Europa und die Migration: Ein Drama ohne Ende

In Marseilles wird der Papst wohl auch daran denken, dass das Mittelmeer zehn Jahre nach seinem Lampedusa-Besuch immer noch der größte Friedhof Europas ist

Quelle
Mare Nostrum
Franziskus: Wir brauchen “die Kühnheit des Friedens”
Das Ideal einer neutralen Öffentlichkeit: Die Trennung zwischen Staat und Religion in Frankreich | Frankreich | bpb.de
Frankreich zahlt die Zeche für seinen Laizismus: Swiss Cath News (swiss-cath.ch)
Mont Saint Michel

22.09.2023

Guido Horst

Es dürfte vorerst die letzte Auslandsreise von Papst Franziskus sein. Nach den Treffen der Bischöfe aus dem Mittelmeerraum, die 2020 in Bari und 2022 in Florenz stattgefunden haben, gilt der Besuch von Papst Franziskus am Freitag und Samstag in Marseilles dem dritten Treffen dieser Art. Fast sechzig Bischöfe waren erstmals vor der Corona-Epidemie in der Hafenstadt des heiligen Nikolaus zu einer Art Vier-Tages-Synode zusammengekommen. Die Nordafrikaner, Orientalen und Europäer, unter ihnen auch Bischöfe aus dem Balkan, berieten über Themen wie Migration, Islam oder Wirtschaftskrisen.

Auch zwei Jahre später in Florenz haben Bischöfe aus 20 Ländern, die an das “Mare Nostrum” grenzen, an dem Mittelmeer-Treffen teilgenommen, das von Anfang an eine Initiative von Kardinal Gualtiero Bassetti, dem damaligen Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, war. Böse Zungen behaupteten zu jener Zeit, Bassetti habe die mit nicht wenig Aufwand verbundenen “Mittelmeer-Synoden” aus der Taufe gehoben, um nicht, wie von Franziskus gewünscht, eine nationale Synode der Kirche Italiens veranstalten zu müssen. Jetzt aber ist Frankreich der Gastgeber, besser gesagt, Kardinal Jean-Marc Aveline, der seit 2019 Erzbischof der von der Migration geprägten Hafenstadt ist und selber aus Algerien stammt. 2022 nahm ihn Franziskus in das Kardinals-Kollegium auf.

Botschaft Franziskus’ zur Migration erwartet

Etwa 70 Bischöfe, Vertreter anderer Religion und junge Menschen aus dem gesamten Mittelmeerraum nehmen an dem Treffen teil. Im Stadion des Fußballclubs Olympique Marseille wird Franziskus mit wohl 60.000 Gläubigen eine Messe feiern. Obwohl es kein Staatsbesuch in Frankreich ist, sondern eine pastorale Begegnung mit den Bischöfen aus der Mittelmeer-Region, wird Staatspräsident Emmanuel Macron zu dem Gottesdienst am Samstag erwartet (siehe Seite 12).

Marseilles ist eine ganz andere Kulisse als Bari oder Florenz. Es wird erwartet, dass Franziskus hier, vom größten Hochseehafen des Mittelmeers aus, seine Botschaft zum Thema Migration vortragen wird. Die Frage der Mittelmeer-Flüchtlinge, so hatte er am Samstag nach dem Gebet des “Angelus” auf dem Petersplatz mit Blick auf den Marseilles-Besuch gesagt, “stellt eine nicht geringe Herausforderung dar, wie wir es in den Nachrichten dieser Tage sehen. Aber sie muss gemeinsam angegangen werden, weil sie für die Zukunft aller wesentlich ist, die nur dann fruchtbringend sein kann, wenn sie auf der Brüderlichkeit aufbaut, indem sie die Menschenwürde und die konkreten Personen, vor allem die Bedürftigsten, an die erste Stelle setzt”.

Papst Franziskus hat angedeutet, dass der Besuch in Marseilles vorerst sein letzter Auslandsaufenthalt sein wird. Die Gesundheit lasse es nicht zu, weitere Reisen zu planen. Die für 2024 geplante Visite in seinem Heimatland Argentinien ist so gut wie abgesagt. Auch Vietnam, so sagte er scherzhaft zu Journalisten, müsse auf Johannes XXIV. warten. Der Blick geht also zurück. Vor zehn Jahren begann die Reihe der spektakulären Kurzbesuche des argentinischen Papstes am 8. Juli 2013 in Lampedusa, im April 2016 war er dann auf der griechischen Flüchtlingsinsel Lesbos. Das Mittelmeer als “größter Friedhof Europa”, wie Franziskus öfters sagte, hat ihn das ganze Pontifikat hindurch verfolgt. Gebessert hat sich gar nichts – nur die Konflikte in Afrika, die ein Grund der massenhaften Migrationsbewegung in Richtung Europa sind, haben an Zahl und an Schärfe zugenommen. Welche Worte wird der alt gewordene Papst in Marseilles finden, um diesem Drama Ausdruck zu verleihen? Europa jedenfalls hat seit 2013 nichts dazugelernt (siehe Seite 7).

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