Kardinal Koch: Reformation ist “zumindest unvollendet”
Erst das Überwinden der Spaltung wäre die Vollendung der Reformation UDATE
Kardinal Koch: Reformation ist “zumindest unvollendet”, erst “Überwindung der ererbten Spaltungen in der wieder gefundenen Einheit der Christen” brächte “Gelingen der Reformation im Sinne einer evangelischen Erneuerung der universalen Kirche”
Timmendorfer Strand, kath.net, 5. November 2012
Dass “die Reformation im 16. Jahrhundert zumindest unvollendet geblieben ist und bleiben muss, bis die Einheit einer im Geist des Evangeliums erneuerten universalen Kirche wiederhergestellt sein wird”, darauf wies Kurt Kardinal Koch in seinem Vortrag vor der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) hin, kath.net hat bereits berichtet. Erst wenn “die Einheit einer im Geist des Evangeliums erneuerten universalen Kirche wiederhergestellt sein wird”, wäre die Reformation, “freilich arg verspätet”, gelungen “im Sinne einer evangelischen Erneuerung der universalen Kirche”.
kath.net dokumentiert den Vortrag “Reformation und Tradition” von Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, am 2.11.2012 vor der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in voller Länge:
Die mir zur Reflexion aufgegebene Frage nach dem Zusammenhang von Reformation und Tradition hätte in der Vergangenheit vor allem eine kontroverstheologische Fokussierung aufgewiesen, da man davon ausging, die Tradition als das Lieblingskind der Katholischen Kirche und die Erneuerung als Spezialität der Reformation in Anspruch zu nehmen.
Gegenüber dem typisch katholischen “und”, vor allem in der Verbindung von Schrift und Tradition, insistierte die reformatorische Tradition auf dem “sola”, vor allem in der Gestalt des “sola scriptura”. Wo reformatorische Theologie sich auf das weite Feld der Tradition eingelassen hat, pflegte sie zwischen der grossen Tradition des Glaubens und den mehr oder weniger unverbindlichen Traditionen der Kirche zu unterscheiden und das “sola fides” geltend zu machen.
Und mit dem Vorwurf an die Katholische Kirche, auch menschliche Bräuche und Missbräuche in den Ehrenrang von Glaubensaussagen zu erheben, meldete reformatorische Theologie im Namen des Prinzips “solus Christus” Protest oder zumindest Einspruch an.
Wenn demgegenüber heute die Frage nach der Verbindung von Reformation und Tradition von evangelischer Seite vorgeschlagen und damit angezeigt wird, dass offenbar auch in evangelischer Sicht zwischen Reformation und Tradition nicht nur Diskontinuität und Bruch besteht, sondern auch Zusammenhang und Verbindung, dann kommt deutlich an den Tag, wie viele konfessionelle Denkbarrieren in den vergangenen Jahrzehnten überwunden werden konnten.
1. Reformation als Traditionsbruch oder Reform?
Hinzu kommt, dass ein wichtiger Anstoss, über den Zusammenhang von Reformation und Tradition vertieft nachzudenken, von evangelischer Seite selbst ausgehen muss, da die Reformatoren, allen voran Martin Luther, nicht mit der Tradition der universalen Kirche brechen wollten, sondern die Reformation als Erneuerungsbewegung in ihr verstanden und kein anderes Ziel hatten als dies, die universale Kirche aus dem Evangelium zu reformieren.
Das entscheidende Anliegen der Reformatoren lag in einer durchgreifenden Reform der universalen Kirche und nicht in der Reformation im Sinne der mit ihr schliesslich zerbrochenen Einheit der Kirche und des Entstehens von neuen reformatorischen Kirchen.
Die wahren Intentionen der Reformatoren konnten aber im Laufe der geschichtlichen Entwicklungen, und zwar aufgrund von Schuld auf beiden Seiten und aus theologischen wie aus politischen Gründen, nicht realisiert werden.
Es ist vielmehr das Gegenteil dessen eingetreten, was sie intendiert hatten, wie der evangelische Theologe und Ökumeniker Wolfhart Pannenberg mit Recht betont hat: Den Reformatoren lag nichts ferner “als die Abtrennung evangelischer Sonderkirchen von der einen katholischen Kirche.
Das Entstehen eines besonderen evangelischen Kirchentums war eine Notlösung; denn das ursprüngliche Ziel der Reformation war die Reform der ganzen Kirche. Daran gemessen bringt die Entstehung besonderer evangelischer und reformierter Kirchen nicht das Gelingen, sondern das Scheitern der Reformation zum Ausdruck.” (W. Pannenberg, Reformation und Einheit der Kirche, in: Ders., Ethik und Ekklesiologie. Gesammelte Aufsätze (Göttingen 1977) 254-267, zit. 255).
Dieses Urteil impliziert umgekehrt, dass man das wirkliche Gelingen der Reformation erst von der Überwindung der ererbten Spaltungen in der wieder gefundenen Einheit der Christen wird erwarten können, dass die Reformation im 16. Jahrhundert zumindest unvollendet geblieben ist und bleiben muss, bis die Einheit einer im Geist des Evangeliums erneuerten universalen Kirche wiederhergestellt sein wird. Bei der Ökumenischen Bewegung geht es insofern um nichts weniger als um das – freilich arg verspätete – Gelingen der Reformation im Sinne einer evangelischen Erneuerung der universalen Kirche.
Auf dem Hintergrund dieser neuen ökumenischen Situation stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von Reformation und Tradition natürlich in neuer Weise; sie stellt sich nun als Frage, wie wir heute, die ökumenischen Partner für sich und gemeinsam, die Reformation betrachten: nach wie vor als Bruch mit der Tradition der universalen Kirche, mit dem etwas Neues begonnen hat, oder in Kontinuität mit der gesamten Tradition der universalen Kirche, von der uns immerhin 1500 Jahre gemeinsam sind.
Es handelt sich dabei um jene Frage, die bereits mein Vorgänger, Kardinal Walter Kasper, im Blick auf das Reformationsgedenken im Jahre 2017 an die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften gestellt hat, ob sie die Reformation im ökumenischen Sinn als “Reform und Erneuerung der einen universalen Kirche” verstehen können, oder ob sie diese als “ein neues Paradigma” verstehen, “das sich durch eine bleibende Grunddifferenz protestantisch vom Katholischen abgrenzt” (Kardinal W. Kasper, Ökumenisch von Gott sprechen? in: I. U. Dalferth / J. Fischer / H.-P. Grosshans (Hrsg.), Denkwürdiges Geheimnis. Beiträge zur Gotteslehre. Festschrift für Eberhard Jüngel zum 70. Geburtstag (Tübingen 2004) 291-302, zit. 302).
2. Apostolische Tradition als Brennpunkt
Von der Beantwortung dieser Frage hängt nicht nur die Art und Weise ab, in der wir Katholiken uns am Reformationsgedenken beteiligen können, sondern auch und vor allem, wie die Frage nach dem Verhältnis zwischen Reformation und Tradition zu beantworten ist.
Damit ist freilich ein so weites Feld angesprochen, dass eine Beschränkung auf jene Wirklichkeit unabdingbar ist, die man apostolische Tradition nennt. Dass dieser eine grundlegende Bedeutung zukommt, ist eine zwischen Lutheranern und Katholiken gemeinsame Überzeugung. Was unter der apostolischen Tradition genauerhin zu verstehen ist, ist freilich strittig.
Dies gilt zumal, wenn man zur Kenntnis nimmt, dass sich im Laufe der Geschichte recht einseitige Entwicklungen eingestellt haben. In der katholischen Kirche ist die apostolische Tradition immer stärker auf die apostolische Sukzession fokussiert und eingeengt worden, die zudem immer stärker als etwas rein Formales betrachtet worden ist, nämlich als apostolische Nachfolge im Bischofsamt, die durch Amtsübertragungen weitergegeben wird und deshalb etwas despektierlich als Pipeline-Theorie bezeichnet worden ist.
Demgegenüber ist in der reformatorischen Tradition, die zwar am Zusammenhang mit dem Bischofsamt in der historischen Sukzession festhalten wollte, aber wegen fehlender Bischöfe zur Notordnung einer rein presbyteralen Sukzession Zuflucht genommen hat, der Akzent immer stärker auf die prinzipielle Überordnung des Evangeliums über die faktische Kirche gelegt worden, bis man schliesslich die wahre successio apostolica mit dem Evangelium selbst identifiziert hat, wie diese Position der evangelische Theologe Eberhard Jüngel auf die Kurzformel gebracht hat: “Nachfolger der Apostel sind mitnichten die Bischöfe, Nachfolger der Apostel ist der biblische Kanon. In der apostolischen Sukzession steht vielmehr: bewegt sich folglich diejenige und nur diejenige Kirche, die im Problemhorizont der jeweiligen Gegenwart schriftgemäss verkündigt, schriftgemäss lehrt, schriftgemäss handelt, kurz: schriftgemäss lebt.” (E. Jüngel, Quo vadis ecclesia? Kritische Bemerkungen zu zwei neuen Texten der römischen Kongregation für die Glaubenslehre, in: M. J. Rainer (Hrsg.), “Dominus Iesus”. Anstössige Wahrheit oder anstössige Kirche? Dokumente, Hintergründe, Standpunkte, Folgerungen (Münster 2001) 59-67, zit. 65-66).
Beide Entwicklungslinien stellen letztlich Vereinseitigungen im Verständnis der apostolischen Tradition dar, weil sie jeweils ein Element aus dem Gesamtgefüge der apostolischen Tradition herauslösen und verabsolutieren. Um die Frage nach dem Zusammenhang von Reformation und Tradition gerecht und sinnvoll beantworten zu können, ist es notwendig, sich dieses Gesamtgefüge zu vergegenwärtigen, wie es in der Ekklesiologie der frühen Kirche greifbar ist. Hier scheinen vor allem jene vier Grundvorgänge auf, mit denen die apostolische Kirche entstanden ist und die zu ihren bleibenden Wesensmerkmalen gehören.
3. Ekklesiologisches Gesamtgefüge apostolischer Tradition
a) Der erste Grundvorgang besteht in der Ausbildung des Kanons der Heiligen Schrift, die gegen Ende des Zweiten Jahrhunderts zu einem gewissen Abschluss gekommen ist. Der historische Sachverhalt, dass die Literatur, die wir heute “Neues Testament” nennen, aus einer Vielzahl von damals in Umlauf befindlichen literarischen Erzeugnissen ausgewählt und der griechische Kanon der jüdischen Bibel als “Altes Testament” dem “Neuen Testament” zugeordnet wurde und dann zusammen die “Heilige Schrift” bildete, bedeutet, dass bereits das Entstehen des Kanons der Heiligen Schrift Ausdruck des Glaubens der Kirche und die Heilige Schrift ein Buch der Kirche ist, das aus der kirchlichen Überlieferung hervorgegangen ist und durch sie weitergegeben wird.
Ohne das glaubende Subjekt der Kirche könnte man gar nicht von “Heiliger Schrift” reden; sie wäre nichts Anderes als eine historische Sammlung von Schriften, deren Entstehung sich durch ein ganzes Jahrtausend hindurch gezogen hat.
Aus dieser Literatursammlung ist die Bibel als ein Buch, und zwar als Heilige Schrift in ihrer Zwei-Einheit von Altem und Neuem Testament, erst und nur durch das in der Geschichte wandernde Volk Gottes geworden. Die Heilige Schrift präsentiert sich vor allem deshalb als ein einziges Buch, weil sie ganz aus dem Boden des einen Volkes Gottes heraus gewachsen ist und folglich der eigentliche Verfasser der Heiligen Schrift das Gottesvolk selbst ist, nämlich zunächst Israel und dann die Kirche.
Die werdende Kirche hat somit in einem intensiven Ringen in den verschiedenen Büchern den authentischen Ausdruck und den Masstab ihres eigenen Glaubens gefunden, so dass es ohne den Glauben der werdenden Kirche keinen Kanon geben könnte.
Das erste Problem, das sich im ökumenischen Gespräch über die apostolische Tradition stellt, besteht deshalb in der Frage nach dem Verhältnis zwischen Heiliger Schrift und Kirche.
b) Bei der Auswahl jener Schriften, die schliesslich von der Kirche als Heilige Schrift anerkannt worden sind, hat die frühe Kirche einen Masstab verwendet, den sie als “regula fidei”, als Glaubensregel, bezeichnet hat. Dabei handelt es sich um eine kurze Summe der wesentlichen Inhalte des kirchlichen Glaubens, die in den verschiedenen Taufbekenntnissen der frühen Kirche eine von der Liturgie her geformte Gestalt erhalten und in den verschiedenen konziliaren Definitionen ihre Fortsetzung gefunden haben, in denen das Ringen der frühen Kirche um die Unterscheidung des Christlichen einen verbindlichen Ausdruck gefunden haben.
Die grundlegenden Glaubensbekenntnisse der ganzen Christenheit stellen den zweiten Fixpunkt der frühen Kirche dar. Sie bilden “die eigentliche Hermeneutik der Schrift, den aus ihr gewonnenen Schlüssel, um sie ihrem Geist gemäss auszulegen” (J. Ratzinger – Benedikt XVI., Jesus von Nazareth. Zweiter Teil: Vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung (Freiburg i. Br. 2011) 117).
Dieses hermeneutische Prinzip hat die Dogmatische Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die göttliche Offenbarung mit der Anweisung ausgesprochen, die Heilige Schrift müsse “in dem Geist gelesen und ausgelegt” werden, “in dem sie geschrieben wurde” (Dei verbum, Nr. 12.).
Da es dabei wiederum um das Verhältnis von Heiliger Schrift und Kirche geht, begegnen wir hier einer weiteren Variation der ökumenischen Grundfrage, in deren Licht auch die spezielle Frage der apostolischen Tradition zu betrachten ist.
c) Die Lesung der Heiligen Schrift und das Rezitieren des Apostolischen Glaubensbekenntnisses sind in der frühen Kirche in erster Linie gottesdienstliche Akte gewesen.
Die frühe Kirche hat von daher auch die Grundformen des christlichen Gottesdienstes der Eucharistie geschaffen, die als verbindliche Bezugspunkte für jede liturgische Erneuerung betrachtet werden müssen. Da der Gottesdienst der Kirche der privilegierte Ort ist, an dem das Wort Gottes, das die Kirche auferbaut, erklingt und der Glaube bekannt wird, gehört auch die Liturgie der Eucharistie zur apostolischen Tradition der Kirche und stellt einen elementaren locus theologicus dar, wie ihn die kirchliche Tradition mit der Weisheit zum Ausdruck gebracht hat, dass das Gesetz des Betens auch das Gesetz des Glaubens ist: “Lex orandi – lex credendi”.
Damit wird eine eucharistische Ekklesiologie in dem Sinne greifbar, dass die Kirche in ihrem tiefsten Kern eucharistische Versammlung und Kirche vor allem dort ist, wo Eucharistie gefeiert wird. In diesem liturgischen Gesamtzusammenhang ist in ökumenischer Hinsicht auch die Frage der apostolischen Tradition zu betrachten.
d) Das Wort Gottes, das im Sinne der regula fidei ausgelegt und im Gottesdienst der Kirche verkündet wird, findet in der Sicht der frühen Kirche schliesslich seine primäre Gestalt in der Gegenwart des Wortes im persönlichen Zeugen.
Denn Wort Gottes und Zeuge gehören in dem elementaren Sinn zusammen, dass nicht nur der Zeuge vom Wort Gottes her und für das Wort Gottes lebt, sondern auch das Wort Gottes durch den persönlich verantwortlichen Zeugen lebt: Aufgrund dieser martyrologischen Dimension des Glaubens hat sich in der frühen Kirche auch die Überzeugung von der apostolischen Sukzession im Bischofsamt herausgebildet, und zwar in der doppelten Sinnrichtung, dass auf der einen Seite die Verkündigung des Wortes Gottes und seine authentische Auslegung an das Bischofsamt gebunden ist, dass auf der anderen Seite aber das Bischofsamt nicht über dem Wort Gottes steht, sondern ihm zu Diensten zu sein hat.
Wie vor allem der Brief des Clemens von Rom an die Korinther nahe legt, muss man die “Herausbildung, theologische Begründung und institutionelle Stärkung des Bischofsamtes” als “eines der wichtigsten Ergebnisse der nachapostolischen Entwicklung” beurteilen (E. Dassmann, Ämter und Dienste in den frühchristlichen Gemeinden (Bonn 1994) 230.).
In diesem grösseren ekklesiologischen Zusammenhang muss in ökumenischer Sicht auch und gerade die Frage der apostolischen Sukzession im Bischofsamt erörtert werden.
3. Traditio, successio et communio
Kanon der Heiligen Schrift, Glaubensregel, Grundform des eucharistischen Gottesdienstes und apostolische Sukzession im Bischofsamt sind die vier Grundgegebenheiten der frühen Kirche, die man nicht voneinander isolieren darf, wenn man einen tragfähigen ökumenischen Konsens bei der Frage der apostolischen Tradition finden will.
Nimmt man diesen Gesamtzusammenhang ernst, dann bedeutet die apostolische Tradition auf der einen Seite das Weitergehen der Sendung Jesu im Zeugen und auf der anderen Seite die Bindung des Zeugen an den Inhalt des überlieferten Wortes: Die apostolische Sukzession steht deshalb ganz im Dienst der apostolischen Tradition, und sie erweist sich zugleich als deren konkrete Gestalt, freilich nur im Gesamtzusammenhang der kirchlichen communio.
Dies bedeutet konkret, dass eine apostolische Sukzession im Bischofsamt ohne ihre Einbettung in der Apostolizität der ganzen Kirche ihre Evidenz zu verlieren droht, wie umgekehrt die Apostolizität der Kirche ohne ihr sakramentales Zeichen der apostolischen Sukzession im Bischofsamt ihrer Konkretheit verlustig geht.
Wie die apostolische Sukzession mit der apostolischen Tradition unlösbar verbunden ist, so kann sie auch nicht von der kirchlichen communio losgelöst werden. Wenn die Frage nach dem Verhältnis von Reformation und Tradition im Gesamtgefüge von traditio, communio und successio verortet wird, dann spitzt sie sich in der ökumenisch cruzialen Frage nach dem Wesen der Kirche zu.
Da evangelische Christen auf der Grundlage ihres Bekenntnisses ihr Kirchesein anders verstehen als Katholiken und sich deshalb in ihrer Tradition ein anderer Typ von Kirche herausgebildet hat, muss die Frage nach dem Wesen der Kirche im Mittelpunkt der künftigen ökumenischen Gespräche stehen.
Von daher muss schliesslich nochmals auf die Ausgangsfrage zurück gekommen werden, wie die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen die Reformation heute verstehen: als Re-Form im Sinne der Erneuerung und der Wiedergewinnung der apostolischen Form der Kirche, die freilich nie zum Ergebnis haben kann, dass das Reformierte nicht mehr mit dem vorherigen zu Reformierenden identisch ist, oder als Reform im Sinne eines Bruches mit der Tradition, die nicht nur die konkrete Erscheinungsform, sondern das Wesen des zu Reformierenden betrifft.
Insofern hängt von der Entscheidung der Frage, wie die Reformation zu beurteilen ist, als Reform oder als Traditionsbruch, die Beantwortung der grundsätzlichen Frage nach dem Verhältnis von Reformation und Tradition ab.
kath.net dankt S.Em. Kurt Kardinal Koch für die freundliche Erlaubnis, diesen Vortrag veröffentlichen zu dürfen
Schreibe einen Kommentar