Papst Benedikt XVI. tritt zurück

Politiker würdigen den Heiligen Vater als religiösen Denker und spirituellen Führer

Auch Kardinäle und Bischöfe wurden überrascht

Rom/Berlin, DT/red/dpa/KNA/KAP, 11. Februar 2013

Völlig überraschend hat Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt aus Gesundheitsgründen angekündigt. Er werde sein Pontifikat am 28. Februar abgeben, sagte der 85-jährige Pontifex am Montag vor Kardinälen in Rom. Zuletzt hatte 1294 mit Coelestin V. ein Papst aus freien Stücken sein Amt abgegeben. In seiner Ansprache sagte Benedikt in lateinischer Sprache, er habe wiederholt sein Gewissen vor Gott geprüft und sei “zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben”.

Er erkläre daher “mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom” zu verzichten. Der Apostolische Stuhl wird dadurch am 28. Februar um 20 Uhr vakant. Benedikt XVI. will nach seinem Amtsverzicht in das bisherige Karmel-Kloster innerhalb der Vatikanmauern ziehen. Dort wolle er ein Leben in Gebet und Meditation führen, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag vor Journalisten. Bis die notwendigen Umbauarbeiten abgeschlossen seien, werde Papst Benedikt XVI. im päpstlichen Sommersitz Castel Gandolfo wohnen.

Auf dem Petersplatz herrschte ungläubiges Staunen unter den Touristen und Gläubigen. Italiens Regierungschef Mario Monti nahm die unerwartete Nachricht erschüttert auf. Staatspräsident Giorgio Napolitano hat Benedikt XVI. nach dessen Rücktrittsentscheidung für seinen “grossen Mut” gelobt. Er zolle dem Papst seinen “allergrössten Respekt”, sagte er der Nachrichtenagentur Ansa. Papst Benedikt habe mit der Entscheidung “Mut und ausserordentliches Verantwortungsbewusstsein” bewiesen, so Napolitano.

Auch der britische Premierminister David Cameron würdigte Papst Benedikt: “Er hat unermüdlich gearbeitet, um die Beziehungen zwischen Grossbritannien und dem Heiligen Stuhl zu stärken”, sagte Cameron. “An seinen Besuch in Grossbritannien 2010 wird mit grossem Respekt und Zuneigung erinnert werden. Er wird als spiritueller Führer von Millionen vermisst werden.”

Bundespräsident Joachim Gauck sagte Montagnachmittag: “Sein Glaube, seine Weisheit und seine menschliche Bescheidenheit haben mich tief beeindruckt.” Papst Benedikt XVI. habe hohe theologische Bildung und Menschenfreundlichkeit vereint. Bundeskanzlerin Angela Merkel zollte dem Papst “allerhöchsten Respekt”: “Er ist ein Hirte für mehr als eine Milliarde Menschen” und bleibe “einer der bedeutendsten religiösen Denker unserer Zeit”. Die Rede des Papstes im Deutschen Bundestag bezeichnete Merkel als “Sternstunde unseres Parlaments”. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, Papst Benedikt habe seine ganz persönliche Handschrift als Denker an der Spitze dieser Kirche und auch als Hirte eingebracht. “Was immer die Gründe für die Erklärung sein mögen – sie sind zu ehren und zu achten und es gebührt ihm der Dank, diese Weltkirche acht Jahre so geleitet zu haben.”

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat die Rücktrittsankündigung von Papst Benedikt zutiefst bedauert. Die Entscheidung verdiene “grössten Respekt”, sagte Seehofer “auch im Namen aller Bayern”. “Mit seiner charismatischen Ausstrahlung und seinem unermüdlichen Einsatz für das Wohl der Kirche hat der Papst aus Bayern die Menschen in aller Welt begeistert.” Die katholische Kirche habe er in den letzten Jahrzehnten zugleich durch seine tief gegründete Theologie geprägt. “Wir sind stolz auf das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. Deutschland und Bayern haben ihm unendlich viel zu verdanken.”

Der langjährige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hat Papst Benedikt XVI. als “grössten Sohn Bayerns” in der mehr als tausendjährigen Geschichte des Landes gewürdigt. “Papst Benedikt ist nicht nur durch sein Amt, sondern durch seine Person eine moralische Instanz in der Welt”, erklärte Stoiber. Unvergleichlich seien seine Bescheidenheit und seine Gabe, im 21. Jahrhundert den Menschen das Evangelium nahe zu bringen.

Der Bruder des Papstes, Prälat Georg Ratzinger, nannte die angeschlagene Gesundheit von Benedikt XVI. als Grund für dessen Rücktritt. “Das Alter drückt”, sagte der 89-Jährige am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Sein Arzt habe dem Papst geraten, keine transatlantische Reisen mehr zu unternehmen. Auch das Gehen bereite seinem Bruder zunehmend Schwierigkeiten. Georg Ratzinger meinte, der Rücktritt seines Bruders sei ein “natürlicher Vorgang”: “Mein Bruder wünscht sich im Alter mehr Ruhe.” Georg Ratzinger sagte weiter: “Ich war eingeweiht.” Er räumte ein, seit Monaten von den Rücktrittsplänen des Papstes gewusst zu haben.

Der Dekan des Kardinalskollegiums, Angelo Sodano, nannte die Ankündigung dagegen einen “Blitz aus heiterem Himmel”. Er habe “mit Fassungslosigkeit und beinahe ungläubig” die Rücktrittsankündigung vernommen. Zugleich habe er in den Worten Benedikts XVI. dessen “grosse Liebe für die heilige Kirche Gottes” bemerkt. “Wir sind Ihnen näher denn je, wie wir es in diesen leuchtenden acht Jahren Ihres Pontifikates waren”, so Kardinal Sodano im Namen des Konsistoriums. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat den Rücktritt als “grosse menschliche und religiöse Geste2 bezeichnet. “Wir deutschen Bischöfe danken dem Heiligen Vater für seinen Dienst auf dem Stuhl Petri und sind erfüllt von grossem Respekt und von Bewunderung für seine Entscheidung”, hiess es in einer am Montag in Bonn veröffentlichten Erklärung. “Papst Benedikt gibt aller Welt ein leuchtendes Beispiel wirklichen Verantwortungsbewusstseins und lebendiger Liebe zur Kirche.”

Die Rücktrittserklärung sei ein aussergewöhnlicher Schritt, der höchsten Respekt und Hochachtung verdient, sagte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn. Er habe Verständnis für die Entscheidung des Papstes, wiewohl ihn dieser Schritt auch “schmerzlich berührt”, so ein überraschter Wiener Erzbischof. Die “Bürde des Papstamtes” sei enorm, so Schönborn.

Bischof Konrad Zdarsa von Augsburg bekannte, er habe “mit einem epochalen Erschrecken auf die Meldung reagiert”. Er sei sicher, dass der Papst diesen Schritt gut und lange überlegt habe: “Dafür spricht die hohe Intellektualität und auch die tiefe Frömmigkeit des Heiligen Vaters.” Der Bischof von Augsburg rief dazu auf, “über seine Botschaft an uns nachzudenken. Über das, was er uns mit seinem Pontifikat hinterlassen wird”.

Für den früheren Prager Kardinal Miloslav Vlk kommt die Ankündigung des Papstes “nicht völlig überraschend”. Dem tschechischen Fernsehsender CT24 sagte Vlk, er habe Benedikt XVI. in der jüngsten Vergangenheit dreimal getroffen. Dabei habe der Papst einen erschöpften Eindruck gemacht. Tief bewegt und überrascht zeigte sich der Grazer Bischof Egon Kapellari. “Auf andere Weise als Papst Johannes Paul II. ist Benedikt XVI. ein grosser Papst, der beharrlich versucht hat, die Kirche in ihrer Mitte und in ihren Glaubenswurzeln zu stärken. Ebenso in Demut wie in Festigkeit hat er dies getan. Er ist einer der bedeutendsten Theologen und geistlichen Lehrer der Weltkirche in den vergangenen 60 Jahren. Sein theologisches Werk wird unsere Weltkirche und die Christenheit überhaupt weiterhin nachhaltig prägen”, so Kapellari.

“Ich bin so erstaunt wie der Rest von Euch und genauso erpicht darauf herauszufinden, was genau los ist”, sagte der Erzbischof von New York, Kardinal Timothy Dolan, in der “Today Show” des Sender NBC. Er fühle sich Papst Benedikt persönlich sehr verbunden, da er ihn zum Erzbischof von New York gemacht habe. “Ich trage den Ring, den er mir gegeben hat, das Kreuz, das er mir gegeben hat, daher fühle ich eine besondere Verbundenheit zu ihm.” Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke hat mit Bedauern auf den angekündigten Rücktritt reagiert. “Es ist ein Zeichen von wahrhaftiger Grösse, dass er diese Entscheidung selbst trifft”, so Jaschke, der bei dem damaligen Theologieprofessor Joseph Ratzinger studiert hatte. “Als Schüler des Heiligen Vaters bedauere ich seine Entscheidung”, so Jaschke. “Er ist eine bedeutende Persönlichkeit, hat dem Papstamt Format gegeben, besonders durch seine Geisteskraft und seine theologischen Aussagen.” Noch beim jährlichen Treffen des Ratzinger-Schülerkreises im Sommer 2012 habe er “gestaunt, wie geistig frisch der Papst ist”, sagte Jaschke. “Er bleibt natürlich Papst, er ist dann Altpapst, Papst emeritus, eine ganz wichtige Person für die Kirche.”

Als überraschenden und souveränen Schritt hat der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst den angekündigten Rücktritt gewürdigt. Diese Entscheidung nötige tiefen Respekt ab, erklärte Fürst. Der Papst sei bei der Ausfüllung seines Amtes über seine gesundheitlichen Grenzen gegangen. Benedikt XVI. habe die katholische Kirche in schwieriger Zeit acht Jahre lang geleitet, als Theologe Wegweisendes gesagt und sich dabei um die Einheit der Kirche gemüht, so Fürst. Er sprach den Wunsch aus, dass sich Benedikt XVI. nach dem Ablegen der Amtsbürde ausruhen könne.

Die Universität Regensburg hat ihren ehemaligen Dogmatik-Professor als einen hoch angesehenen Wissenschaftler gewürdigt. “Er hat die theologische Fakultät durch seine Tätigkeit erheblich aufgewertet”, sagte der Kanzler der Uni Regensburg, Christian Blomeyer, am Montag gegenüber dpa. In Regensburg war Joseph Ratzinger von 1969 bis 1977 Dogmatik-Professor, zuletzt war der heutige Papst damals auch Vizepräsident der Hochschule. Bis heute wird der Pontifex als Honorarprofessor der Hochschule geführt.

Der Papst habe “mit seinem Leben der Botschaft Jesu Christi und der Kirche in herausragender Weise ein Leben lang gedient”, erklärte ZdK-Präsident Alois Glück. Dies sei “sicher auch der Massstab für seine jetzige Entscheidung”. Sie zeuge von menschlicher Grösse. Glück sprach von einem “tiefen Einschnitt für uns alle”. Besonders für die Kirche in Deutschland sei der Rücktritt eine Zäsur. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sprach von einem “herausragenden Wirken” Papst Benedikts. “Aus tiefster christlicher Überzeugung heraus setzt er sich für die weltweite Achtung der Menschenrechte ein”, so die gläubige Katholikin. “Er suchte die Brücken zwischen Religionen und Weltanschauungen und zwischen säkularer und christlicher Welt.” Das bleibe ein herausragender Beitrag für mehr Menschlichkeit und Frieden.

Kath. Kirche in Bayern

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