Vom Todeslager in Guinea zu Maria nach Fatima

  Die Bücher des Fe-Verlags mit Kardinal Robert Sarah haben eine Vorgeschichte

Quelle
CNA Deutsch do.
Fe-Verlag
Gefoltert für Deutschland
Bischof van Thuan aus Vietnam – Diverse Beiträge
‘GottoderNichts’

Die Bücher des Fe-Verlags mit Kardinal Robert Sarah haben eine Vorgeschichte: Sie begann mit dem gefolterten Erzbischof Raymond Tchidimbo von Conakry in Guinea

Von Bernhard Müller

Vor hundert Jahren erschien die Muttergottes in Fatima. Vor vierzig Jahren, noch als Schüler, wollten mein Bruder, ein weiterer Freund und ich anlässlich des sechzigjährigen Jubiläums der Erscheinungen diese Botschaft der Gottesmutter zu Umkehr und Gebet verbreiten. Und wir wollten vor allem auch politischen und religiösen Häftlingen beistehen, weil Maria in Fatima ja ausdrücklich auf die Christenverfolgung hingewiesen hatte: „Wenn man meine Wünsche nicht erfüllt, wird Russland seine Irrlehre über die Welt verbreiten. Die Guten werden gemartert werden“.

Wir nannten unsere leidenschaftliche Nebentätigkeit „Fatima-Aktion 77“.

Bischof van Thuan aus Vietnam und Erzbischof Raymond Tchidimbo aus Guinea waren die zwei ersten religiösen Häftlinge, für deren Freilassung wie uns mit allem jugendlichen Eifer einsetzten. Das heisst wir gingen von Haustür zu Haustür und waren mit dem Fahrrad in vielen kleinen Ortschaften unserer Allgäuer Heimat unterwegs, um Unterschriften für ihre Freilassung zu sammeln. Wir gestalteten Flugbätter, in denen wir zum Gebet für diese beiden Gefangenen aufriefen und verteilten beziehungsweise verschickten diese bundesweit.

Erzbischof Tchidimbo war damals ein Gefangener im Todeslager Boiro. Wir hatten über dieses Lager das erschütternde Buch seines ehemaligen Mithäftlings Adolf Marx mit dem Titel „Verflucht, wer uns vergisst“ gelesen. Es hatte uns erschüttert. Wir fühlten mit Tchidimbo, dachten jeden Tag an ihn. Er überlebte schliesslich das Gefängnis und wurde von Präsident Sékou Touré 1979 nach acht Jahren und acht Monaten Folterhaft entlassen und nach Frankreich ausgewiesen. Dort verbrachte er das erste Jahr nach seiner Freilassung fast ausschliesslich in Krankenhäusern und Reha-Anstalten. Dort hatte er auch irgendwie von unseren Aktionen für seine Freilassung erfahren. Unerwartet erhielten wir schon wenige Monate nach seiner Ankunft in Frankreich Post von ihm, in der er schrieb, dass er uns besuchen wolle, um sich bei den Menschen in Deutschland zu bedanken, die sich für ihn eingesetzt hätten.

Es war ein Tag nach seinem sechzigsten Geburtstag, und ein Jahr nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in Guinea, im August 1980, als wir ihn vom Flughafen München-Riem abholten und in unser kleines Dorf Immenried im württembergischen Allgäu brachten. Er sprach kein Deutsch, wir kein Französisch. Dennoch eine grosse Begeisterung im ganzen Ort, vor allem von unserem damaligen Pfarrer, der ihm sofort sein Pfarrhaus als Unterkunft anbot. Wir erlebten Tage gnadenvoller Begegnungen mit Erzbischof Tchidimbo.

Es war eine Woche, die unser weiteres Leben mit prägte. Viele Sätze, die er uns damals sagte, haben wir nie mehr vergessen:

„Wenn man solange im Gefängnis gesessen hat, ist alles viel, auch das Wenige“.
Und: „Nur wer einmal im Gefängnis war, kann den Wert der Freiheit ermessen.“

Wir starteten gleich nach seiner Abreise eine neue Aktion „Soforthilfe für Erzbischof Tchidimbo“, um ihm zu helfen, sein neues Apostolat in Frankreich aufzubauen.

Tchidimbo schenkte uns ein selbst gemaltes Bild aus dem Gefängnis, er sang uns Lieder vor, die er im Todeslager gedichtet hatte. Mit kräftiger und schöner Stimme sang er in unseren Wohnungen, in denen wir damals unsere Arbeit machten, und dazwischen erzählte er uns: „Ich habe die Texte im Gefängnis geschrieben. Aber wenn ich sie dort gesungen hätte, wäre ich nie mehr herausgekommen.“

Ein Mensch, der so viel für Christus gelitten hatte, beeindruckte uns. Er wurde ein starker Motivator für unsere weitere Arbeit. Wir waren von den Liedern so ergriffen, dass wir eine Tonbandkassette davon herstellen liessen, versehen mit einem deutschen Textheft. Die Kassette verkauften wir zugunsten von Erzbischof Tchidimbo.

1981 pilgerten wir mit ihm nach Fatima. Tchidimbo wurde Ehrenmitglied unserer Fatima-Aktion und blieb es bis zu seinem Tod 2011.

Heute – fast vierzig Jahre nach unserer ersten Begegnung mit Tchidimbo – erscheint in unserem Fe-Medienverlag, der aus der Fatima-Aktion entstand und zu ihr gehört, ein Buch seines Nachfolgers Robert Kardinal Sarah mit dem Titel „Die Kraft der Stille“. Es ist ein Buch, das Erzbischof Tchidimbo gewidmet ist. Für uns schliesst sich damit ein wunderbarer Kreis.

Der erste schwarze Erzbischof Afrikas, den wir sozusagen als Jugendliche im Gefängnis besuchten und der unserem Leben einen starken Impuls gab, schickt heute seinen Nachfolger als Erzbischof von Conakry mit diesem Buch wiederum zu uns nach Kisslegg, ohne dass Kardinal Sarah vorher von unserer besonderen Beziehung zu seinem Vorgänger auf dem Bischofsstuhl von Conakry gewusst hätte. Und Benedikt XVI. der Papst emeritus, der auch von all dem nichts wusste, schreibt auf geheimnisvolle Weise und zu unserer grossen Verwunderung ein eigenes Geleitwort zu eben dieser deutschen Ausgabe.

Bei Kardinal Sarah lesen wir auf Seite 127, dass Tchidimbo wusste, „dass sein Gefängnis wie ein Ackerfeld war; täglich säte er dort sein Leben, wie man ein Weizenkorn sät, im vollen Bewusstsein, dass die, welche in Tränen säen, in Jubel ernten werden.“

Eine Frucht der aufgeopferten Leiden Tchidimbos im Gefängnis ist dieses Buch in deutscher Sprache. Davon bin ich überzeugt.

Und so glaube ich, dass Erzbischof Tchidimbo diese Buchveröffentlichung begleitet.

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