Gewalt im Heiligen Land

Gewalt im Heiligen Land: Kirche kann Brückenbauer sein

Jerusalem 1967
Die Befreiung des Tempelbergs (englisch)
Basler Architekten in Jerusalem
Jerusalem

Es gibt Alternativen zur Gewalt im Heiligen Land. Das gilt es neu zu entdecken – und das ist die Aufgabe der christlichen Gemeinschaft in Israel und Palästina, sagt mit Blick auf die aktuelle Gewalt in Jerusalem Pater David Neuhaus. Er ist Vikar des lateinischen Patriarchen von Jerusalem für die Katholiken hebräischer Sprache und für Migranten.

“Einige unserer politischen Führer wollen uns das nicht sehen lassen. Und durch das Bauen von Mauern wollen sie uns glauben machen, dass die einzige Wirklichkeit, solange die anderen da sind, die Wirklichkeit von Gewalt und Konflikt ist. Die Kirche muss sagen, dass das eine Lüge ist.”

Die Kirche tritt also für den Weg des Dialoges und der Auseinandersetzung ein. Hier könnten Möglichkeiten entdeckt werden, die man bislang noch nicht gesehen habe, so P. Neuhaus.

“Wir Christen müssen zunächst einmal sehen, dass wir in einer privilegierten Position sind. Wir sind mit 2,5 Prozent der Bevölkerung in Israel und Palästina zwar eine kleine Zahl, aber wir sind in beiden Gesellschaften tief verwurzelt. Seit Beginn der Christenheit gab es Arabisch sprechende Christen, und sie sind ganz fest Teil ihres palästinensischen Volkes. Sie leben nicht dazwischen, sondern sind Teil der Auseinandersetzung für Unabhängigkeit, Anerkennung und die Rechte des palästinensischen Volkes. Auf der anderen Seite gibt es israelische Christen, die Hebräisch sprechen und ebenso tief verwurzelt in ihrer Gesellschaft und solidarisch mit ihr sind. Das ist ein grosses Privileg, denn es bedeutet, dass die Kirche auf beiden Seiten der Trennung ist. Sie steht nicht als Vermittler dazwischen, sondern in den Gesellschaften auf beiden Seiten, wo sie wie Sauerteig wirkt.”

Ob Palästinenser oder Israelis – es sei die Aufgabe der Christen, für Gerechtigkeit und Frieden zu sprechen, der Wahrheit gegenüber den Ideologien Gehör zu verschaffen und für Versöhnung zu arbeiten. Und das auf beiden Seiten der gespaltenen Gesellschaften.

“Das bedeutet zwar, dass sie nicht immer zusammen sind, manchmal gibt es auch Spannungen zwischen den Christen auf Grund der politischen Spaltung, aber alle feiern die Eucharistie, jeder in seiner Sprache. Und da haben wir ein Zeugnis für das, was die Kirche in diesem Konflikt sein soll, nämlich ein Brückenbauer. Jedes Wort aus dem Mund der Kirche muss ein Wort der Ermutigung zum Brückenbauen sein. Die Kirche muss dafür einstehen, dass es drei Religionen und zwei Völker gibt, die im Land tief verwurzelt sind. Der einzige Weg vorwärts ist es, diese Tatsachen anzuerkennen.“

In Jerusalem gebe es immer wieder Gewalt, weil sich dort auf engstem Raum heilige Orte gleich dreier Weltreligionen befänden. Dies sei aber nicht automatisch das “Rezept für ein Desaster”, präzisiert Neuhaus. Erst wenn Politiker aller Seiten die religiöse Sprache und Symbolik manipulierten, um noch mehr Gewalt zu produzieren, degeneriere die Situation.

Das könne man an der aktuellen Gewalt sehen: Der Tempelberg wird als Ort des jüdischen Tempels verehrt, für Jahrhunderte ist er aber auch der Haram al Sharif, der Ort der Himmelfahrt Mohammeds und damit heiliger Ort des Islam. Das biete die Möglichkeit, die wahre Berufung Jerusalems zu erkennen, so Pater Neuhaus. In den Worten von Papst Johannes Paul II.: Wenn alle Religionen dort ihren Platz finden, wird die Stadt Quelle des Friedens, nicht der Gewalt.

rv 19.11.2014 ord

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