“Werk Joseph Ratzingers an die Kirchen der Peripherie herantragen” (2)

“Lasst uns das Werk Joseph Ratzingers an die Kirchen der Peripherie herantragen” (Zweiter Teil)

Nachsynodales Apostolisches Schreiben ‘Africa Munus’ Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI.
Jesus von Nazareth – Diverse Beiträge
Fondazioneratzinger.va
Conférence de conclusion par Mgr Barthélémy Adoukonou/Video

Interview mit Msgr. Adoukonou anlässlich des internationalen Symposiums über die Trilogie “Jesus von Nazareth” in Cotonou (Benin)

Vatikanstadt, 19. September 2013 (ZENIT.org) Luca Caruso

Heute veröffentlichen wir den zweiten und letzten Teil eines mit dem Sekretär des Päpstlichen Rates für die Kultur Msgr. Barthélemy Adoukonou geführten Interviews zum Anlass des in Cotonou, Benin, stattfindenden internationalen Symposiums für die Theologen Afrikas über die Trilogie „Jesus von Nazareth“

Der erste Teil erschien am Dienstag, den 17. September 2013

Wurde Benedikt XVI. über diese bedeutende Initiative in Zusammenhang mit der Trilogie informiert?

Msgr. Barthélemy Adoukonou: Ja, ich habe ihn besucht, und er ist sehr glücklich darüber. Nachdem Stephan Horn, der Vorstandsvorsitzende des Schülerkreises, ihm darüber berichtet hatte, wollte er mich treffen. Ich stellte ihm das Projekt vor. In Benin und in ganz Afrika ist Joseph Ratzinger sehr bekannt, da er dem Episkopat des Kontinents das Schreiben „Africae munus[1]“ widmete, das intensive politische Reflexionen anregte. Benin ist auch die Heimat seines sehr beliebten Freundes Kardinal Gantin. Er bezeichnete die Kirche in Afrika als Lunge der Menschheit. Mit seinem Blick auf Afrika als zukünftige Hoffnung für die Kirche erweist er uns grosse Ehre. Mit Freude werden wir seine ausserordentlich klare und schöne Botschaft annehmen und vor allem im Sinne einer Bildung der Lehrer verstehen. Gegenwärtig mangelt es an in Gott wohnenden Lehrern. Ratzinger wohnt in Gott: Er verbreitet nicht nur Theorien, sondern lebt nach seinen Worten. Ratzinger ist einzigartig. Eine Lektüre dieser Trilogie ohne ein Erkennen des Zusammenhangs mit den Enzykliken des Papstamtes ist nicht möglich.

Die erste, „Deus caritas est“, thematisiert den Glaubensinhalt: Gott ist Liebe. Darin findet sich auf nur wenigen Seiten eine zutiefst faszinierende Darstellung der Liebe. Die zweite, „Spe Salvi“, kreist um die Hoffnung und steht in Verbindung mit der dritten, „Caritas in veritate“, die die Unentgeltlichkeit in den Mittelpunkt der Wirtschaft stellt: In einer Zeit der Krise aufgrund von Finanzspekulationen hat er den Mut, die Zentralstellung des Gedankens der Unentgeltlichkeit nahe zu legen. Letztlich hat er noch die “Lumen fidei” vorbereitet, jedoch nicht veröffentlicht. Sie wurde dann von Papst Franziskus aufgegriffen. Joseph Ratzinger hat sein Leben somit der Lehre verschrieben: Stets lehrend wirkte er als Professor, Hirte und Präfekt der Glaubenskongregation. Als Papst schrieb er diese Enzykliken… Diese Trilogie präsentierte Jesus als den stets auf den Vater schauenden neuen Mose, der zur Betrachtung der Welt in seinen Blick eintritt: Der Blick Jesu ist der Blick des Vaters, und der Glaube führt zu einer Teilhabe am Blick Gottes, um die Welt auf diese Weise zu sehen.

Welches Vermächtnis seiner Theologie und seines Denkens hinterlässt Joseph Ratzinger-Benedikt XVI. der Kirche und der Welt?

Msgr. Barthélemy Adoukonou: Fünf Minuten nach der Ankündigung des Verzichtes auf das Pontifikat kam mir ein Gedanke, der mich mit unbeschreiblicher Freude erfüllte: Während alle anderen nach Macht streben, hat er sie abgelegt, um in der Zuflucht in Gott und im Gebet die Kirche wachsen zu lassen. Auf diese Weise wurde er zu einer Autorität. Eine Woche später schrieb mir eine befreundete Philosophin, dass dies ein Ausdruck dessen sei, was man als „Heiligkeit der Intelligenz“ bezeichnet. Dieser Akt erschien mir als seine letzte lehr- und lehramtsbezogene Lektion. Wie der hl. Thomas sagte, findet das Glaubensfeuer in Gott seine Vollendung. Für mich handelt es sich dabei um eine theologische Lektion auf höchster Stufe. Er ist ein wahrer Wissenschaftler, dessen Verstand voll und ganz auf Gott ausgerichtet ist und dessen Ziel es ist, Gott zu kennen und der Welt dabei zu helfen, Kenntnis von Gott und seiner Liebe zu ihr zu erlangen.

Sind weitere Programme und Initiativen zur Vermittlung der Werke und des Denkens Joseph Ratzingers geplant?

Msgr. Barthélemy Adoukonou: Ich möchte, dass ganz Afrika von ihm erfährt! Nach diesem in französischer Sprache gehaltenen Treffen in Cotonou wird eine weitere Begegnung in englischer Sprache in Morogoro, Tansania, stattfinden. Ich denke, dass alle Kirchen diesem Beispiel folgen sollten. Wie können wir uns im Jahr des Glaubens gehaltvollere Nahrung zuführen?

Ein Werk des Schülerkreises ist außerdem die im Entstehen begriffene missionarische Wanderakademie Joseph Ratzinger-Benedikt XVI., deren Ziel es ist, den Kirchen „an der Peripherie“ das Werk Joseph Ratzingers näher zu bringen. Ich halte die Vermittlung der von ihm dargestellten Beziehung zwischen Glauben und Vernunft und Methodologie für lohnend, da sie von Bedeutung für die gesamte Kirche sind. Wir haben die Möglichkeit, die Theologie Ratzingers voranzubringen. Wir sind von diesem Traum erfüllt. Die europäischen Universitäten sind so säkularisiert; wir alle spüren heute ein beharrliches Vordringen der Einförmigkeit des Atheismus und des Säkularismus … Theologie lässt sich nicht auf die Geisteswissenschaften reduzieren. Die historisch-kritische Methode genügt nicht. Sie bedarf der Ergänzung durch die kanonische Methode, damit die Zentriertheit der gesamten Bibel auf das Ereignis Gottes verstanden wird, der aus Liebe zu uns in Jesus Mensch geworden ist. Dem hat sich Ratzinger mit großer Klarheit angenommen. Wir müssen uns daher darum bemühen, unsere größten Kostbarkeiten vor Ort an andere Orte zu tragen. Dies liegt mir sehr am Herzen. Von einer Schwester erfuhr ich, dass Karl Rahner ihr Ratzinger als Betreuer der Abschlussarbeit empfahl und ihn als den „größten deutschen Theologen“ bezeichnete. Das stimmt! Wenn ein Theologe mich nicht zur Liebe Jesu drängt, wenn diese Freundschaft zwischen ihm und mir nicht besteht, dann ist alles umsonst.

(Der italienische Originaltext des Interviews ist der Webseite der „Fondazione Vaticana Joseph Ratzinger-Benedetto XVI“ entnommen)

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FUSSNOTE

[1] Titel des am 19. November 2011 von Papst Benedikt XVI. unterzeichneten Abschlussdokuments der Zweiten Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika

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