Wir sind der Versuchung nicht hilflos ausgeliefert

Impuls zum 1. Sonntag in der Fastenzeit 2015 — Hl. Pantaleon

Jesu Versuchung in der WüsteMünster, 20. Februar 2015, Zenit.org, Msgr. Dr. Peter von Steinitz

Jesus will selber das erleben, was wir alle immer wieder erleben, die Versuchung. Am ersten Fastensonntag wird berichtet, wie er vierzig Tage lang in der Wüste streng gefastet hat, und wie er dann vom Teufel versucht wird.

Der Widersacher hatte vielleicht nicht eine klare Vorstellung davon, dass er es mit Gott selbst zu tun hatte. Aber Jesus ist eben auch Mensch. Der vollkommene, der ganz heilige, aber wir werden nicht sagen können, dass die Versuchungen zur Macht, zum Besitz und zur Lust ihm nichts bedeutet hätten. Wenn er ganz und gar darüber erhaben gewesen wäre, wäre die Versuchung ja nur eine Farce gewesen. Nein, was uns gezeigt werden soll, ist, dass man einer Versuchung nicht einfach nur ausgeliefert ist, sondern dass man ihr widerstehen kann. Das hätte Adam tun sollen, und die ganze Menschheitsgeschichte wäre anders verlaufen.

Jesus, der neue Adam, hat nicht nur die Menschheit gelehrt, was man auf Erden tun soll, um das Ziel, den Himmel, zu erreichen. Er hat auch gezeigt, was man nicht tun soll. Sein Versuchtwerden soll uns Mut machen und zeigen, dass man bestehen kann. Die Sünde, es gibt sie, aber man kann sie überwinden.

Die Fastenzeit ist eine besondere Zeit, eine Zeit aussergewöhnlicher Gnaden. Gott will uns dazu einladen, einen neuen Anfang zu versuchen. Dabei sollen wir uns natürlich nicht damit begnügen, gegen etwas kämpfen, sondern wir sollen uns auch positiv darum bemühen, das zu tun, was zu unserem Heil dient. Im Evangelium des Aschermittwoch gibt uns Jesus einen kleinen Katalog von konkreten Dingen – denn das innere Bemühen um die Heiligkeit, zu der wir ja berufen sind – muss immer konkret sein. Er nennt drei Elemente: das Fasten, das Almosengeben und das Gebet.

Über das Fasten kursieren in unserer teilweise gottfernen Zeit manche seltsame Auffassungen, die man unter dem Begriff ‘nur natürliches Denken’ zusammen fassen kann. Im Gespräch über die Vorteile der ‘schlanken Linie’ ist man sich einig, dass man einfach weniger essen sollte. Etwas gehaltvoller das Wort vom Heilfasten. Aber auch hier bleibt es noch beim bloss Natürlichen. Sicher ist das Fasten für den Leib allemal von Vorteil. Aber in allen Religionen sieht man im Fasten zunächst einmal das Bestreben, sich innerlich, ja geistig, in Zucht zu nehmen. Einerseits als Busswerk, andererseits aber um Gott näher zu kommen, indem man die bloss irdischen Bedürfnisse auf das zurückschraubt, was ihnen angemessen ist. Es ist genauso wie bei der Tugend der Armut: je losgelöster der Mensch ist, desto leichter kann sich seine Seele zu Gott erheben.

Das Almosengeben hat heute ebenfalls seine Schwierigkeiten. Gibt es in unserem Sozialstaat überhaupt wirklich arme Leute? Ist der Bettler vor der Kirchentür wirklich bedürftig oder geht er nach ‘Feierabend’ zum Parkplatz und besteigt seinen Mercedes? Beim heutigen Migrantenproblem gibt es viele wirklich Arme ganz sicher, aber wo? Das Almosengeben beschränkt sich aber nicht nur auf das Öffnen des Portemonnaies. Viele Menschen brauchen das Almosen des guten Wortes, der freundlichen verständnisvollen Geste. Der Hl. Josefmaria sagt, das beste Almosen ist es, einem Menschen einfach zuzuhören.

Und schliesslich das Gebet. Hier sind die Missverständnisse eher selten. Häufiger dafür aber die Abwesenheit desselben. Jeder Mensch weiss, was beten ist und wird es grundsätzlich bejahen. Ein Freund fragte einmal jemanden, was er vom Rosenkranz hielte. Der andere fand, dass es ein gutes Gebet sei. Als nun sein Gesprächspartner ihm vorschlug, mit ihm den Rosenkranz zu beten, sagte er ganz erschrocken: “Den Rosenkranz beten? Jetzt? Hier? Sie und ich?“

Darum geht es: immer wieder den Abstand zwischen der guten Absicht und der Verwirklichung zu überwinden. Möglicher Fastenvorsatz: Ich bete jeden Tag ein Gesetz vom Rosenkranz. Wohl gemerkt, jeden Tag, nicht ab und zu. Oder ich setze mir für jeden Morgen eine ganz bestimmte Zeit für das betrachtende Gebet fest. Genauso wie wir einen wichtigen Geschäftstermin festlegen und dann pünktlich einhalten.

Nutzen wir also die österliche Busszeit zu einem inneren Fortschritt. Aber, wie gesagt, keine allgemeinen, schön klingenden Vorsätze nach dem Motto: alles muss jetzt anders werden. Dann wird sich sicher nicht viel ändern. Fassen wir kleine konkrete Vorsätze, die wir pünktlich und genau erfüllen. Und erbitten wir dazu die Hilfe der Gottesmutter. Dann werden wir nicht nur besser mit den Versuchungen fertig, sondern kommen tatsächlich Gott näher, der uns so gerne nahe bei sich haben will.

Msgr. Dr. Peter von Steinitz, war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.

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