Leben in belagerten Gebieten Syriens

In Syrien operieren Ärzte bei Kerzenlicht, Kinder ernähren sich von Blättern. Die Zahl aller Menschen, die in belagerten Gebieten Syriens lebt, hat sich vergangenes Jahr verdoppelt

Quelle
Kindheit in Trümmern

Im Vorfeld des fünften Jahrestags des Syrienkonflikts (15. März) veröffentlicht Save the Children einen neuen Bericht zum Leben in den belagerten Gebieten Syriens: «Kindheit in Trümmern. Leben und Sterben in den belagerten Gebieten.» Der Bericht stützt sich auf Interviews mit mehr als 125 betroffenen Personen aus acht belagerten Gebieten und ist der erste seiner Art.

Die Zahl aller Menschen, die unter Belagerung leben, hat sich in Syrien im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Darunter sind derzeit schätzungsweise 250 000 Kinder. Sie sind gefangen. Umzingelt von bewaffneten Gruppen, die Besatzung ziviler Bevölkerung als Kriegstaktik verwenden. Nahrung, Medizin, Brennstoff und andere lebenswichtige Güter gelangen nicht in die belagerten Gebiete – und die gefangenen Menschen gelangen nicht hinaus. Gleichzeitig stehen diese Regionen unter ständigem Beschuss durch Fassbomben und Luftschläge – und die Angriffe treffen oft Schulen, Krankenhäuser und andere zivile Infrastruktur.

Ärzte operieren bei Kerzenlicht, Kinder essen Blätter und Tierfutter

Der Zugang für humanitäre Hilfe ist praktisch inexistent – und hat sich im vergangenen Jahr noch verschlechtert. 2015 erhielten weniger als 1% aller Menschen in belagerten Gebieten Syriens Nahrungsmittelhilfe der UNO. Nur gerade 3% erhielten medizinische Versorgung.

Die Augenzeugenberichte der betroffenen Familien zeigen ein düsteres Bild vom Leben in den belagerten Gebieten: Ärzte operieren bei Kerzenlicht. Kranke Neugeborene sterben an Checkpoints. Kinder sind gezwungen, sich von gekochten Blättern oder Tierfutter zu ernähren. Tierärzte behandeln Menschen. Scharfschützen schiessen auf jeden, der aus den belagerten Gebieten zu fliehen versucht.

Haya, eine Mutter in Ost-Ghouta: «Wir lassen die Verletzten zurück. Es gibt sowieso keine Medizin, um sie zu retten. Die Krankenstation besteht aus einem Tisch, Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial.»

Spielplätze unter Beschuss

Eltern geben zu Protokoll, dass Kinder wegen fehlender medizinischer Versorgung oder an Mangelernährung sterben. Und dass sie die Anzahl Mahlzeiten pro Tag um mindestens die Hälfte reduzieren mussten.

Während es in letzter Zeit einige Hilfslieferungen in belagerte Gebiete gab, so haben diese nur einen Bruchteil des dringenden Bedarfs decken können. Lebenswichtige Medikamente, Notfallnahrung und Brennstoff werden regelmässig aus den Hilfskonvois entfernt. Es ist den Menschen in belagerten Gebieten nicht einmal erlaubt, die Städte oder Dörfer für lebenswichtige medizinische Behandlungen zu verlassen.

Zu den physischen Entbehrungen kommen die psychologischen Folgen der Belagerung hinzu. Die Menschen leben in ständiger Angst vor Bombeneinschlägen, der Beschuss trifft sogar Spielplätze und Schulhäuser. Eltern erzählen, dass ihre Kinder vermehrt zurückgezogen, depressiv oder aggressiv werden.

Die erschreckenden Zustände in den belagerten Gebieten zeugen vom Versagen der internationalen Gemeinschaft in Syrien. Save the Children fordert alle Konfliktparteien dringend dazu auf, die Belagerungen mit sofortiger Wirkung zu beenden sowie den Zugang für humanitäre Hilfe sofort und permanent zu gewährleisten. Angriffe auf Schulen, Krankenhäuser und andere lebenswichtige Infrastruktur müssen sofort aufhören. Die internationale Gemeinschaft muss alle Konfliktparteien in die Verantwortung ziehen. Regierungsvertreter und Staatsoberhäupter dürfen humanitäre Hilfe nicht als Druckmittel für politische Verhandlungen verwenden – humanitäre Hilfe und Friedensverhandlungen müssen entkoppelt werden.

Save the Children arbeitet seit Ausbruch des Konflikts innerhalb Syriens – seit 2013 arbeiten wir in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern auch in belagerten und anderen schwer zugänglichen Gebieten. Wir liefern Nahrungsmittelpakete, reparieren Wasser-Infrastruktur, verteilen Hygieneartikel, ermöglichen Schulen, den Betrieb aufrecht zu erhalten und leisten psychologische Betreuung für betroffene Kinder. Dank der Unterstützung von Save the Children haben unsere lokalen Partner mehr als 500 000 Kinder in besetzten Gebieten Syriens erreicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Die drei Säulen der röm. kath. Kirche

monstranz maria papst-franziskus

Archiv

Empfehlung

Ausgewählte Artikel