Weltdiplomatie a la Franziskus

Die Heiligland-Reise des Papstes war im Kleinen, was der Pontifikat im Grossen ist

Von Oliver Maksan

Die Tagespost, 26. Mai 2014

Die Heiligland-Reise des Papstes war im Kleinen, was der Pontifikat im Grossen ist: Eine Fortsetzung der Linie der Vorgänger, indes mit neuen, starken Akzenten in Form und Stil.

Das nahöstliche Minenfeld: Papst Franziskus hat es mit der souveränen Sicherheit desjenigen durchschritten, der von einer höheren Hoffnung und nicht von kalkulierender Angst geleitet ist. Der Heilige Vater kam als Friedensstifter, meinte aber damit nicht jenen Frieden, den die Politiker aller Seiten ständig im Munde führen und damit bestenfalls das Schweigen der Waffen, schlimmstenfalls das Recht des Stärkeren meinen. Der Papst – bei allem Realitätssinn – war geleitet von einem Frieden, der der Bekehrung der Herzen folgt.

Seine Hoffnung ist kein Zweckoptimismus. Ihre Rechtfertigung liegt im Blick auf das Gemeinsame begründet, das aller Trennung vorausliegt.

Der eigentliche Zweck der Reise bestand bekanntlich in der Erinnerung an das Treffen Pauls VI. und Athenagoras’ vor fünfzig Jahren. Schon jetzt kann man die Begegnung mit Patriarch Bartholomaios als historisch bezeichnen. Die Tiefe der Reden aller Akteure war beeindruckend. Kreuz und Auferstehung Christi strahlten als stets offene Quelle der Einheit auf. Sein petrinisches Amt relativierte der Papst dabei nicht. Wie aber schon Johannes Paul II. rief er dazu auf, nach Formen der Ausübung zu suchen, die einer künftigen Situation neugewonnener Einheit entsprechen. Die Notwendigkeit verstärkter Suche danach müsste gerade in einer Region verstanden und unterstützt werden, wo die Feinde des Christentums keine konfessionellen Unterschiede machen und eine Ökumene des Blutes aufzwingen. Der Blick auf das Gemeinsame in Glaube und Ethos prägte auch das Gespräch mit den Weltreligionen Judentum und Islam. Papst Franziskus rief die Söhne Abrahams dazu auf, sich den Pilger Abraham zum Vorbild zu nehmen. Dessen Berufung als Berufung zur Gerechtigkeit vorgestellt zu haben, die es nachzuahmen gelte, nimmt dem Wort von den abrahamitischen Religionen indes seinen blechernen Klang und stellt es vom Kopf auf die Füsse.

Vor allem gegenüber dem Judentum betonte er die geistlichen Bande, die Juden und Christen verbinden und die über rein menschliche Beziehungen weit hinausgehen. Am delikatesten waren zweifellos die Worte des Papstes zum Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Es gelang ihm aber, das Recht des Einen nicht auf Kosten des Rechts des Anderen einzufordern. Gesten des Papstes wie der beeindruckende Besuch an der Bethlehemer Mauer machten indes deutlich, dass der Konflikt ein asymmetrischer ist und Lasten und Leiden ungleich verteilt sind. Dass eine Lösung aber nur gemeinsam und bei gutem Willen gefunden werden kann, dafür steht die spektakuläre Einladung von Abbas und Peres zum Gebet nach Rom. Wie schon in Syrien betreibt Franziskus Weltdiplomatie auf seine Art. Es wäre dabei naiv anzunehmen, über einer Region jahrzehntealten Hasses würde am Tag nach dem Papstbesuch die Sonne des Friedens und der Gerechtigkeit aufgehen. Mittel und Mass echten Friedens hat der Stellvertreter Christi dem Nahen Osten indes hinterlassen.

Es wäre eine echte Frucht, wenn wenigstens die getrennten Christen des Heiligen Landes das begriffen hätten.

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