Das Gleichnis vom Hausbau auf Fels / Sand

(9. Sonntag – Lesejahr A, Mt 7, 21 – 27)

Quelle

Zertrümmerte Häuser, eingestürzte Gebäude, ja ganze Strassenzeilen am Boden hat jeder von uns schon gesehen, zumindest im Fernsehen. Ich denke an die Bilder vom Tsunami, an Bilder von Erdbeben oder von Wirbelstürmen heimgesuchten Gebieten.

Aber auch anderes ist einsturzgefährdet und kann zusammenbrechen, die berufliche Existenz z.B., oder eine Freundschaft.

Es gibt den finanziellen Ruin, den Bankrott einer Firma und das Scheitern so vieler Ehen. Man hat sein Haus auf jemanden gebaut, dann kommen Stürme, Wellen. Man gerät in Krise. Die Beziehung zerrüttet immer mehr. Das Vertrauen ist am Nullpunkt. Und alles bricht zusammen wie ein Kartenhaus. Man steht vor einem Trümmerfeld. Ein Riesendesaster, ein Riesenunglück.

Jesus erzählt im Evangelium heute das markante Gleichnis vom Hausbau auf Fels bzw. auf Sand, ein Gleichnis voll Ernst und Wucht. Es bildet den Abschluss der Bergpredigt. Es ist spannend und sehr anschaulich wegen seiner vielen Kontraste.

Der erste Kontrast: Einmal ist das Fundament fest, tragend, zuverlässig, das andere mal ist es wackelig, haltlos, gefährdend.

Zweiter Kontrast: Die Folgen. – Bei Unwetter bricht das eine Haus zusammen, das andere nicht, es hält stand.

Dritter Kontrast: „Klug“ ist der Mensch, der auf ein tragfähiges Fundament baut, „töricht“, wer auf Sand baut, auf einen Grund, der nicht trägt.

Der kluge, auf Fels bauende Mensch ist der, der Jesu Worte hört und sie tut. – Der törichte, auf Sand bauende Mensch ist der, der zwar auch Jesu Worte hört, sie aber nicht tut.

Worin besteht also Jesus zufolge die Baukunst des christlichen Lebens?

Er selbst sagt es uns: Im Hören und Tun seiner Botschaft!

Das Hören ist wichtig. Es wird nicht abgewertet. Es hat grosse Bedeutung.

Das Hauptgebot der Israeliten beginnt bezeichnenderweise mit: „Höre Israel!“ – Soll das Wort Gottes in uns lebendige Wirklichkeit werden, muss ich es zuerst hören. –

„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet nicht euer Herz!“ heisst es in einem Psalm.

Und als der junge König Salomo aufgefordert wurde, eine Bitte zu nennen, da gab er die Antwort: „Verleihe deinem Knecht ein hörendes Herz!“

Und was antwortet Samuel, als er zum dritten Mal angerufen wurde? „Rede, Herr, dein Diener hört!“

Und bei der Verklärung Jesu ertönt die Stimme: „Das ist mein geliebter Sohn. Auf ihn sollt ihr hören!“

Einmal klagt Jesus über mangelnde Hörbereitschaft: „Sie haben Ohren und hören nicht!“ – Und mehr als einmal ruft er: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“

Ich kann das Wort Gottes erst befolgen, wenn ich es gehört habe. Hören gehört wesentlich zum Jünger Jesu. Hören ist wichtig. Das ist unbestritten.

Aber es darf nicht beim Hören bleiben. Darauf legt das Gleichnis vom Hausbau den Akzent. Zum Horchen muss das Gehorchen kommen, zum Hören das Befolgen und Tun!

„Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach! Sonst betrügt ihr euch selbst“, heisst es im Jakobusbrief.

Es genügt auch nicht das Wort Gottes zu studieren, sich damit auseinanderzusetzen exegetisch, bibelwissenschaftlich. Es genügt nicht, darüber zu reden und zu diskutieren. Es geht um ein persönliches Berührtwerden, es geht um ein Angesprochen- und Erfülltwerden. Es geht um ein sich davon betreffen, durchdringen und beseelen lassen.

Das Wort Gottes soll und will in mir „lebendig“ und in meinem Leben „wirksam“ werden. Dann heilt und befreit es. Es weckt zu neuem Leben. Es vermag mein Leben zu wandeln.

Im Licht des Wortes Gottes kann mein Leben klarer und eindeutiger werden. Es bekommt Konturen und Tiefe und eine evangeliumsgemässe Prägung und Gestaltung.

Franziskus war ganz ein Hörer des Wortes, aber auch ein Täter. In Spoleto fragt er: „Was willst du, Herr, dass ich tun soll?“

In San Damiano hört er vom Kreuz herab die Stimme: „Stell mein Haus wieder her!“ Zitternd und staunend antwortet Franziskus: „Gern will ich es tun Herr!“ Und es heisst: „Unverzüglich machte er sich ans Werk.“

Als er das Evangelium in Portiunkula hört, ruft er freudig: „Das ist es, was ich suche! Das verlange ich zu tun mit ganzer Kraft und aus ganzem Herzen!“ – Thomas von Celano kommentiert: „Er war ja kein tauber Hörer des Evangeliums.“

Die Botschaft des Evangeliums will wirksam werden im Handeln. Dazu ruft uns heute Jesus im Gleichnis vom Hausbau ganz eindringlich auf. Es steht ganz bewusst am Ende der Bergpredigt. Worin nämlich das Tun und Befolgen besteht, sagt er zuvor in den Worten und Weisungen seiner Predigt. – Diese Worte nicht nur hören, sondern sich zu Herzen nehmen und sie ins Tun umzusetzen, das ist entscheidend und macht ein glaubwürdiges, überzeugendes Christenleben aus.

Roger Schutz: „Lebe das, was du vom Evangelium begriffen hast, und sei es auch noch so wenig.“

Lass es zur Tat werden! Mach’s konkret! Leb`s!

In der Regel der Bruderschaft von Gnadenthal steht die Weisung: „Rede von Christus nur, wenn du gefragt wirst – aber lebe so, dass man dich fragt!“

Reinhold Schneider erzählt in seinem „Verhüllter Tag“, wie er an einem Weihnachtsabend in Potsdam die heilige Schrift aufschlug und nach wenigen Kapiteln auf die kalte, dunkle Strasse floh. „Mir war klar“, schreibt er, „dieses Buch kann man nicht lesen, wie man auch die Exerzitien des hl. Ignatius nicht lesen kann. Man muss es tun. Es ist Lebensmacht. Und es ist unmöglich, auch nur eine Zeile zu begreifen ohne den Entschluss, sie zu vollziehen.“

„Das Evangelium leben“, das ist meines Erachtens die prägnanteste Formel für unser Leben als Christen!

„Mit meinem Leben der Spur des Evangeliums folgen“, muss immer wieder, eigentlich jeden Tag neu, unser Bestreben sein. Damit kommen wir nie an ein Ende. Es ist eine lebenslange Aufgabe.

Ein Seifenfabrikant sagte einem Missionar: „Das Christentum hat nichts erreicht. Obwohl es schon 2000 Jahre gepredigt wird, ist die Welt nicht besser geworden. Es gibt immer noch das Böse und so viele böse Menschen.“ Der Missionar wies auf ein ungewöhnlich schmutziges Kind hin, das am Strassenrand im Dreck spielte, und bemerkte: „Seife hat nichts erreicht. Es gibt immer noch Schmutz und Dreck. Es gibt immer noch schmutzige Kleider und so viele schmutzige Menschen.“ –  Der Fabrikant entgegnete: „Seife nutzt nur, wenn man sie anwendet.“ Der Priester antwortete: „Christentum auch!“

„Selig, die das Wort Gottes hören und es befolgen.“

Das Wort Gottes hören, sich von ihm ansprechen lassen, sich an ihm ausrichten, es zur Richtschnur und zum Massstab meines Lebens machen! Darauf kommt es an!

Dann bauen wir nicht auf Sand, sondern auf Fels.

Das getane Wort, das Tun des Willens Gottes, ist das sichere Fundament, das auch in Krisensituationen, in schweren Stunden, in Unglück und Leid Orientierung und Halt gibt.

Hören und Tun! Darin besteht die Baukunst christlichen Lebens.

Amen

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