Chastity sells

Impuls zum 6. Sonntag im Jahreskreis A — 12. Februar 2017

Zenit.org, 10. Februar 2017, Peter von Stenitz

Im Evangelium der Messe vom 6. Sonntag im Jahreskreis A kommt der Herr auf höchst aktuelle Themen zu sprechen. Er bekräftigt das Wort von der Unauflöslichkeit der Ehe. Aber Jesus wiederholt nicht nur den Wortlaut des 6. Gebots “Du sollst die Ehe nicht brechen!”, man merkt vielmehr: er will differenzieren. Man muss das Gebot in einem umfassenden Sinn verstehen und halten. Allerdings wird einem bei näherem Hinsehen klar, differenzieren heisst nicht etwa abschwächen. Im Gegenteil. Man kann bereits in Gedanken die Ehe brechen, wenn man „eine Frau auch nur lüstern ansieht“ (das gleiche gilt gendermässig natürlich auch für einen Mann).

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir daraus folgern, dass für Jesus der Ehebruch nicht eine Kleinigkeit ist.

Natürlich ist er für die modernen Moralisten auch keine Kleinigkeit, und die Art und Weise, wie man versucht, den Menschen „aus der Patsche zu helfen“, ist immer anerkennenswert. Was die jüngst viel diskutierte Problematik zu den wieder verheirateten Geschiedenen angeht, kann man allen Beteiligten den guten Willen unterstellen. Dennoch scheint die Lösung, die verschiedene Bischofskonferenzen in ihrer Interpretation von „Amoris laetita“ anbieten, unzureichend, denn statt diesen Gläubigen wirklich „aus der Patsche“ zu helfen, lassen sie sie darin sitzen und versichern ihnen, dass man so auch leben kann.

Was aber ist zu tun? Viele Menschen in dieser „irregulären“ Situation sind konsequent darin, dass sie nicht zur Kommunion gehen, in dem Wissen, dass der Herr durch die geistige Kommunion die Gnaden vermitteln kann, die bei der sakramentalen Kommunion erlangt werden können.

Das Problem ist aber oft ein äusseres: in den Gemeinden geht alle Welt zur Kommunion, und wer nicht dabei ist, fühlt sich diskriminiert. Die Verantwortlichen sollten sich, statt „irreguläre“ Situationen den „regulären“ gleich zu stellen, überlegen, ob da nicht ein Zug schon längst abgefahren ist. Man hat in den meisten Gemeinden die Beichte de facto abgeschafft und schon seit langem in Kauf genommen, dass mit Sicherheit viele Menschen zur Kommunion gehen, die sich zurückhalten sollten. Die Paare, die unverheiratet zusammen leben, Junge und Ältere, die sich mit Drogen beschäftigen, Geschäftsleute, die ungeniert Steuerhinterziehungen machen, solche, die mit Menschen des gleichen Geschlechts zusammen leben usw.

Es gib offensichtlich eine von oben gegeben Parole: nur nicht über das sechste Gebot predigen. Warum hört man keine Predigten über die Schönheit der Tugend der hl. Reinheit. Ist es denn wirklich eine von allen akzeptierte „Wahrheit“, dass der Mensch nicht in der Lage ist, seine sexuellen Triebe zu ordnen. Hier gibt es mit Sicherheit eine „schweigende Mehrheit“, die da richtig liegt, die aber nicht darüber sprechen mag.

Gestern, am 11. Februar, hat uns die Liturgie der Kirche das Bild des ganz reinen und schönen Menschen vor Augen gestellt: Maria, die unbefleckt Empfangene. Als die Jungfrau Maria im Jahre 1858 dem Mädchen Bernadette Soubirous in Lourdes erschien, sagte sie zunächst nicht ihren Namen. Erst am letzten Erscheinungstag gab sie ihr Geheimnis preis. Sie sagte (im ortsüblichen Platt, in dem sie sich mit Bernadette unterhielt): “Ich bin die Unbefleckte Empfängnis”. Streng genommen hat dieser Name seine sprachlichen Schwierigkeiten. Empfängnis ist ein abstrakter Begriff, nicht der Name einer Person. Aber es ist doch nicht schwer sich vorzustellen, dass Maria mit dieser Form des Namens, die ja jeder versteht, etwas Besonderes aussagen wollte.

Zum einen wollte sie vielleicht bestätigen, was vier Jahre zuvor der selige Papst Pius IX. als Dogma feierlich definiert hatte (1854 Dogma von der Unbefleckten Empfängnis, d.h. dass Maria vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis im Schoss ihrer Mutter Anna von der Erbsünde frei war). Die irdische und die himmlische Kirche stimmen offensichtlich überein, das kann man sicher daraus entnehmen. Ein Trost bei der heutigen Situation mancher Glieder der irdischen Kirche.

Zum anderen wollte sie sicher auf die Tatsache hinweisen, dass zum vollkommenen Menschsein die Sünde nicht gehört, dass der Mensch dann vollkommen und schön ist, wenn in seinem Leben die Unreinheit der Sünde keine Rolle (mehr) spielt. Maria, die in ihrem irdischen Leben nie die Sünde überwinden musste, ist genau die berufene Bezugsperson für jeden Menschen, der erkannt hat, dass die Sünde, das Böse, das Negative sein Leben nicht bereichert, sondern arm macht, mag sie auch noch so verlockend daher kommen.

Dabei ist es ein besonderes Merkmal der barmherzigen und verzeihenden Liebe Gottes, dass auch der in tiefer Sünde verstrickte Mensch, wenn er bereut, die ursprüngliche Schönheit des Gotteskindes zurück gewinnen kann und damit sogar heilig, ja gottähnlich werden kann. Gott ist die vollkommene Schönheit, und jede geschöpfliche Schönheit ist ein göttlicher Abglanz.

Die Schönheit der unbefleckten Jungfrau Maria hat wohl niemand in so bewegenden Worten geschildert wie der jüdische Schriftsteller und Dichter Franz Werfel, der aufgrund eines Gelübdes den Roman ‘Das Lied von Bernadette’ schrieb, in dem er sich mit unglaublicher Feinfühligkeit in die Szenen der Begegnung zwischen Maria und dem Mädchen Bernadette hinein versetzte. Nachdem er die bezaubernde Schönheit der ganz jugendlichen Maria geschildert hat, fügt er, um zu zeigen, dass es bei der bloss sinnlich erfahrbaren Schönheit nicht bleibt, hinzu:

‘Bernadettes ganzes Wesen jubelt über die Schönheit der Dame.

‘Es gibt keine Schönheit, die rein körperlich wäre. In jedem Menschengesicht, das wir schön nennen, bricht ein Leuchten durch, das, obwohl an physische Formen gebunden, geistiger Natur ist. Die Schönheit der Dame scheint weniger körperlich zu sein als jede andere Schönheit. Sie ist das geistige Leuchten selbst, das Schönheit heisst’ (Das Lied von Bernadette, S. Fischer Verlag 1951, S. 47).

Auch unsere heutige Welt kennt den Kult des Schönen, aber da fehlt oft diese Wendung in ‘das geistige Leuchten’, so dass solche Schönheit nicht wirklich beglückt. Es ist oft nur ‘glamour’.

Wer schöne Gesichter, auch bei scheinbar unattraktiven Personen, sehen will, der findet sie bei Menschen, die gerade aus dem Beichtstuhl kommen.

In Kirchen, wo (noch, bzw. wieder) gebeichtet wird.

Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.  Der Fe-Medienverlag hat einige ZENIT-Beiträge vom Autor als Buch mit dem Titel „Der Stein, den die Bauleute verwarfen“ herausgebracht.

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