Jesus geht wirklich auf dem Wasser

Impuls zum 19. Sonntag im Jahreskreis A – 10.8.2014

Münster, 8. August 2014, zenit.org, Msgr. Dr. Peter von Steinitz

Die Geschichte, die im heutigen Sonntagsevangelium berichtet wird, ist eine der bekanntesten aus dem Leben Jesu. Unabhängig davon, dass Herr Bultmann das Geschehen schon vor vielen Jahre “entmythologisiert” hat, hat es für viele Menschen, auch und besonders für die nicht besonders gläubigen seine Faszination. Jesus wandelt auf dem Wasser des Sees von Genesareth, obendrein bei stürmisch bewegter Wasseroberfläche.

Ist es die offensichtliche Unmöglichkeit, jedenfalls nach den uns geläufigen Vorstellungen von Physik und Schwerkraft, oder ist es die fast spielerische Leichtigkeit, mit der Jesus über das Wasser geht, als wäre es das Normalste von der Welt, während seine Freunde wegen des Wellengangs um ihr Leben kämpfen müssen? Oder ist es vielleicht die unfreiwillige Nähe zur humoristischen Sicht gerade der erhabensten Dinge, die viele Menschen an dieser Geschichte Gefallen finden lässt?

Wie immer man selbst zu diesem Geschehen steht, es hilft nicht, wenn man es seines Wirklichkeitsgehalts entkleidet. Es ist kein Märchen und keine blosse Metapher. Genau wie bei der erstaunlichen Szene – ebenfalls auf dem See – als Jesus dem Sturm befiehlt: “Schweig, sei still!”, und wo das geschieht, was nach menschlicher Erfahrung unmöglich ist, der Sturm hört augenblicklich auf.

Wenn wir an die Wunder Jesu denken, die uns geläufiger sind, wie die vielen Krankenheilungen und Speisungen, ja auch die Totenerweckungen, sehen wir, dass der Herr immer einen gewissen Spielraum lässt, damit der Mensch nicht gezwungenermassen an das Wunder glauben muss. Der Kranke, der geheilt wird, war vielleicht nicht wirklich so krank, der Blinde hat vielleicht nur simuliert (wir dürfen nicht vergessen, dass Jesus bei diesen Ereignissen immer von einer grossen Menschenmenge umgeben ist, und da kann man nicht alles richtig mitbekommen), der Gelähmte wurde unter Umständen durch eine heftige Gemütsbewegung “geheilt”.

Andererseits geschehen die wirklich unbestreitbaren Wunder – also diejenigen, die man nun wirklich nicht psychologisch erklären kann, weil Menschen nicht im Spiel sind – immer vor relativ wenigen Zeugen, meistens sind es die Jünger selbst. Auch hier ist der Grund der, dass Jesus die Menschen nicht in ihrer Freiheit einschränken will. Wer so etwas hautnah miterlebt, dass ein Mensch, bei starkem Sturm, über die Wellen geht, und es keinen Grund gibt, das Geschehen zu bezweifeln, ist gezwungen zu glauben. Der Herr möchte das nicht, er will, dass wir in aller Freiheit ihm anhangen.

Es wäre für ihn ein Leichtes, uns durch Wunder zu beeindrucken, aber gerade das vermeidet er. Für uns aber wäre es ein Zeichen von geistlicher Unreife, wenn wir uns tatsächlich nach einem Wunder sehnten und womöglich unseren Glauben davon abhängig machten.

Auf dem See aber geht die spannende Geschichte noch weiter.

Petrus bittet Jesus, es ihm nachtun zu dürfen und ihm auf dem Wasser entgegen zu gehen, was Jesus gewährt. Aber da stellt sich heraus, dass Petrus Angst bekommt. Verständlich, denn die Situation ist ja wahrhaftig ungewohnt. Und jetzt sehen wir, dass die Geschichte dazu diente, diese wichtige Lehre zu vermitteln: Im Umgang mit dem Herrn darf man keine Furcht haben.

Petrus beginnt unterzugehen.

Natürlich reicht ihm Jesus, der plötzlich neben ihm ist, die Hand, und alles kehrt zur Normalität zurück.

Petrus wird dieses Erlebnis nie mehr vergessen haben.

Auch die anderen Jünger sind so beeindruckt, dass sie vor Jesus niederfallen und sagen: “Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn!”

Für gewöhnlich hat Jesus seine göttliche Allmacht verborgen – er ist ein Meister des ‘understatements’ – aber hin und wieder hat er sie gezeigt, so wie wir das auch vor wenigen Tagen am Fest seiner Verklärung sahen, damit wir bei all seinem demütigen Auftreten seine wahre Grösse erkennen.

Gebe uns Maria, die Mutter des Herrn, dass wir immer das rechte Gleichgewicht halten zwischen Grösse und Demut. Sie zeigt uns durch ihr Leben: wahre Grösse ist demütig.

Msgr. Dr. Peter von Steinitz, war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“ und „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Die drei Säulen der röm. kath. Kirche

monstranz maria papst-franziskus

Archiv

Empfehlung

Ausgewählte Artikel