Fundamentale Differenzen

“Strategische Geduld”?

oliver maksanVon Oliver Maksan

Die Tagespost, 11. März 2015

Das Eisen muss man schmieden, solange es noch heiss ist, mochten sich jetzt 47 republikanische US-Senatoren gedacht haben, und schrieben keine Woche nach der anti-iranischen Philippika Netanjahus in Washington der Führung in Teheran einen Brief. Der Tenor: Der amerikanische Präsident hat eigentlich nichts zu sagen. Er ist in Sachen Atomabkommen völlig auf den Kongress angewiesen. Das ist ein starkes Stück und führt die parteipolitische Polarisierung in den USA auf neue Höhen. Obama soll vor aller Welt gedemütigt werden. Es handelt sich dabei aber nicht nur um ein innenpolitisches Schurkenstück, mit dem Obama auf den verbliebenen Metern seiner Präsidentschaft aussenpolitisch auf die Masse einer lahmen Ente gestutzt werden soll.

Dahinter stecken tatsächlich auch fundamentale aussen- und sicherheitspolitische Differenzen. Viele Republikaner, aber beileibe nicht nur sie, glauben, dass Obama dem ordnungspolitischen Weltmacht-Status der Vereinigten Staaten nicht gerecht wird. Sie halten ihm Schwäche und Zögern vor. Besonders wurde dies ihrer Sicht nach deutlich in der Syrien-Politik Obamas. Die von ihm in den syrischen Wüstensand gezeichnete Rote Linie wie der Chemiewaffeneinsatz konnten im Sommer 2013 ohne Folgen überschritten werden. Und als im vergangenen Jahr die Dschihadisten vom “Islamischen Staat” weite Teile des Irak und Syriens nahmen, folgte eine nur auf mittelfristige Wirkung ausgelegte Antwort des Weissen Hauses. Auf den Nenner “strategische Geduld” brachte die Obama-Administration ihren aussenpolitischen Ansatz kürzlich in einem Papier. Damit trägt sie zum Einen dem interventionsmüden Volk Rechnung, zum anderen aber auch den Unwägbarkeiten des Nahen Ostens. Die Interventionisten in Washington hingegen glauben, dass nur Amerikas Stärke den Nahen Osten stabilisieren kann. Sie sehen den Iran als eine ebenso aggressive wie expansive, den Interessen Amerikas und seiner sunnitischen wie jüdischen Verbündeten direkt entgegengesetzte Macht. Das Letzte, was sie deshalb gebrauchen können, ist ein Abkommen mit dem Feind.

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