Johannes Paul II.: “Die Kirche lebt von der Eucharistie”

Katholische Gelassenheit tut gut, und das nicht nur in diesen höchst bunten, eigenen und merkwürdigen Zeiten, in denen wir leben

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Von Thorsten Paprotny, 2. Mai 2020

Katholische Gelassenheit tut gut, und das nicht nur in diesen höchst bunten, eigenen und merkwürdigen Zeiten, in denen wir leben. Vielleicht kennen Sie auch diese Erfahrung? Immer wieder treten Erregungszustände auf. Ein gewisser Verzicht auch auf manche verständliche Empörung scheint oft ratsam zu sein. Warum? Darauf hat Pater Engelbert Recktenwald vielleicht eine Antwort in der neuesten Folge seiner Corona-Exerzitien. Verzicht in der Fastenzeit ist sinnvoll. Der Verzicht auf die Eucharistie gehört für Katholiken, die in rechter Weise disponiert sind, freilich nicht dazu.

Dieser Verzicht tut bitter weh. Ich vermute sicherlich nicht zu Unrecht – zumindest weiss ich mich durch meine Lebenserfahrung darin bestätigt –, dass gläubige Katholiken in dieser Zeit die gemeinsame Feier der heiligen Messe sehr vermissen. Warum? Ganz einfach, wir sind vom Herrn eingeladen, die heilige Messe mitzufeiern und den Leib Christi zu empfangen. Kann es etwas Schöneres geben? Katholiken lieben die heilige Messe, nicht weil sie auf die Eucharistie “fixiert”, also wie besessen davon sind. Der Mangel setzt so vielen gläubigen Katholiken zu, weil sie den Herrn lieben. So sehr ich die geistliche Kommunion schätze: Der gegenwärtige Mangel setzt mir persönlich zu, natürlich nicht in einem pathologischen, sondern in einem römisch-katholischen Sinne. Wer diesen Mangel, wer diesen Schmerz nicht spürt, den verstehe ich nicht. Mit Hoffnung und Zuversicht freue ich mich auf den Empfang des Allerheiligsten Sakraments. Wer das “Brot der Engel” anbetet, liebt und empfangen möchte, scheint mir, ist darauf nicht fixiert. Warum nicht? Weil Liebende bloss lieben – und nicht von einem pathologischen Begehren beherrscht sind.

Der Begriff “Fixierung” ist gegenwärtig in liturgietheologischen Diskussionen sehr präsent. Warum das so ist, verstehe ich nicht. Der Erfurter Theologe Benedikt Kranemann sprach jüngst von der “Eucharistie-Fixiertheit” in Zusammenhang mit den Bestrebungen der Bistümer, möglichst schnell wieder öffentliche heilige Messen feiern zu können.

Fixiert auf die Eucharistie? Die psychoanalytische Vorgeschichte dessen, was Fixierung meint, ist eng verbunden mit dem Werk Sigmund Freuds. Alltagstauglich und allgemein verständlich formuliert wird einiges dazu auf der Webseite “Seele und Gesundheit“, auf der auch auf weiterführende Literatur verwiesen wird: “Fixierung nennt man das Stehenbleiben auf einer bestimmten Entwicklungsstufe. Dadurch werden Progressionsängste vermieden, also die Angst, an den Herausforderungen einer heranrückenden Lebensphase zu scheitern. … Die Fixierung auf kindliche Grundmuster führt zur Beibehaltung abhängiger Verhaltensweisen. Der Abhängige spielt die Rolle des braven Kindes oder die des trotzigen. Oder beide Rollenmuster verweben sich zu einem widersprüchlichen Konglomerat. Das kommt z. B. bei der Borderline-Störung vor.” Sie wissen jetzt nicht, was das mit der Sehnsucht nach dem Leib Christi zu tun hat? Ich auch nicht. Darum halte ich es für unangemessen, Begriffe aus anderen Fachdisziplinen – besonders aus der Medizin oder der Psychiatrie – auch auf analoge Weise in Diskurse einzubetten, die mit dem klassischen Bedeutungsfeld nicht das Geringste zu tun haben.

Benedikt Kranemann führt weiter aus: “Alternative Formen wie digitale Wortgottesdienste, Hausgottesdienste, Verknüpfungen von Musik und Gebet, Anregungen fürs persönliche Gebet – in den vergangenen Wochen sind viele kreative Formate entwickelt und erprobt worden, die dürfen mit der Lockerung des öffentlichen Gottesdienstverbots nicht wieder unter den Tisch fallen. … Es geht natürlich nicht darum, etwas gegen Eucharistie zu sagen, sondern um die Frage: Was ermöglicht in der aktuellen Situation eine möglichst grosse Mitfeier?” Solche Gedanken darf man hegen, und solche Fragen dürfen gestellt werden.

Welche Bedeutung hat die Eucharistie für den gläubigen Katholiken? Die letzte Enzyklika “Ecclesia de eucharistia” aus dem Pontifikat Johannes Pauls II. beginnt mit den Worten: “Die Kirche lebt von der Eucharistie. Diese Wahrheit drückt nicht nur eine alltägliche Glaubenserfahrung aus, sondern enthält zusammenfassend den Kern des Mysteriums der Kirche.” In Abschnitt 22 schreibt der Papst: “Die Eingliederung in Christus, die in der Taufe verwirklicht wird, erneuert und festigt sich beständig durch die Teilnahme am eucharistischen Opfer, vor allem durch die volle Teilnahme am Opfer in der sakramentalen Kommunion. Wir können sagen, dass nicht nur jeder einzelne von uns Christus empfängt, sondern auch, dass Christus jeden einzelnen von uns empfängt. Er schliesst Freundschaft mit uns: »Ihr seid meine Freunde« (Joh 15, 14). Durch ihn haben wir das Leben: »So wird jeder, der mich isst, durch mich leben« (Joh 6, 57). In der eucharistischen Kommunion verwirklicht sich in höchster Weise das »Innewohnen« Christi im Jünger und des Jüngers in Christus: »Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch« (Joh 15, 4).” Abschliessend zitiert der heilige Johannes Paul II. den grossen Kirchenlehrer Thomas von Aquin:

“»Guter Hirt, du wahre Speise,
Jesus, gnädig dich erweise!
Nähre uns auf deinen Auen,
lass uns deine Wonnen schauen
in des Lebens ewigem Reich!

Du der alles weiss und leitet,
uns im Tal des Todes weidet,
lass an deinem Tisch uns weilen,
deine Herrlichkeit uns teilen.
Deinen Seligen mach uns gleich!«”

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