phönix aus der Asche zu erheben vermag, der eine innere Widerstandskraft entwickelt, die ihn aufrichtet, stärkt, erhebt. Die Beseeltheit, die der junge Mann erlebt, als er in einem Heim Schauspielunterricht erhält, ist ansteckend. Dank der Worte wird er in ein Universum katapultiert, in dem er sich neu erschaffen kann. Nichts aber ist von Dauer und der junge Mann wird wieder zurückgeworfen in ein Einzelgängertum, das nur die Gesellschaft der Hunde zu lindern vermag. Es wäre nicht Luc Besson, wenn nicht Gangster und eine gnadenlose Gesellschaft für weitere Bedrängnis und Trübnis sorgen würden. Die Tiere aber entpuppen sich als wahre Bündnisgenossen in schlimmster Not, als findige Robin Hoods in einer geldbesessenen Gesellschaft.

Es ist tröstlich, diesen Film zu sehen bei aller Herzensqual und Rachegelüsten, die man verspürt gegenüber den Ruchlosen und Verlogenen. Tröstlich, weil Besson eine wundersam poetische Bildwelt des Leids auf die Leinwand bringt und die Hoffnung von Anbeginn darin aufscheinen lässt. Douglas wird im Gefängnis von einer Psychiaterin gefragt, weshalb er sich ihr geöffnet habe. Seine Antwort lautet: “Weil wir etwas gemein haben. Leid.” Das gemeinsame Erleben des Leids symbolisiert er in zwei Bildern, in denen Caleb auf dem Boden liegend wie der Gekreuzigte, der Erlöser wirkt. Es ist ein Film, den Lamartine wohl geliebt hätte, zumal sich das Herz für Mensch und Tier in gleichem Maße öffnet.

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