Ukraine: Die Niederlage Europas

Eigentlich sollten mit dem Vertrag von Minsk seit Februar 2015 in der Ostukraine die Waffen schweigen

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Reden über einen Papstbesuch

Eigentlich sollten mit dem Vertrag von Minsk seit Februar 2015 in der Ostukraine die Waffen schweigen. Aber der Krieg in Europa geht weiter, dauernd werden Tote durch Beschuss, Sprengfallen oder Minen gemeldet, an diesem Donnerstag erst hat der ukrainische Präsident Viktor Poroschenko die Soldaten an der Grenze zum besetzten Gebiet in Alarmbereitschaft versetzt. Der vergangene Juli hat mit 73 toten Zivilisten so viele Opfer gefordert wie schon lange kein Monat mehr.

Der gestiegenen Zahl von Toten entspricht auch eine generelle Verschlechterung der Situation in den vergangenen Tagen, sagt Erzbischof Claudio Gugerotti, der päpstliche Nuntius in der Ukraine. „Es ist ein Gebiet voller Minen, und dort hinein Hilfe zu bringen ist sehr schwer, weil man Gefahr läuft, in die Luft gesprengt zu werden. In diesem Gebiet gehen auch die Bombardierungen weiter, die Menschen dort sind weitgehend isoliert.“ Eine der am meisten betroffenen Bevölkerungsgruppen seien die Menschen im von Separatisten kontrollierten Gebiet, denn diese seien in der Regel alt. Ausserdem müsse man über die über eine Million interne Flüchtlinge in der Ukraine sprechen, so Erzbischof Gugerotti.

9.500 Menschen sind seit Beginn des Konfliktes ums Leben gekommen, über 800.000 Menschen sind im Konfliktgebiet bzw. in dessen Nähe direkt betroffen und bräuchten dringend Hilfe.

Hilfe kommt nur schwer durch

Im ukrainisch kontrollierten Teil der Konfliktzone sei Hilfe verhältnismässig einfacher zu leisten, aber an der Grenze und vor allem in der von Separatisten beherrschten Region Luhansk sei das sehr schwer – schon allein deswegen, weil man dort die Währung gewechselt habe. Auch die Akkreditierung als Hilfsorganisation sei dort ausgesprochen kompliziert, man schaffe das als Kirche fast ausschliesslich über die Vereinten Nationen, berichtet der Nuntius.

Erst vor wenigen Tagen hat es zum ersten Mal seit Monaten ein Konvoi des UNHCR – der Flüchtlingsorganisation der UNO – geschafft, in dieses Gebiet vorzudringen und Material und Lebensmittel zu bringen.

Der Aufruf des Papstes vom April dieses Jahres zu einer Kollekte ausschliesslich für die Ukraine habe sehr geholfen, vor allem, was die weltweite Aufmerksamkeit betreffe. „Man muss sagen, dass es gerade nicht ‚in Mode’ ist, von der Ukraine zu sprechen, weil die Situation generell so viel schlechter wird. Die bestehenden Schwierigkeiten zwischen den USA und Europa auf der einen und Russland auf der anderen Seite bereiten beiden Seiten jeweils Niederlagen. Wenn man darüber spricht, spricht man über die eigenen Niederlagen.“

Europa ist nicht an die Stelle Russlands getreten

Hier zeige sich die ganze Wucht der vergangenen Auseinandersetzungen: Die Ukraine habe sich de facto von Russland ab- und Europa zugewandt, auch unter dem Druck des Westens, ohne dass Europa danach an die Stelle Russlands getreten sei, was die ökonomische Stabilität und damit die Hilfe für die Menschen angehe. „Die Ukraine hat an allen Fronten verloren“, schliesst Erzbischof Gugerotti. „Zum Problem des Krieges kommt die allgemeine Armut hinzu, weil sich etwa der Wert der Währung auf ein Viertel des Wertes vor den Maidan-Demonstrationen verringert hat. Das betrifft die Bevölkerung der gesamten Ukraine. Und es besteht die Gefahr, dass, wenn man dieser Situation jetzt nicht entgegentritt, ein Krieg unter den Armen ausbricht.“

rv 11.08.2016 ord

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